Thema:
Ich habe mir die Alpenorte am WE mal angesehen... flat
Autor: Tobakaido
Datum:24.02.21 09:36
Antwort auf:Lohnen sich Takayama, Shirakawago, Kanazawa, Shirahama? von Transistor

Eigentlich hatte ich auf Takayama und Shirakawa-go nie richtig Lust, weil doch ein wenig abgelegen – und mit Kanazawa stehe ich seit Jahren auf Kriegsfuß, dank Wetter, Touristenmassen und dem abseits gelegenen Riesenbahnhof mit Bettenburgen. Aber sowohl der Winter als auch das Geschäftsjahr neigen sich dem Ende zu – und Urlaubstage drohen zu verfallen, also trotz SoE einen Brückentag für ein langes Wochenende genutzt und den Tourismus im „eigenen“ Land unterstützt.

Tag 1: Osaka – Gero – Takayama
Tag 2: Tagesausflüge nach Shirakawa-go (Bus) und Hida-Furukawa (Zug)
Tag 3: Takayama – Kanazawa
Tag 4: Kanazawa – Osaka

Gero war nicht Teil von Transistors Plan und wurde erstaunlicherweise auch nicht von unserem Onsen-Snob erwähnt, obwohl es laut Ansage im Zug zu den drei besten Onsen in ganz Japan zählt. Aber auf dem Weg von Nagoya oder wo auch immer vom Süden her ist es eine nette Unterbrechung, zumal der restliche Reiseverlauf nicht besonders onsenlastig ist. Für Mahlzeit, Rundgang und Bad würde ich drei Stunden einplanen, mit dem Gassho Village eher 4 oder 5; vor allem, wenn man mit Kind und Kegel unterwegs ist. Schließlich in Takayama angekommen gibt es viele Optionen fürs Abendessen, meine Empfehlungen wären Curry bei Jakson oder Burger bei Center4 Hamburgers.

Am 2. Tag morgens mit dem Bus nach Shirakawa-go, knapp dreieinhalb Stunden vor Ort. Trotz Corona war das Dorf von Hundertschaften an Touristen überlaufen, was IMHO schon grenzwertig gewesen ist – unter Volllast mit 5-, 10- oder 20-mal so vielen Leuten muss das ein absoluter Albtraum sein. Shirakawa-go an sich ist jedoch traumhaft schön und schön gelegen, was hier und da für 10 bis 20 Sekunden durchgeblitzt ist, gerade wenn noch viel Schnee liegt, wie am vergangenen Wochenende. Wenn die eurasischen Horden noch bis zum Sommer im Zaun gehalten werden, würde ich mir das trotz der Hundertschaften glatt nochmal antun, die Bilder mit den grünen Reisfeldern sehen fast ebenso schön aus wie die im Schnee. Gegen Viertel nach 1 ging es wieder zurück nach Takayama, 20 Minuten später dann mit der Bahn weiter Hida-Furukawa, eine halbe Stunde nördlich von Takayama. Ein superschönes kleines Städtchen und derzeit quasi touristenfrei, weil die Leute lieber Instagram-Spots wie Takayama und Shirakawa-go abhaken – Fluch und Segen zugleich, denn solche Orte leben nun mal leider vom Tourismus; und damit, dass die Leute vor Ort Geld ausgeben. Deshalb an dieser Stelle und gerade im Zusammenhang mit unterschätzten Orten wie Hida-Furukawa: Knausert auf Reisen nicht! Die Einwohner leben nicht davon, alles auf Hochglanz zu polieren und Touristen hinterherzuräumen, sondern davon, dass die Leute sich vor Ort was gönnen – Snacks, Mitbringsel, Museumsbesuche. Und manchmal wird man überrascht. In Hida-Furukawa gibt es ein Museum über das örtliche Schreinfestival. Hat mich 0 interessiert und immerhin 700 Yen Eintritt gekostet, ich hab’s mir aber zögerlich dennoch angesehen und war extrem positiv überrascht – kleines Museum, aber superinteressant! Ich hatte insgesamt 2 Stunden vor Ort und die sind wie im Fluge vergangen, mit Anhang würde ich sogar eher 3 oder 4 Stunden einplanen.

Am dritten Tag dann endlich in Ruhe Takayama angesehen – insgesamt wohl eines der gepflegtesten Städtchen Japans und auch ohne die eurasischen Horden gut besucht, aber nicht überlaufen. Wer auf Holzprodukte steht (von Küchenutensilien über Kitsch und Kunst bis hin zu Möbeln) findet hier alles, was das Herz begehrt. (Ich konnte nicht widerstehen und habe mit ein Set geschnitzter Figuren von Ebisu und Daikokuten gegönnt – echte Hingucker!). Nachmittags dann mit der Bahn durch die Hida-Berge und via Toyama nach Kanazawa.

Kanazawa... *stöhn* Mehrmals zwecks Urbex dort übernachtet, dank des schlechten Wetters (jedes Mal!) und der Touristenmassen aber nie irgendwas angeschaut, sondern immer vorzeitig abgereist. Diesmal durchzogen – Liebe auf den dritten, vierten, fünften Blick, trotz Nieselregen. Schreine, Burg, Garten, Samurai-Viertel – und fast nirgendwo Leute! Traumhaft...
Wegen Kanazawa Curry muss man übrigens nicht nach Kanazawa – dank Go Go Curry gibt es das im halben Land. Aber natürlich bestehen Curry-Snobs wie ich darauf, mal bei Turban Curry gegessen zu haben... auch dafür ein Bonuspunkt für Kanazawa!

TLDR: Takayama, Shirakawa-go und Kanazawa lohnen auf jeden Fall, vor allem wenn man Kleinode wie Gero und Hida-Furukawa hinzufügt. Sobald die Schleusen... äh... Grenzen wieder geöffnet werden, sind diese Orte bestimmt alle wieder hoffnungslos und unerträglich überlaufen, aber wer sich Tokyo und Kyoto unter den Bedingungen antut, der darf da auch nicht meckern; zumal jeder Japantourist über etwa 10 Millionen selbst Teil des Problems ist. Und wenn ihr schon mal da seid, gönnt euch was! Das macht euren Urlaub schöner und die Leute vor Ort bekommen ihre teils unglaublichen Mühen entlohnt...


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