Thema:
Re:Frage(n) bzw. Empfehlungen zum E-Auto Leasing!? flat
Autor: Michael M.
Datum:10.01.21 13:00
Antwort auf:Frage(n) bzw. Empfehlungen zum E-Auto Leasing!? von AlterZockherr

Vorweg folgendes: Elektroautos werden immer interessanter und, was in meinen Augen viel zu selten erwähnt wird, sie fahren sich deutlich angenehmer als Verbrennerfahrzeuge. Allerdings ist es noch nicht unbedingt so, dass man in jedem Fall Gedankenlos losfahren kann und man wenn ne Lampe angeht man mal eben an eine "Tankstelle" fährt. Wir kommen immer mehr dahin, aber grad bei längeren Fahrten sollte man mal einen Blick auf die Infrastruktur und mögliche Stolperfallen werfen. Aber da du hier ja grad nach dem Halbwissen der Community fragst möchte ich natürlich weiterhelfen :) Das ganze ist leider alles sehr technisch und nicht in zwei Sätzen erklärbar, daher muss ich hier leider ein wenig ausholen.

Die Basics zum Thema Laden:
Der "Tankinhalt", also die Menge an Energie die gespeichert werden kann, sprich: die Kapazität der Batterie, wird in KWh (Kilowattstunden) angegeben. Das ist in etwa so wie die Tanzgröße bei einem Verbrenner. Bei einem solchen läuft das dann ja so ab: Man macht den Tank voll, fährt solange bis er fast leer ist und füllt ihn wieder auf. Das füllen passiert mit einer konstanten Geschwindigkeit und hängt davon ab, wie schnell der Kraftstoff aus der Zapfsäule kommt.

Jetzt ist es so, dass beim Laden eines Elektrofahrzeug auf zwei verschiedene Arten geladen werden kann: Die Ladung mit Wechselstrom (AC) und Gleichstrom (DC). Fangen wir mit Wechselstrom an: den hast du zuhause und er wird bei den meisten Ladesäulen in Orten zur Verfügung gestellt. Wieviel da "rauskommt", also das, was bei einer Zapfsäule die Durchflussmenge ist, ist unterschiedlich. Manche liefern 3KW, manche 11 KW und andere 22 KW. Was bedeutet das für das Laden? (Ich nehme für die folgenden Beispiele jetzt immer den VW ID.3 Basismodell, weil ich da die genausten Informationen habe). In den Akku des ID.3 passen 58 KWh. Wenn du jetzt mit 14KWh (=25%)"Restfüllung" an eine 11KW Ladestation fährst dauert es (theoretisch) etwa 4 Stunden, bis er wieder auf 100% geladen ist. Wenn du jetzt denkst "Fahre ich halt an eine 22 KW Ladestation, dauert dann nur zwei Stunden" muss ich dich enttäuschen: denn der ID.3 kann maximal mit 11 KW Wechselstrom geladen werden. Es gibt aber Autos (z.B. Renault Zoe) die auch 22 KW laden können. Allerdings scheint sich 11 KW aus verschiedenen Gründen immer mehr als Standard herauszustellen. Wichtige Erkenntnis dabei: Die Ladegeschwindigkeit gibt immer der langsamere vor und hängt sowohl vom Auto als auch von der Ladesäule ab.

Jetzt funktioniert dieses Wechselstromladen sehr gut zuhause, wenn man denn einen Ladeanschluss hat. Man schließt das Auto abends an und morgens ist der Akku voll. Kennen wir ja vom Smartphone. Zum einen gibt es da ja diese Wallboxen, die auch grad mit 900 € gefördert werden. Auch Mieter haben meines Wissens nach einen Anspruch darauf, da bin ich aber nicht genau im Thema. Wenn man jetzt aber ein Kabel vom Haus durchs Erdreich zum Carport legen muss wird das...teuer. Diese Wallboxen liefern in der Regel 11 KW, würden also auch den Akku wie in dem Beispiel in vier Stunden aufladen.

