Thema:
Meine Doktorarbeit in Kanada flat
Autor: the_korben
Datum:14.05.21 20:24
Antwort auf:Wäre mir an dieser Stelle nicht so sicher. von _bla_

Kapitel 1. Ausführliche Einleitung für Fachfremde
Kapitel 2-4. 3 Lead-Author-Papers aus renommierten Zeitschriften nachgedruckt (mit jeweils zwischen 2 und 10 Co-Authorinnen weil auch teilweise auf Kepler-Daten basiert, da brauchst du einfach mehr Leute)
Kapitel 5. Zusammenfassende Diskussion und Extrapolation + ein paar zusätzliche Diskussionen, die in den Publikationen keinen Platz hatten.

Dazu: sauschweres Comprehensive Exam nach 2 Jahren im PhD-Programm (komplettes Fach- und Grund wissen wird 3 Stunden lang von einer Kommission mündlich abgeklopft, da sind auch reihenweise Leute durchgerasselt). Dann nochmal 3 Stunden Prüfung/Peer-Review durch die Kommission nach der Präsentation der Dissertation über eben diese (das ist dann recht einfach, weil man ja hoffentlich eh selber der Experte ist, und sich jede mögliche Frage oder Kritik schon während der Forschungsarbeit selbst gestellt hat).

Also ich sehe da überhaupt kein Problem. Ich hatte eine Idee, die hab ich über 4 Jahre durchgezogen (und insgesamt seit dem Bachelore bei ca. 40 Papers mitpubliziert, aber eben auch eine Menge eigener Arbeiten als Lead-Author veröffentlicht).

Plagiatssoftware würde bei der Arbeit sicher voll ausschlagen, weil ich mich quasi selbst plagiiert habe. Wie auch schon bei meiner Magisterarbeit. Aber wenn man schon aktiv in der Community mitforscht, auf Vorträge etc eingeladen wird und seine Ergebnisse zeitnah veröffentlichen will, dann wäre es kompletter Schwachsinn, an irgendeinem Thema im stillen Kämmerlein zu arbeiten.

Wäre also auch sehr vorsichtig mit vorschnellen Verurteilungen. Wenn die Arbeit schlecht oder herbeigeschwindelt war, wird man das recht schnell anhand der tatsächlichen Arbeit beurteilen können. Auch sollte man nachforschen, wie rigoros der gesammte Prozess in dem PhD-Programm ist. Also: wird dort auch tatsächlich was verlangt oder ist es nur ein Titel-Abonnement per Briefkasteninstitut für politische Günstlinge?

Dabei darf man auch nicht vergessen, dass besonders in kleineren Gebieten "rigoros" nicht bedeuten muss, dass es nicht freundschaftlich-produktiv zugehen kann. Mein Verhältnis zu meinem Doktorvater war ein richtig freundschaftliches. Der hätte natürlich auch nix davon gehalten, wenn ich bei irgendeiner Prüfung durchgefallen wäre. Allerdings hätte er mich auch nach einem Jahr rausgeschmissen, wenn er festgestellt hätte, dass ich keine gute Forschungsarbeit mache oder mir irgendetwas erschwindle. Quasi so eine Art gegenseitiger Ehrenkodex, wo man erwartet, dass man herausgefordert wird und leisten muss, aber dass einem auch keine unnötigen Steine in den Weg gelegt werden, wenn man liefert.

Ist imo ein wirklich schwieriges Thema, weil hier viel zusammenprallt: wissenschaftliches Arbeiten, das in verschiedenen Gebieten jeweils unterschiedlich aussieht; Humboldt vs. Publish-or-Perish; Drittmittel-Abhängigkeiten mit Pubkikationsdruck; Großprojekte mit bis zu hunderten Co-Authoren (z. B. in meinem Bereich für CERN oder NASA-Projekte), Billig-Titel-Schmieden und windige Privatunis, die mit der Politik verhabert sind, etc. etc.

Also lieber jeden Fall gesondert betrachten und genau evaluieren, wenn Verdacht besteht.
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Gesendet mit M! v.2.7.0


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