Thema:
Re:Das Wort „Stammbaumrecherchen“ fiel gar nicht flat
Autor: Telemesse
Datum:13.07.20 11:15
Antwort auf:Re:Das Wort „Stammbaumrecherchen“ fiel gar nicht von Karotte

>>Umfangreicher Artikel in der FAZ über die Geschehnisse. Da liest sich das dann doch etwas anders als in der Stuttgarter Zeitung.
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>>„Der Stuttgarter Polizeipräsident Franz Lutz hatte das Ergebnis der bisherigen Ermittlungen am Donnerstagnachmittag im Beisein von Oberbürgermeister Kuhn (Grüne) dem Gemeinderat vorgestellt. Für große Aufregung sorgte danach ein Bericht der „Stuttgarter Zeitung“, in dem behauptet worden war, der Polizeipräsident habe die Abfragen der Ermittler zu den Staatsangehörigkeiten der Eltern einiger Verdächtiger bei den Standesämtern als „Stammbaumrecherchen“ bezeichnet. Nach dem Abhören des Tonbandmitschnitts der Sitzung stellte sich am Sonntagabend nun heraus, dass Lutz diese Formulierung überhaupt nicht benutzt hat.“
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>>„In der emotional aufgeladenen Diskussion bleibt allerdings unberücksichtigt, dass es der ausdrückliche Wunsch des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann ist, möglichst alles über die Herkunftsmilieus der Tatverdächtigen herauszubekommen. Kretschmann hatte darauf hingewiesen, dass die Begriffe Migration oder auch Migrationshintergrund wenig aussagekräftig seien. Diesem Wunsch versucht die Polizei mit diesen tätersoziologischen Recherchen nachzukommen. In der politischen Diskussion über die Ausschreitungen war  argumentiert worden, dass man zur Entwicklung einer sozialpolitischen Strategie wissen müsse, ob es sich zum Beispiel um wohlhabende türkischstämmige Deutsche in  dritter Generation oder etwa um Familien handle, die noch nicht so lange in Deutschland lebten und die schlechter integriert seien. Nach der Definition der Polizei hat ein deutscher Staatsbürger dann einen Migrationshintergrund, wenn ein Elternteil keinen deutschen Pass hat. 24 von 39 Tatverdächtigen haben die deutsche Staatsbürgerschaft, von diesen 24 ist bei elf Verdächtigen ein Migrationshintergrund bestätigt worden, bei weiteren elf mutmaßlichen Tätern ist das noch unklar, weshalb die Polizei nun die Staatsangehörigkeit der Eltern recherchiert. Strafrechtlich sind diese Informationen irrelevant.“
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>>[https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/stuttgarter-krawallnacht-das-wort-stammbaumrecherchen-fiel-gar-nicht-16857804.html?utm_content=buffer65e7e&utm_medium=social&utm_source=facebook.com&utm_campaign=GEPC%253Ds6]
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>Hehe, das klingt ja fast so, wie der verschwurbelte Erklärungsversuch, den ich mir aus den Fingern gesogen habe. ;o)
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>Im Ernst: Der Ansatz mit der „tätersoziologischen Recherche“ klingt ja lobenswert, aber dann sollte man es bei der Kommunikation desselben auch dabei belassen bzw. ethnisch neutral das „Milieu“ betonen, aus dem die Täter stammen. Dass dann als Beispiel jedoch gleich wieder „wohlhabende türkischstämmige Familien“ oder „schlecht integrierte Neuankömmlinge“ herhalten müssen, nagt für mich an der Glaubwürdigkeit dieser neutralen Betrachtungsweise.
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>Auch das mit dem „öffentlichen Interesse“ ist eine unglückliche Formulierung. Das mag fachlich-juristisch unbedenklich sein, wie Florian M ausgeführt hat (danke dafür btw.), aber in der gegenwärtigen, aufgeheizten gesellschaftlichen Situation in Bezug auf Migration, wäre es nicht verkehrt gewesen, im selben Atemzug die rein juristische Intention dieser Ausdrucksweise noch einmal zu betonen. Denn so wie ich linksgrünversiffte Karotte das in den falschen Hals bekommen habe, johlen vermutlich auf der anderen Seite die Ewiggestrigen darüber, dass „unsere Polizei“ endlich die Dinge beim Namen nennt und ganz im Sinne der „schweigende Mehrheit“ die verdammten Migranten im Auge behalten will.


Ich denke auch das das ganze vor allem in der Aussenkommunikation voll in die Hose ging. Das durchleuchten des sozialen Umfeldes, insbesondere bei Jugendlichen Tätern, ist ja nichts unübliches, in erster Linie ja aber dafür da eine Sozialprognose zu erstellen. Wenn sich dabei nun tatsächlich auffällige Parallelen bei mehreren Tätern zeigen sollten, könnte das natürlich eine Anhaltspunkt sein um Fehlentwicklungen zu analysieren und entsprechend gegensteuern zu können.
Das "öffentliche Interresse" ist demnach auch eher im Interesse der Staatsanwaltschaft und eben der verantwortlichen Politik zu sehen, gesellschaftliche und sozialpolitische Fehlentwicklungen anzugehen als im Interesse der medialen Öffentlichkeit hier Clickbaittaugliche Schalgzeilen über eventuelle Migrationshintergründe zu generieren.


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