Thema:
Re:+1 flat
Autor: Pezking
Datum:14.05.21 08:42
Antwort auf:+1 von Telemesse

>>>Definiere „natürlicher Wandel“
>>
>>Nicht mit dem Vorsatz die Sprache zu ändern auf dem Reißbrett entstanden und "ausdiskutiert".
>>
>>>und nenne bitte Beispiele, welche bisherigen Wandlungen der deutschen Sprache Deiner Meinung nach „natürlich“ erfolgt sind.
>>
>>Der verstärkte Einzug von Anglizismen durch Besatzungsmächte, Internet, Reisemöglichkeiten und Immigration. Wörter wie "geil" und deren geänderte Bedeutung und Verwendung im Laufe der Zeit. Wegfall von Worten die nicht mehr zum aktuellen Lebensstil passen und daher immer weniger Anwendungsfälle finden wie "Haderlump".
>
>Exakt. Veränderungen der Sprache kamen immer aus der Breite der Bevölkerung aufgrund sich ändernder Gewohnheiten, neuer/anderer Einflüsse und meist um Spracheund Schrift zu vereinfachen. Zudem hat sich immer erst das gesprochene durchgesetzt und wurde dann im schriftlichen übernommen. Das Gendern dagegen kommt daher wie eine verordnete Erziehungsmaßnahme aus eher elitären Kreisen. Ich kenne in meinen persönlichen Umfeld genau niemanden der beim Sprechern gendert. Auch aus dem Umfeld meiner 14jährigen Tochter gendert exakt niemand.


Das liegt ja auch in der Natur der Sache, denn die deutsche Sprache hat in dieser Hinsicht einfach Defizite:

"Der Begriff der gendergerechten Sprache im engeren Sinne hingegen stellt die Auffassung der sozialen Konstruktion der Kategorie Geschlecht in den Mittelpunkt und will dabei auch die geschlechtliche Vielfalt zwischen den Polen von Weiblichkeit und Männlichkeit berücksichtigen. Für dieses Anliegen gibt es keine gewachsenen Strukturen in der deutschen Sprache".

[https://www.biblioimages.com/binstitut/dam.aspx?p=downloadasset&assetversionid=373734&key=4b45d3df08]

Das Anliegen ist legitim. Die deutsche Sprache gibt das jedoch nicht so ohne weiteres her. Will man sich damit nicht abfinden, muss man eben erfinderisch werden. Und sich damit abfinden, dass einem das für eine Übergangszeit intuitiv eher krumm erscheint.

IMO ist es selten die beste Wahl, bestehende Grenzen einfach achselzuckend hinzunehmen, nach dem Motto: "Dann halt nicht." Hat man ein sinnvolles Ziel vor Augen, sollte man gestalterische Möglichkeiten auf dem Weg dorthin auch nutzen.

>Die einzigen die bemerkbar gendern sind Journalisten. Moderatoren, öffentliche Stellen (ob freiwillig oder nicht ist hier auch häufig fraglich) und einige Online/Social Media Influencer. Ich kann aber beim besten Willen nicht erkennen, das hier eine Sprachveränderung aus der Mitte und Masse der Gesellschaft kommt.

Das sind ja auch genau die Bereiche, in denen Repräsentation und sprachliche Präzision grundsätzlich eine größere Rolle spielen als im gemeinen Alltagsgebrabbel.

Und was die Frage der "Freiwilligkeit" angeht: Wer benutzt denn "freiwillig" Floskeln wie "Mit freundlichen Grüßen" oder irgendwelche Corporate-Identity-Vorgaben des Arbeitgebers? Im Bereich der professionellen Korrespondenz läuft fast alles innerhalb eines vorgegebenen sprachlichen Korsetts, da ist geschlechtergerechte Sprache nur ein Punkt in einer riesigen Masse an "unfreiwilligen" und "unnatürlichen" sprachlichen Vorgaben. Nur gehen da halt plötzlich alle durch die Decke.


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