Thema:
Re:Nochmal der Wald im Sauerland flat
Autor: gille
Datum:21.12.20 20:29
Antwort auf:Re:Nochmal der Wald im Sauerland von thestraightedge

Ich bin Förster im Öffentlichen Dienst in Hessen.

Klar wird der Job interesanter. Die Fichte war nach dem 2. Weltkrieg halt eine Baumart die schnell ein dringend benötigtes Bauholz liefern sollte. Gerade im Privatwald wurde ja in den Mittelgebirgen nahezu komplett auf die Fichte gesetzt.
Die Sache ist ich weiß nicht wie wir die Mammutaufgabe der Wiederbewaldung bewältigen  sollen.

Ich würde lieber einen intakten Fichtenwald im Zuge meiner Arbeit über mehrere Jahrzehnte in einen Mischbestand umbauen d.h. Pflanzung von z.b. Weißtanne oder Rotbuche unter alte Fichten die dann in Mischung mit der Fichtenverjüngung einen gemischten Bestand für die nächste Generation bilden. Diese riesigen Freiflächen von zum Teil mehreren Hundert Hektar erfordern einen enormen Aufwand um dort wieder Wald zu etablieren. Vielerorts wird die Natur einiges an Bäumen liefern die sich ansamen, aber es gibt auch Flächen die nur über Pflanzungen wiederbewaldet werden müssen.
Aber mit der Pflanzung von Bäumen ist es ja nicht getan. Nach der Pflanzung muss die Kultur gepflegt werden damit die Bäume nicht in einem Teppich von Brombeere, Waldreitgras und Holunder verloren gehen.
[https://www.stmelf.bayern.de/mam/cms01/wald/waldbesitzer_portal/bilder/fittosize__600_0_bae7457af395a61062d0dfaccfc84185_vergrasung_eiche_lwf_boehm.jpg]
und das je nach Baumart 1 mal pro Jahr für mehrere Jahre abhängig von der Baumart.

Dann kommt noch der Schutz vor dem Schalenwild entweder man baut Zäune aber die müssen auch Kontrolliert werden oder man pflastert den Wald mit Plastikschutzhüllen zu. Die Dritte möglichkeit ist durch eine intensive Bejagung die Schalenwildbestände auf ein Maß zu reduzieren das die Pflanzung ohne Schutz gelingen kann.

Früher war es normal das ein Förster 5-6 oder mehr Waldarbeiter hatte und zudem noch Pflanzfrauen im Frühjahr und Herbst. Heute sind betriebseigene Waldarbeiter mangelware. Pflanzfrauen gibt es gar nicht mehr. Die Pflanzung in unserem Forstamt  wird zu 99% von slowakischen Firmen durchgeführt ebenso wie die Kulturpflege. Hier ist oft die Arbeitsqualität nicht auf dem Level eines gelernten Waldarbeiters. Von Problemen bei der Kommunikation ganz zu schweigen. Mittlerweile ist man als Förster ziemlich allein auf weiter flur.
Das Thema ist aber zu komplex um es in einen Post zu packen. Wenn es euch mal in den Vogelsberg verschlägt bin ich immer für ne Exkursion zu haben.


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