Thema:
Und Vanmoof getestet flat
Autor: token
Datum:17.07.21 08:38
Antwort auf:Cowboy 4 Vorbesteller kriegen 1 Jahr Diebstahlversicheru von Gunpriest

War eher Zufall, mein Bruder hat mir vor einer Weile erzählt dass er sich ein E-Bike geholt hat, hat mich aber nicht groß interessiert und hab da auch nicht nachgehakt. Gestern hab ich ihn mal angeschrieben wofür er sich entschieden hat, und es war das Vanmoof und er meinte auch, er hat sich schon das neue Modell geholt und will jetzt sein 2020er verkaufen.
Also mal rüber und eine kleine Tour gemacht.

Ich sag mal so, im Vergleich zum Cowboy ist das Vanmoof irgendwie wie ein dicker sperriger Benz mit Automatikgetriebe vs. sportlicher Golf mit Sportfahrwerk.
Da sehe ich die grundsätzlichen Unterschiede.
Vanmoof mit seiner automatischen Gangschaltung, Cowboy als Singlespeed, Vanmoof mit seinen ziemlich großen Rentnerschlappen, Cowboy mit den Slicks die schon fast Richtung Rennrad gehen, der gerade tief liegende Lenker beim Cowboy mit windschnittiger Sitzhaltung, der gebogene hoch liegende Lenker beim Vanmoof mit aufrechter Sitzhaltung usw.

Vorweg, der Ansatz von Vanmoof ist dann doch eher meine gemütliche Wellenlänge.
Meine Eindrücke:

1. Die Unterstützungsstufe wird vorab eingestellt, es gibt 4 Stufen die an Geschwindigkeiten gekoppelt sind, der Elektromotor versucht einen auf dieses Tempo zu bringen, also normales Radeln wie auch fakestrampeln möglich. Mein Ding. Doof dabei ist diese grobe Unterteilung in nur 4 feste Stufen. Hier hätte ich mir eine feine optionale Unterteilung in Prozent gewünscht. Auch krass bescheuert, man kann die Unterstützung nicht während der Fahrt ändern, sondern nur im Stand. Was sich der Hersteller dabei gedacht braucht man nicht verstehen, ist auch eine reine Softwaregeschichte, sehr irritierend warum das so ist.
Dennoch ist mir das so lieber als der Cowboy-Ansatz. Best of both worlds wäre imo am besten, also mehr Variablität bei Vanmoof und mögliche Voreinstellung bei Cowboy. So wirken beide Ansätze ohne Not beschnitten, da reines Softwareproblem. Da haben beide Bikes schon eigene Apps und nutzen nicht die einfach zu hebenden Potenziale.

2. Der Boostknopf bei Vanmoof ist Gold wert. Da gibt man dem Motor per Knopfdruck die Sporen im Sinne "Energie!". Das ist absolut top. Klares Kommando bei Aufstiegen. Das Bike mal explizit ankicken wenn man im Pulk überholen möchte. Beim Anfahren abziehen. Wir hatten eine längere Fahrt und da wurde mir klar, ich will kein Bike ohne Boost-Knopf. Bestes Feature dass auch dem Cowboy enorm gut zu Gesicht stände.

3. Die dicken Schlappen. Wir haben teils etwas heruntergekommene Parkwege die mit recht starken Steigungen und Gefällen verbunden waren. Mit Vanmoof war das smooth, mit dem Cowboy hätte ich das nicht fahren wollen, das wäre hundert pro problematisch gewesen. Klar haben die Dinger nen hohen Rollwiderstand, aber kümmert mich doch bei einem E-Bike nicht!

4. Fest verbauter Akku saugt massiv Arsch! Argh! Wenn das nicht wäre NoBrainer.

5. Vanmoof spart sich Dinge vom Mund ab. Der Sattel? Um Himmels Willen! Dazu auch kein Standard bei der Sattelbefestigung, wenn man einen anderen Sattel möchte braucht es auch gleich ein anderes Rohr. Glücklicherweise gleicher Durchmesser wie die Stangen bei Decathlon. But why?
Auch die Griffe sind Scheiße vom Arsch. Kein echter Rundgriff da kleine Ablagen, aber auch kein Ablagengriff da dafür viel zu klein. Dazu auch noch geilstens verklebt wenn man das tauschen möchte. Das sind so Detailmängel die ich nicht raffe, wo man zwar einschreiten kann, aber wo es nervt wie einem der Hersteller dann auch noch obendrein das Leben schwer macht wenn man das möchte.

6. Lenkstange und Vorbau sind aus einem Guß. Mein Bruder findet das top (sieht doch voll schick aus, keine blöden Schrauben), ich finde es bescheuert da es ergonomische Feinjustierung sabotiert und auf mich eher wie ein Kniff wirkt um Kosten zu sparen, und weniger wie eine Designentscheidung damit es schicker wirkt.

7. Die Gangschaltung, hallelujah. Die Übersetzung bei hohem Tempo ist genau nach meinem Geschmack und selbst wenn nicht, lässt es sich in der App einstellen bei welchem Tempo welcher Gang reinspringen soll. Aber schon bei der Standardeinstellung war ich mit allem einverstanden. Für mich ein riesen Mehrwert, dass es eine Automatikschaltung ist wirkt erstmal gewöhnungsbedürftig, hab ich mich aber auf flachen Strecken sehr schnell mit angefreundet. Passt. Allerdings ist die Technik bei Steigungen nicht sattelfest, hier kann man sich einer komischen Zone verheddern, was das Bike einen Gang höher schaltet, einen der Schaltvorgang und der höhere Kraftaufwand aber kurz ausbremst, und ad-hoc will das Bike deswegen wieder runterschalten, bekommt da den Schub und will wieder hochschalten. Wenn man das Problem verstanden hat kann man es mit richtigem Verhalten umschiffen, aber von sich verhält sich die Autoschaltung bei Aufstiegen extrem unglücklich.


Whatever, nach der Fahrt mit dem Vanmoof bin ich mir zumindest absolut sicher dass ich das Cowboy nicht möchte. Das liegt weniger am Rad selbst sondern an meinem Nutzungsmuster. Wäre ich 10 Jahre jünger könnte es gut sein dass ich das Cowboy viel attraktiver gefunden hätte. Das Fahrgefühl des Vanmoof fand ich absolut hervorragend, das hat Bock gemacht, egal ob Straße oder etwas geländiger. Griffe und Sattel würde ich tauschen. Das größte Manko aber der fest verbaute Akku. Wäre das nicht, NoBrainer, speziell zum vergünstigten Preis und einfachem wie schnellen Beschaffungsweg durch den möglichen Kauf innerhalb der Familich. So muss ich jedoch nochmal drüber pennen ob ich mich mit sowas arrangieren möchte, oder vielleicht doch ein wenig mehr Geld für ein "richtiges" Fahrrad in die Hand nehme, und nicht solche 85%-Lösungen mit Nervschmuh der einem nicht schmeckt.


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