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Antwort + link inside - fasst es gut zusammen flat
Autor: lichtschalterer
Datum:08.11.20 13:33
Antwort auf:Hört doch mal auf mit der Satirediskussion von Killersepp

[https://www.bpb.de/lernen/themen-im-unterricht/mit-satire-gegen-rechtsextremismus/224197/was-darf-satire]

Auszug:
Grundsätzlich gilt: Die Satire muss ihr Ziel mit Bedacht wählen. Doch erlaubt ist (auch), was nicht gefällt, denn Satire ist nicht einfach nur Komik und Parodie, sondern immer auch Angriff und Mittel der Kritik. Sie lebt von Verzerrung und Übertreibung. Der Satiriker "kann nicht wägen – er muss schlagen", schrieb Kurt Tucholsky 1919 in "Fromme Gesänge". Das gilt nach wie vor: Satire soll und muss treffen, wenn sie gut sein soll. Sie braucht die Provokation, die Ungerechtigkeit, das Überspitzen und Übertreiben bis hin zum Tabubruch. Satire ohne Biss ist keine!

Satire war und ist ein feines Messinstrument, an dem sich der Grad der Freiheit einer Gesellschaft ablesen lässt. Und man könnte durchaus meinen, dass es um unsere Freiheit recht gut bestellt ist, zumal im Vergleich zu Tucholskys Zeiten. Dennoch – oder gerade deshalb – haben Satiriker in der heutigen, global vernetzten Welt nur wenig Spielraum und werden oft angefeindet. Sie wandeln auf einem schmalen Grat. Schließlich wird das, was lustig ist, nicht überall und von jedem gleich wahrgenommen und empfunden. Daher müssen sich auch hierzulande vermehrt Gerichte mit der Frage befassen, die im gesellschaftlichen Diskurs offenbar nicht hinreichend verhandelt und beantwortet wird: Was darf Satire?

Außer Frage steht: Wer unter dem Deckmantel der Satire nur das Ziel hat, zu beleidigen oder zu verleumden, muss damit rechnen, zivil- oder strafrechtlich belangt zu werden. Doch bedacht werden muss auch, dass Satire – um mit Tucholsky zu schließen – ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht ist: "Sie bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird, und sie kann gar nicht anders arbeiten als nach dem Bibelwort: ‚Es leiden die Gerechten mit den Ungerechten.‘" (Berliner Tageblatt vom 27. Januar 1919) Also was darf die Satire? Alles! Auch hier und heute. Dabei gilt jedoch auch für Künstler und Journalisten Recht und Gesetz.

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Somit hängt es eben explizit davon ab, inwieweit der Angegriffene sich angegriffen fühlt. Und wenn derjenige sich beschwert, dann muss imho der Satiriker damit leben, das sein Humor nicht als humorvoll wahrgenommen wird. Davon unabhängig ist dann wie viele aufschreien, denn wenn in einer Community nur 5 von 1000 nicht alte-weiße-Männer sind (überspitzt formuliert), dann ist die Reaktion der 5 als höher zu bewerten als andersherum.
Darum ist es ein schmaler Grat eben und bedarf durchaus Diskussion bei jedem Fall. Denn so ist es eben auch, Satire bedarf immer einer Diskussion, sonst funktioniert die Satire per se nicht. Wenn Satire nicht mehr diskutiert wird, dann ist es nämlich erst recht Propaganda und keine Satire mehr.


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