Viele fragen immer, ob man eine normale Steckdose nehmen kann. Die Antwort ist "Ja, aber..." Meist liegt ein "Notladekabel" bei, was das Fahrzeug mit etwa 2 KW laden kann. In dem Beispiel von oben würde es dann satte 22 Stunden dauern, um das Fahrzeug zu laden. Das funktioniert also nicht, wenn man jeden Tag lange Strecken fährt. Aber du sprichst ja von 5000 Km im Jahr, also etwa 100 Km je Woche. Realistisch braucht so ein ID.3 etwa 20 KWh auf 100Km, also müsstest du mit so einem Notladekabel einmal je Woche für 10 Stunden laden. Oder aber du steckst es beim Einkaufen einmal die Woche für zwei Stunden an eine öffentliche Ladesäule. Zurück zum Notladekabel: es gibt da nämlich noch ein Problem. Normale Haushaltssteckdosen sind nicht dafür ausgelegt, über einen langen Zeitraum so viel Leistung abzugeben und es besteht die Gefahr, dass die Kontakte heiß werden und schmelzen. Wenn es gar nicht anders geht und so geladen werden "muss" lass einen Elektriker die Steckdose und das Kabel dahin prüfen und die Steckdose gegen eine neue, gute Markensteckdose tauschen. Theoretisch kann man auch anstatt einer Steckose eine Wallbox montieren lassen, dann ist zumindest das Überlastungsrisiko gemindert. Schneller als mit dem Notladekabel gehts aber auch nicht, da das Kabel zur Steckdose nicht stärker belastet werden darf.

Kommen wir jetzt zum Gleichstromladen, dann da geht so richtig die Post ab. Also technisch gesehen, Elektroautogegner sagen, dass es immer noch unerträglich langsam ist. Haben wir vorhin mit 11 KW den Akku "tröpfchenweise" geladen so kannst du an einer Gleichstromladesäule, die findet man meist an Autobahnen und inzwischen auch in manchen Städten, aber auch z.B. bei IKEA, schneller laden. Wie schnell hängt natürlich wieder davon ab, was die Ladesäule liefern kann und wie viel dein Auto maximal ziehen kann. Der Beispiel ID.3 kann maximal mit 100 KW DC laden. Theoretisch könnte man den also in knapp über einer halben Stunde von fast leer auf voll bekommen. Tja, theoretisch...die Akkus schaffen die 100 KW leider nicht durchgehend. Ist der Akku fast leer und halbwegs warm wird er anfangs mit 100 KW laden und dann immer weiter abfallen. Es gibt hunderte Videos auf Youtube und auch Berechnungen, wann es wie sinnvoll ist, noch an der Ladesäule trotz geringerer Leistung zu laden oder lieber weiterzufahren oder, oder, oder... Faustformel: Bis 80% aufladen und dann weiterfahren. Auch in Bezug auf die Akku Lebensdauer ist es generell empfehlenswert, den Akku in der Regel nur bis auf 80% zu laden (kann man im Auto einstellen, dass er dann automatisch aufhört) An dieser Stelle auch noch der Hinweis, dass manche Autos (z.B. Smart) gar nicht mit Gleichstrom geladen werden können.

So viel Theorie, gehen wir doch mal (endlich!) auf deinen konkreten Anwendungsfall ein. Leider schreibst du nicht, ob du irgendwie in dem Carport ne Lademöglichkeit hättest oder die Installation denn machbar wäre. Du fährst etwa 100 Km pro Woche. Hast du irgendwo ne Ladesäule in der Nähe, an die du das Auto pro Woche für insgesamt zwei Stunden zum laden abstellen kannst, oder jeden Wochentag ne halbe Stunde, ist das alles kein Problem. Kannst du im Carport ne Lademöglichkeit schaffen ist es erst recht kein Problem. Wenn du den jeden Abend ansteckst kannst du dich dann auf Wunsch morgens in ein warmes Auto setzen, da du dann über eine App vorklimatisieren kannst. Ist die nächste Ladestation aber 10 Km entfernt und du musst darauf warten, dass die Karre geladen wird: Vergiss es.

Noch kurz zu den Leasing- und Unterhaltskosten: Den Beispiel ID.3 gibt es im Leasing ab etwa 230€ im Monat bei 4 Jahren Leasingdauer und 10000 Km im Jahr. Da du nur die hälfte fährst und jeder Minderkilometer mit etwa 4 cent angerechnet wird, reduziert sich die effektive Rate um etwa 16€ im Monat, allerdings gibts das Geld halt erst am Ende zurück. Die meisten leasingverträge nutzen zudem die Staatliche Förderung als Anzahlung. Das Geld bekommst du zwar geschenkt, es bedeutet aber auch, dass du bei der Autoauslieferung die 6000 € Förderung vorstrecken musst. Geh davon aus, dass du die nach drei bis sechs Monaten vom Staat zurück bekommst. Wartungskosten sind vernachlässigbar, die ID.3 muss alle zwei Jahre zur Wartung und die soll angeblich 100 € Kosten. Wenn du zuhause Laden kannst kosten dich 100 Km Fahrt mit dem Auto etwa 6€ an Strom, wenn du öffentlich mit Wechselstrom laden musst etwa 8 €. Steuern kosten Elektroautos momentan nicht.

Viel Theorie zu einem leider noch nicht ganz einfachem (weil unbekanntem) Thema, ich hoffe es hilft dennoch ein wenig weiter :)

Michael


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