Thema:
Ich auch nicht flat
Autor: aliendeluxe1973
Datum:13.04.21 14:15
Antwort auf:Ich komm' einfach nicht los vom Fußball von Leviathan

>Jetzt begebe ich mich auf ganz dünnes Eis: Eines der größten Mysterien war für mich immer, wie man ernsthaft und mit Leidenschaft Bayern-Fan sein kann. Was für ein unsympathischer, selbstgerechter Haufen über viele Jahrzehnte und auch das Hören von 11Leben, dem Podcast über Uli Hoeneß, hat nicht geholfen, sie auch nur einen Deut besser zu finden. Gerade da tut’s mir besonders weh, weil sich mein Lieblingsverein immer mehr wie der FC Bayern anfühlt, ohne auch nur ansatzweise so erfolgreich zu sein. Watzke, der mit Lindner und anderen Deppen rumkumpelt. Rauball, der nun wahrlich auch keine weiße Weste hat. Und Tress und Cramer und wie sie alle heißen. Das fühlt sich alles so sehr nicht nach Fußball an. Bah. Trotzdem drücke ich den Bayern noch die Daumen, wenn es um die Meisterschaft gegen die Dosenpenner geht, auch wenn mir schon mancher Besserverdiener klarmachen wollte, dass es ja total okay sei, wenn sich ein österreichischer (Fast-)Nazi mit Unendlich-Geld-Cheat in die Bundesliga einkauft.

Ich kann fast all deine genannten Punkte nachvollziehen, selbst als FC Bayern-Fan ;-)

Dass es für dich ein Mysterium war oder ist, wie man ernsthaft und mit Leidenschaft Fan des FC Bayern-Fan sein kann, mag daran liegen, dass du eben seit jeher Anhänger des BVB bist. Ich mag den BVB auch nicht sonderlich, konnte aber immer die zum Teil sehr gute Arbeit, die Watzke, Zorc und Co. geleistet haben, respektieren und habe mir die Spiele des BVB gern angeschaut.

Das Red Bull-Dosen-Konzept ist mir komplett zuwider, muss aber auch hier den Hut davor ziehen, was sie mit dem Geld anstellen. Es gab und gibt Vereine, die mit den gleichen Mitteln wesentlich weniger erfolgreich arbeiten. Daher muss ich selbst den Dosenpennern Respekt zollen, werde diesen „Verein“ aber niemals auch nur ansatzweise gut finden…

Aber nochmal zurück zu deiner Frage, von wegen Leidenschaft für den FCB empfinden. Du vergisst vielleicht, wie in meinem Fall, dass es Anhänger gibt, die diesem Club seit Jahrzehnten die Treue halten, selbst in UNerfolgreichen Zeiten bzw. als man sich noch nicht Rekordmeister nennen durfte. Deswegen möchte ich dir das gerne aus der Sicht meines Fandaseins erklären:
Begonnen hat es mit dem FCB, weil mein Vater glühender Anhänger des Vereins war und bei jedem Spiel mit Beckenbauer, Maier, Katsche Schwarzenbeck, Bulle Roth, Breitner und Müller mitfieberte und ich dadurch auch gar nichts von anderen Clubs mitbekam. Dazu haben wir fast jeden Winterurlaub zum Skifahren in Bayern verbracht und mein erstes Bundeliga „vor-Ort-Spiel“ war Bayern-HSV im Olympiastadion. All das hat mächtig Eindruck auf mich gemacht. Ob Bayern am Ende Meister wurde oder nicht, war damals absolut sekundär für mich.
Dieses Interesse hat mich dann auch dazu bewogen, mich der F-Jugend meiner Heimatstadt anzuschließen, um den großen Jungs nachzueifern.

Das spielte sich übrigens im Sommer 1979 ab, der HSV war gerade Meister geworden und mit Gladbach sowie Köln dem FC Bayern mindestens ebenbürtig bzw. besser. Nürnberg war noch Rekordtitelträger und der FCB weit von der späteren Finanzkraft entfernt. Mitte der 80er-Jahre musste man sogar Kalle Rummenigge an Inter verkaufen, um finanziell zu überleben. Das nur zum Thema „Alle Bayern-Fans sind nur Erfolgsfans“… Klar, gibt es die auch, genauso, wie beim BVB oder Gladbach, die wahrscheinlich sehr viele Fans Mitte der 90er (BVB) bzw. Mitte der 70er (Gladbach) hinzugewonnen haben. Bestes Bsp. sind zwei meiner Kollegen, die 4 oder 5 Jahre älter als ich und Anhänger der Fohlen sind. Beide sind aber, wie ich, in Hessen geboren.

Zum Thema unsympathische und selbstgerechte Spieler. Auch die gibt es in jedem Club. Selbst in deinem Herzensverein: Micki, Dembele, Auba usw. Selbst in euerem aktuelle Kader gibt es, wie du ja selbst ausgeführt hast, kaum Identifikationsfiguren und viele Spieler, die den BVB nur als Sprungbrett und Zwischenstation für den nächsten großen Schritt und Vertrag sehen.
Diese Art von Spieler gab und gibt es bei Bayern zum Glück nur ganz ganz selten, was in den letzten Jahrzehnten natürlich auch daran lag, dass man nach Bayern zu keinem größeren Club mehr in der Buli wechseln konnte.

Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass ich es immer geil fand (auch wenn es aktuell nur noch Müller ist), dass man stets eine gewisse Anzahl von bayerischen Spielern oder gar Münchner im Team hatte, die sich zu 100% mit dem Club identifizierten und den Verein nie (oder erst nachdem sie ihren Zenit erreicht hatten) verließen.

Auch diese Mentalität, nie aufzugeben und an sich selbst zu glauben, fand und finde ich immer noch beeindruckend. Irgendwas muss dieser Club also mit den Spielern machen, sobald sie das Bayern-Trikot überstreifen. Natürlich gab es auch Spieler, mit denen ich nichts anfangen konnte, aber die Liebe zum Verein wird niemals enden…


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