Thema:
Re:Cancel Culture - Kollektive Zensur flat
Autor: Pjotr (deaktiviert)
Datum:15.08.20 19:10
Antwort auf:Re:Cancel Culture - Kollektive Zensur von Pezking

>Ja, so habe ich das auch verstanden. Und da frage ich mich, warum man immer noch vom Schreckgespenst "Cancel Culture" fabuliert, wenn der Veranstalter einfach nur vor komplett hypothetischen Gefahren Angst hatte? Vor Drohungen, die es nie gab?

Diese Paranoia ist gerade ein Kernelement einer jeden "cancel culture". Was wir hier sehen ist aus sozialpsychologischer und soziodynamischer Sicht ein Äquivalent zu den Hexenjagden der Frühmoderne, zur Terrorherrschaft der Jakobiner oder zur Kulturrevolution - amplifiziert durch social media. In solchen Systemen können Gerüchte, Missverständnisse oder Nichtigkeiten eine enorme Eigendynamik entwickeln, die sich weder rational abschätzen, noch limitieren lässt. Eine objektive Gefahrenabschätzung ist nicht mehr möglich und viele Individuuen, Arbeitgeber oder Veranstalter ziehen lieber durch vorauseilenden Gehormsam den Kopf aus der Schlinge.

>Wenn eine Schule wegen einer Bombendrohung geräumt wird und sich danach herausstellt, dass es gar keine Bombendrohung gegeben hat, dann rückt man doch auch nicht einfach trotzdem die "Bomber Culture" in den öffentlichen Fokus?

Der kulturelle Kontext bestimmt, wie wir auf Gefahren reagieren. Wenn es in Gesellschaften eine "Bomber Culture" gibt, also häufige Bombenanschläge, dann würde man weitere Bombendrohungen natürlich um einiges ernster nehmen.


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