Thema:
Re:Linke Identitätspolitik bedroht die Meinungsfreiheit flat
Autor: Pjotr (deaktiviert)
Datum:26.07.20 22:45
Antwort auf:Re:Linke Identitätspolitik bedroht die Meinungsfreiheit von Brooklyn

>Wobei ich den Eindruck habe (genau wie bei der Frage zu Transrechten) daß es eine Generationenfrage sein könnte.

Es ist absolut eine Generationenfrage, bzw. ein Konflikt zwischen der zweiten und dritten Welle des Feminismus und deren jeweiligen ideologischen und konzeptuellen Grundlagen. Wie viele politische Bewegungen in den 60ern und 70ern wurde der 2nd wave Feminismus explizit oder implizit durch marxistische Diskurse geprägt. Der 3rd wave Feminismus wurde im Gegenteil durch den Postmodernismus und Neoliberalismus der 80er bis 2000er beeinflusst. Dies schlägt sich in nahezu allen hier diskutierten Reibungspunkten nieder. Was z.B. sex work angeht sind die 3rd wavers super-individualistisch: wenn man es freiwillig macht, dann ist es okay. Weitergehende Fragen was Freiwilligkeit wirklich bedeutet (ist etwas freiwillig wenn man die Miete zahlen muss?) werden oftmals nicht gestellt. Im Gegenteil arbeiten die 2nd wavers gerne mit marxistischen Konzepten wie Entfremdung oder Verdinglichung. Bei der Transfrage ist es ähnlich: die 3rd wavers argumentieren, dass Frau-sein letztendlich eine Identität ist, die man mehr oder weniger freiwillig einnimmt (Idealismus). Auf der anderen Seite sagen die 2nd wavers, dass Frau-sein eine Klassenposition ist, in die man gedrängt wird, wenn man mit einem bestimmten biologischen Setup geboren wird (Materialismus), und die von da an (wie andere Klassenpositionen auch) die eigene Identität formt.


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