Thema:
Re:AfD Bundeskanzler flat
Autor: Pezking
Datum:21.09.20 09:07
Antwort auf:Re:AfD Bundeskanzler von ChRoM

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>>>Du musst die Situation wirklich zu Ende denken, nicht nur moralisch humanitär.
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>>Ich will zum Thema nicht mehr sagen, aber  ich hoffe, Dir ist klar, dass dieser Satz zutiefst traurig stimmt und der vielzitierte Anfang vom Ende der Moralität und  des Humanismus ist?
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>Wir lassen die Menschen seit Jahren unter noch schlechteren Bedcingungen in afrikanischen Lagern dahinvegitieren. Lassen sie in der Wüste verdursten und im Mittelmeer ersaufen. Wir bezahlen den Despoten Erdogan, dass er sie uns vom Leib hält und schauen weg, wenn die Griechen an der Grenze Gewalt anwenden. Ist alles von Europa orchestriert, geht uns offenbar nix an.


Leider völlig richtig.

>Dann passiert etwas ausnahmsweise vor den TV-Kameras und plötzlich wird das Ende der Moralität und des Humanismus ausgerufen. Srsly? Es kann mir doch niemand erzählen, dass er nicht seit Jahren weiß, was da läuft.

Das ist zynisch, da stimme ich Dir komplett zu! Und das ganze Thema ist politisch hochkomplex, und leider gibt es auch Gründe, warum Deutschland und die EU diese o.g. Politik der letzten Jahre für eine praktische "Lösung" hielten. So unappetitlich das auch sein mag.

Aber, und da will ich hier nicht missverstanden werden: Wenn hier jemand zynisch-kritische Kommentare verdient, dann sind wir das. Also diejenigen, die die Folgen ihrer rationalen und durchaus herzlosen Entscheidungen plötzlich durch ein singuläres Ereignis nicht mehr verdrängen können.

Und ganz sicher nicht Geflüchtete in überfüllten Lagern während einer Pandemie, die man so weit vernachlässigt, dass sie erst durch Verzweiflungstaten mal wieder auf sich aufmerksam machen können. Das sollten derzeit die allerletzten Adressaten für Herabwürdigungen sein.

>Natürlich müssen wir helfen wo es geht. Aber diese Hilfe muss und kann nicht in der Form passieren, dass man die Menschen alle nach Mitteleuropa holt.

Ja, im Gesamtkontext ist das wohl leider so. Ich glaube zwar, dass dies möglich wäre und wir uns das leisten könnten - aber dazu muss auch ein immenser Wille da sein. Politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich.

Ich würde es begrüßen, wenn man hierfür werben würde. Dieser Zustand ist potenziell veränderbar. Und nicht zuletzt deshalb kriege ich auch 'nen Föhn, wenn man stattdessen sogar in eine Richtung argumentiert, derzufolge die Geflüchteten (oder Teile davon) gar keine Rettung verdienen.

>Und das ist das Ding mit Moria. Natürlich kann man 13.000 ufnehmen und sich selber auf die Schulter klopfen, was für ein wahnsinnig geiler Humanist man nicht ist. Es löst im Kontext des Problems aber gar nichts, weil das Lager in Kürze wieder voll ist. Außer, wir wenden menschenverachtende Mittel an, damit es sich wieder füllt. Was ist der Plan? Weltweit sind 70 Mio. Menschen auf der Flucht und wäre Flucht nicht eine Strapaz, die wirklich Schwachen gar nicht auf sich nehmen können, und wäre der Weg nach Europa nicht lebensgefährlich, wären es noch viel mehr. Wann ist der Punkt, wo die Humanisten sich eingestehen, dass wir nicht jeden aufnehmen können, der nach Mitteleuropa möchte? Nach den 13.000 aus Moria? Nach weiteren 100.000? Nach einer Million? 100 Millionen?

Und da bin ich halt anderer Meinung. Ich fände es ermutigend, wenn ich irgendwann mal die Grenzen unseres Verdrängungsvermögens kennenlernen dürfte. Und 13.000 Gerettete wären immer noch unendlich viel besser als gar keine. Und mit diesem Schritt würden auch nicht zwangsläufig alle Dämme brechen.

Dennoch verstehe ich auch, warum man nicht allen EU-Partnern einen simplen Ausweg anbietet, indem man einfach alle aufnimmt. Dann jedoch würde ich gerne ein deutlich intensiveres Werben um die internationale Aufnahme sehen.

Der Punkt ist: Wenn man (zurecht) feststellt, dass wir nicht alle aufnehmen können, dann muss das noch lange nicht bedeuten, dass wir keinen aufnehmen. Und jeder Einzelne mehr macht uns einen Ticken hilfsbereiter. Und das hat einen Wert, selbst wenn die Hauptproblematik ungelöst bleibt. Weil jeder Einzelne ein Mensch ist. Und weil man sich nicht so leicht mit der EU-weit geringen Bereitschaft zur Aufnahme abfinden sollte.


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