Thema:
Re:Pfui: Warnstreiks im ÖPNV flat
Autor: Phil Gates
Datum:29.09.20 11:56
Antwort auf:Re:Pfui: Warnstreiks im ÖPNV von SidVicious

>>Bei allem Verständnis für die Streikenden, aber das hätte auch noch ein paar Monate Zeit gehabt.
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>Das finde ich generell auch. Andererseits stehen die Leute, und natürlich noch mehr Leute in Pflegeberufen an vorderster Front in dieser aktuellen Pandemie. Es zeigt sich gerade jetzt eben, dass hochbezahlte Jobs, die nicht selten einfach nur im Herumschieben von Excel-Files enden, durch Homeoffice-Möglichkeiten sehr risikoarm sind, während vergleichsweise schlecht bezahlte Jobs volle Exposition zur allgemeinen Bevölkerung beinhalten.
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>Es ist verständlich, wenn man da mal einfach klar machen will: Wir sind wichtig, und gefährdet, und unterbezahlt. Ich erwarte auch, dass Krankenpfleger und Krankenschwestern und Hebammen bei weiter steigenden Zahlen irgendwann die Arbeit niederlegen werden.
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>Das ist alles ungut, vor allem in der aktuellen Situation, aber kein Mensch interessiert das sonst. Das sind Leute, die generell massiv gefährdet sind, und wir nehmen den Dienst dieser Leute einfach als selbstverständlich hin. Und mal ganz ehrlich: Findest Du wirklich, dass Dein Verdienst, der Dir ein Eigenheim und ein teures Auto und Homeoffice ermöglicht „fair“ ist im Vergleich zum Verdienst einer Krankenschwester?
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>Ganz ehrlich?


Das ist eine relativ philosophische Frage. Klar geht es mir besser als den meisten anderen Arbeitnehmern. Mein Job hat aber durchaus auch Schattenseiten, da wären die Arbeitszeiten, der nicht unerhebliche Stress (ich bin 38 und schlucke Betablocker), die direkte persönliche Verantwortung, ggf. das wirtschaftliche Risiko, der fehlende Kündigungsschutz (den gibt es laut Gesetz, aber wenn Du als Anwalt mit Kündigungsschutz kommst und vor Gericht ziehst, ist Deine Karriere beendet)...

Natürlich sind Pflegekräfte unterbezahlt. Das Problem ist, dass unser Gesundheitssystem sowieso schon finanziell am Ende ist. Ohne massive Beitragserhöhungen ist es nicht zu finanzieren, einer Pflegekraft ein Gehalt wie in der Schweiz zu bezahlen. Das ist ein Skandal, aber der wird durch eine Lohnerhöhung von 3% auch nicht beseitigt. Am Ende wird man sich vielmehr die Frage stellen müssen, was uns das als Gesellschaft wert ist und die Gehälter vom Budget der Krankenkassen entkoppeln müssen, quersubventioniert aus Steuermitteln. Wenn man das nicht macht, werden sich diejenigen, die auch andere Optionen haben, gegen eine Ausbildung in einem sozialen Beruf entscheiden, und der Personalmangel wird noch schlimmer, und die, die es dann trotzdem machen sind vermutlich jene, die keine andere Ausbildungsstelle finden, was auch nicht im Sinne der Patienten sein dürfte...


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