Thema:
Re:Neubau ETW - Verhandlungsspielraum? flat
Autor: Telemesse
Datum:24.02.21 23:36
Antwort auf:Re:Neubau ETW - Verhandlungsspielraum? von chifan

>>Wir bauen hier auch regelmäßig Neubauwohnanlagen allerdings nur in guten, begehrten Lagen.
>>In den letzten 10 Jahren war es eigentlich immer so das die Wohnungen bereits alle verkauft waren bevor der erste Stein auf der Baustelle gesetzt wurde. Ab und an ist vielleicht noch mal eine „Restewohnung“ auf der Gebäudenordseite übrig aber alles was interessant ist geht momentan weg wie nix. Preisrabatte gibts da derzeit eigentlich nicht ausser jemand kauft wirklich mehrere Wohnungen auf einmal. Was meisten funktioniert sind sogenannte Naturalrabatte also höherwertige Ausstattung. Tiefgaragenstellplätze sind i.d.R. begehrt und teuer. Das es da einen als Goodie für umsonst dazu gibt wäre zumindest ungewöhnlich.
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>>Den von die geschilderten Verkaufsstand würde ich als sehr schlecht bezeichnen. Nur 6 von 21 Einheiten bei über einem Jahr Vermarktungszeit ist bei der derzeitigen Situation auf dem Immobilienmarkt eigentlich katastrophal. Wir haben vor den aktuellen Boomzeiten immer erst mit dem Bau begonnen wenn mindestens 40-50% der Einheiten verkauft waren. 30% Verkaufsstand ist eigentlich das absolute Minimum bevor normalerweise überhaupt mit einer Baustelle begonnen wird.
>>Das Ausheben der Baugrube ist in solchen Fällen übrigens nicht der wirkliche Baubeginn. Das ist nur ein symbolischer Akt um zu zeigen das hier zumindest irgendwas mal passiert und ausserdem für den Bauträger relevant weil er nämlich mit Beginn der Erdarbeiten seine erste Kaufpreisrate (i.d.R. etwa 30% des Gesamtkaufpreises) von den bisherigen Käufern einfordern kann. Ich würde da drauf wetten das da nichts weiter passiert bis nich zumindest noch 4-5 weitere Wohnungen verkauft sind.
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>>Also insgesamt macht das ganze keinen guten Eindruck und wenn du selbst sagst die Lage ist eher suboptimal würde ich mir echt gut überlegen dort etwas zu kaufen. Insbesondere noch wenn die Preise sehr hoch erscheinen.
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>Danke erst einmal für deine ausführliche Antwort. Kommt denn der Bauträger auf Grund der in dem Fall schlechten Nachfrage nicht irgendwann in Zugzwang, so dass er sich mit dem Preis bewegen muss (so zumindest unser Kalkül)? Selbst wenn er die Wohnungen dann zum Selbstkostenpreis oder mit Verlust verkauft, wenn sich da verkalkuliert wurde? Oder kann er den Bau beliebig nach hinten verschieben? Das ist doch für ihn selbst aber auch die Käufer (die ja irgendeinen Termin vorliegen haben) dann auch irgendwann nicht mehr tragbar.
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>Bezug sollte übrigens im Frühjahr 2022 sein, mittlerweile ist das auf Herbst verschoben. Bauträger ist übrigens die Wüstenrot Haus- und Städtebau, so dass ich zumindest davon ausgehe, dass es da nicht zur Insolvenz kommt.


Das ganze ist letztendlich ein Rechenexempel. Bei so einem Gebäude mit 21 Wohnungen würde ich jetzt mal so grob 4 Mio Euro an reinen Baukosten schätzen. Wenn der Bauträger jetzt alles im Vorfeld verkauft braucht er weder Eigenkapital noch Bankdarlehen zur Finanzierung des Bauvorhabens. Umso weniger verkauft ist umso mehr Eigenkapital muss er einsetzen oder eben Bankdarlehen einsetzen.
Je geringer der Verkaufsstand umso höher sind auch die Darlehenszinsen da die Bank hier immer ihr Risiko absichert. Das bedeutet als Bauträger kriegst du auch derzeit keine Bankdarlehen für 0 oder 1% Jahreszins sondern darfst gerne auch mal 5 % oder mehr an Zinsen bezahlen wenn du nicht gerade eine Top Bonität vorweisen kannst. Die Zinsbelastung frißt mit der Zeit jedenfalls ordentlich vom eingeplanten Gewinn wenn es mit dem Verkauf nicht zügig voran geht. Darüberhinaus kosten Verzögerungen auch immer Geld da die Angebote für die Einzelgewerke meistens auch nicht unendlich gültig sind und bei Überschreitung von Angebotsfristen auch schnell mal deutlich teurer werden können.
Und jetzt mal ohne Spaß. Bei einem Projekt mit so einem lausigen Verkaufsstand wie von dir geschildert würde ich als Bauträger sofort die Reißleine ziehen und das ganze unverzüglich einstellen. Die Baukosten werden in absehbarer Zeit nicht günstiger und wenn man in über einem Jahr kaum was verkauft hat, wird sich das auch in Zukunft nicht signifikant ändern. Zumal die ersten verkauften Wohnungen i.d.R. auch immer die attraktivsten im Gebäude (Penthouse und obere Stockwerke) sind.

Ach ja. Bauzeit veranschlagen wir in solchen Größenordnungen mit (konservativen) 2 Jahren. 1,5 Jahre ist machbar, da darf dann aber nichts unvorhergesehenes dazwischenkommen. Also Herbst 22 ist zumindest mal ambitioniert.


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