Thema:
Hast du handwerkliches Geschick und KFZ-Technik-Wissen? flat
Autor: king_erni
Datum:09.10.20 00:43
Antwort auf:Würdet ihr Bremsen (Scheiben und Beläge) selber wechseln von ocin

Wenn ja, dann spricht wenig gegen einen Bremsen-Wechsel. Gewisse Grundvorraussetzungen an Wissen und Werkzeug sowie technischer Ausrüstung sollten dennoch vorhanden sein:

- guter Schlüsselkasten, allgemein vorher abchecken, was genau an Werkzeug gebraucht wird
- Anleitung nach Herstellervorgaben oder gleichwertige technische Dokumentation
- Schlagschrauber für Radmuttern und die gewissen Schrauben/Muttern der Bremsanlage, die gerne mal etwas Nachhilfe zur Lockerung brauchen.
- auf jeden Fall eine Hebebühne. Hierfür in eine KFZ-Mietwerkstatt gehen, wenn du niemanden im Freundeskreis mit einer Bühne hast. Klar geht das auch mit einem stabilen Wagenheber, macht das ganze Prozedere aber nur länger und lästiger weil man nicht auf angenehmer Höhe arbeiten kann.
- Allgemein natürlich Wissen darüber wie eine Bremsanlage funktioniert, wie sie aufgebaut ist und welche Teile man wie und in welcher Reihenfolge zu wechseln hat. Ggf. auch fahrzeugspezifische Eigenheiten vorher abklären.
- Nur Markenteile nahmhafter Hersteller in Erstausrüster-Qualität vom Fachhandel mit Garantie und Rücknahme kaufen. Keine billigen Ebay-Shops, keine billigen Versandhändler, am besten dort kaufen, wo auch die freien KFZ-Werkstätten am Ort mit gutem Ruf einkaufen.

Entlüften musst du eine Bremsanlage nach dem Wechsel der Beläge und Scheiben nicht, da du die Kolben der Anlage ja nur zurück drückst und den Flüssigkeitskreislauf nicht öffnest. Achtung: es gibt je nach Hersteller, besonders wenn es ein Fahrzeug mit elektronischer Parkbremse ist, extra Service-Stellungen zum Wechseln der Belege an der Hinterachse. Wenn man das vorher nicht checkt, dann kann man da durch rohe Gewalt vieles kaputt machen. Manchmal kann man das im Service-Menü des Bordcomputers machen, meist aber nur über einen guten Prüfer via OBD-Schnittstelle. Das können viele der China-Teile nicht, vorher also abklären.

Generell gilt: nehm dir Zeit, geh alles in Ruhe Schritt für Schritt durch und kalkuliere die ein oder anderen Schraube mit ein, die sich nur sehr schlecht und nach viel WD-40 und Hin- und Herreißen lösen lässt.

Wenn du aber nen Wechseln für 370 Euro in einer guten Werkstatt mit Garantie und Service bekommst, dann würde ich mir das noch einmal gut überlegen. Ich selbst habe in meinem Leben schon ein paar Bremsen erneuert und es gibt immer mal wieder Kollegen aus dem Freundes- oder Arbeitskreis, die fragen ob ich das nicht für ne schmale Mark bei ihnen machen kann. Ich biete das aber nicht mehr an, da ich einfach keine Lust auf das Gefrickeln mit festgerottetem Krams oder sonstwelche netten Überraschungen habe. Und seh’s mal so, wenn du einen Teilepreis von 150 Euro hast, wie lange möchtest du dann damit beschäftigt sein, dass es sich für dich lohnt? Und wie viel für Werkzeug und sonstige Kosten (Miete Bühne) bist du bereit zu zahlen, ohne dass du nachher das Gefühl hast, doch drauf gelegt zu haben?

Ich mach dir da mal ein Rechenbeispiel, was ich einem Kollegen für seinen 124er für Vorder- und Hinterachse gemacht habe.

- Arbeitsdauer: 2,5 bis 3 Stunden zu 25 Euro die Stunde ohne Rechnung
- Kosten für Miete der Hebebühne 3 Stunden: 36 Euro regulär, ich bekomm sie für 28 Euro ohne Rechnung plus ne Werkzeugpauschale von 10 Euro (ich schlepp da ja nicht meinen Stahlwille-Werkstattwagen hin)
- Teile besorge ich über Matthies zum Händler-EK, alles von ATE und Zimmermann. Die Beläge schleif ich so an, dass kein Bremsenrubbeln an der VA auftreten kann. Will er eigenes Zeug mitbringen, dann muss das passen und von guter Qualität sein, sonst fang ich erst garnicht an. Schrott verbau ich nicht.

Im Endeffekt wären wir dann bei knapp über 500 Euro gelandet, seine freie Werkstatt wollte dafür 780 Euro haben. Rate mal, wie er sich entschieden hat?


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