Thema:
Das ist eine ganz miese Nummer. flat
Autor: Pezking
Datum:25.06.21 10:13
Antwort auf:Grünen Kandidatin kann keine Frage zur Politik von Pfroebbel

Wer sich mal mit Kommunalpolitik beschäftigt hat, der weiß, dass dort engagierte Amateure sitzen, die sich ehrenamtlich für Politik und Demokratie in ihrem direkten Umfeld einsetzen.

Der Hauptgrund, warum im vergangenen Jahr viele Stadtverordnetenversammlungen eine Übertragung ihrer öffentlichen Sitzungen auf YouTube in Pandemiezeiten abgelehnt haben, war genau dieses hier von Bild und Welt angefeuerte Cyber-Mobbing gegen Polit-Amateure, die genau wissen, dass sie nicht die großen Zampanos sind, die professionell wirkende Reden schwingen können. Sie hatten einfach Angst davor, dass man sich deshalb über sie lustig macht.

Bei einem Video schwingt immer mit, dass es eine Art von gewollter Veröffentlichung ist. Ein amateurhafter Auftritt wirkt live im Zuschauerbereit während einer Parlamentssitzung ganz anders als auf YouTube. Echter, ehrlicher, authentischer. So ein Clip jedoch, direkt versehen mit einer polemischen Schlagzeile, will den Gezeigten einfach nur der Lächerlichkeit preisgeben.

Und aus dem Pool dieser Politamateure kommen letztenendlich auch Bundestagsabgeordnete. Was grundsätzlich richtig ist, denn dort können nicht 600+ Polit-Alphatiere sitzen, die alle nur permanent das Rampenlicht suchen und sich gegenseitig Knüppel zwischen die Beine auf dem Weg nach oben werfen. Der Bundestag besteht aus gewählten Volksvertretern aus den Wahlkreisen. Das ist kein riesiges Expertengremium.

Irina Gaydukova ist Schatzmeisterin im Grünen-Ortsverband Saarbrücken Mitte. Die wird nicht am laufenden Band Reden halten und sich zur Bundespolitik äußern, und das muss sie auch nicht. Auch in einer kleinen Stadtverordnetenversammlung hat nicht jedes Mitglied des Gremiums von allen dort behandelten Themen wirklich Ahnung. Ein Geisteswissenschaftler dort wird sich nicht mit den Finessen der Haushaltsrechnung auskennen, und ein IT-Profi hat viel weniger Ahnung von Sozialarbeit als andere. Deshalb sind diese Leute ja auch in Parteien und nicht als parlamentarische Ich-AG-Tausendsassas unterwegs.

Da kann auch nicht jeder spontan wie aus der Pistole geschossen zu allen stadtpolitischen Themen etwas kluges sagen. Und natürlich gilt das erst recht für bundespolitische Themen ohne Vorlaufzeit.

Hätte das Video jetzt eine fragwürdige politische Gesinnung offenbart oder irgendeinen persönlichen Skandal enthüllt - ok, das wäre eine Enthüllung von öffentlichem Interesse. Aber die arme Frau jetzt als inkompetente Sau durchs Dorf zu treiben, weil sie unvorbereitet zu bundespolitischen Themen keine spruchreife Kurzrede parat hatte? Das ist einfach nur asozial und IMO eine wirklich unappetitliche und verantwortungslose Art von Pressearbeit.

Man hätte ihr zumindest die Chance auf ein tatsächliches Interview zu diesen Themen geben müssen. Hätte sie dann dort im Gespräch mit der Zeitung versagt, wäre das etwas anderes.


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