Thema:
Glücksspiel - Rechtsfragen flat
Autor: BOBELE
Datum:02.06.21 09:05

Hallo, Schwarmintelligenz.

Kennt sich hier jemand mit dem Thema "Glücksspiel" und den rechtlichen Hintergründen, also Glücksspielstaatsvertrag etc. aus und kann mir mal was einordnen? Das Thema ist ja irgendwie undurchschaubar komplex. Da gibts das Glücksspiel, die Lotterie, das Gewinnspiel... eine genaue Abgrenzung ist da manchmal schwierig. Für meine Frage gleich wichtig scheint mir die Definition von "Glücksspiel" im Glücksspielstaatsvertrag zu sein:

"Ein Glücksspiel liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt."

Nun gelten für das Glückspiel (in den meisten Bundesländern) sehr strenge Vorgaben und Einschänkungen. Man braucht nicht nur eine Genehminung, man muss einen strikten Jugendschutz gewährleisten und verhindern, das Jugendliche überhaupt Zugang zu den Spielen haben. Man braucht ein Sozialkonzept, im der neuen Fassung des Gesetzes müssen die monatlichen Einsätze auf 1000 Euro begrenzt werden können, Spieler können durch Verwandte oder sich selbst auf Sperrlisten gesetzt werden etc., die Werbung für unerlaubte "öffentliche Glückspiele" steht laut StGB sogar unter Strafe... wie gesagt, es ist äusserst komplex und mal eben so ein Glückspiel zu veranstalten, scheint mir eigentlich nicht möglich.

Jetzt führt aber z.B. das Lokalradio hier in der Region jedes Jahr für mehrere Wochen eine Aktion durch, die sich "Geldregen" nennt. Dazu müssen die Hörer eine kostenpflichtige Servicerufnummer anrufen, bei der jeder Anruf 50 Cent kostet. Durch einen Zufallsgenerator wird einer der Anrufer ausgewählt, um in die Sendung durchgestellt zu werden. Das ist imho schon mal das erste "Glücksspiel". Gewonnen hat der dann aber noch nichts. In der Sendung werden ihm dann immer weiter steigende Geldbeträge genannt. Er kann jederzeit "Stop" sagen und den jeweils aufgerufenen Betrag auszahlen lassen, oder er sagt "Weiter" und der nächsthöhere Betrag wird genannt. Oder eben nicht, denn es kann jederzeit zum "Blitz" kommen, dann gibts gar nichts. Das wäre dann das zweite "Glücksspiel".

Nun passieren im Umfeld der Aktion genau alle die Dinge, die der Gesetzgeber zum Schutz von Spielsüchtigen vermeiden möchte. Spieler können beliebig oft bei der Servicenummer anrufen und werden dort vom Band auch ausdrücklich aufgefordert, es nochmal zu versuchen, wenn sie nicht ausgelost wurden. Es gibt im laufenden Radioprogramm immer wieder Hinweise zum Spiel wie "In der nächsten Runde garantiert 5000 Euro", so dass suchtgefährdete Spieler sich gezwungen sehen, durchgängig das Radioprogramm zu hören, um die Gewinnchancen zu kennen. Zu allem Überfluß werden Spieler, die diese Nebenregeln nicht gehört haben und in einer entsprechenden Runde darum zu früh "Stop" sagen, auch noch öffentlich verhöhnt: "Da hat aber jemand zu früh den Stecker gezogen. In dieser Runde hätte es doch 5000 Euro sicher gegeben. Ja, schade, Pech, Gisela!". Eine Kontrolle, dass keine Jugendlichen mitspielen, gibt es nicht. Es wird zwar immer auf die "Teilnahme erst ab 18" verwiesen, aber wir soll das kontrolliert werden? Solange ein Jugendlicher einen volljährigen Bekannten findet, dessen Namen und Konto er angeben darf für die Gewinnauszahlung, kann der munter sein Erspartes über die Telefonrechnung verjubeln, ohne dass die Radioheinis das mitbekämen oder verhindern könnten. Eine Begrenzung des "Spieleinsatzes" gibt es nicht, irgendein Sozialkonzept auch nicht...

Nach meiner Meinung ist das die unterste Schublade von unreguliertem Glückspiel, die man sich vorstellen kann. Der Gesetzgeber legt den Betreibern von Spielhallen und den Aufstellern von Automaten sehr strenge Regeln auf (und damit kein Mißverständnis entsteht: In meinen Augen voll und ganz zu Recht), aber irgendwelche Radiosender können unter Umgehung all dieser Vorschriften ein Glückspiel ausrichten, das nicht mal im Ansatz einen Spielerschutz erkennen lässt.

Warum dürfen die das? Wer reguliert das? Ich hab da mal angerufen und versucht, mir das von denen selbst erklären zu lassen. War nicht einfach, da jemanden zu bekommen, der überhaupt was dazu sagen kann. Irgendwann hatte ich dann jemanden, der statuierte, das sei kein "Glückspiel", sondern ein "Gewinnspiel". Dem kann ich nicht folgen. Ein "Gewinnspiel" ist, wenn ich ohne Spieleinsatz teilnehmen kann und ein Gewinner wird ausgelost. Das ist hier aber ja nicht der Fall.

Also: Wie ist sowas zu bewerten? Welche Regeln gelten hier? Welche Gesetze? Ist das Glückspiel oder wenn nicht... warum nicht? Ganz sicher kann man doch sagen: Wenn man Spielsüchtige schützen möchte, dann darf man nicht nur Spielhallen und Onlinecasinos regulieren, auch solche Formen von Glückspielen müssten reguliert werden. Oder sehe ich das falsch?

Grüße
Bobele


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