Thema:
Re:Selbstverständnis von Linken und Rechten flat
Autor: Phil Gates
Datum:21.06.20 21:29
Antwort auf:Selbstverständnis von Linken und Rechten von Xtant

>Warum geben Linke im Allgemeinen offen - wenn nicht sogar gerne - zu, dass sie Links sind, während die typischen Neurechten Neokonservativen offensichtlich größte Probleme damit haben, (sich) ihre Gesinnung einzugestehen?
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>Ich finde das oft einfach nur verlogen. Das ist umso ätzender, weil ein nicht geringer Teil des Tagespensums eines Neurechten darin besteht, andere der Verlogenheit zu bezichtigen. Das hat immer ein bisschen was vom alten Geisterfahrer-Witz. Aber ein Geisterfahrer ist ja auch nur jemand, dessen abweichende Meinung zur Fahrrichtung von Autobahnen nicht akzeptiert wird.
>
>Über ein besonders schönes Beispiel bin ich diese Tage mit dem Herrn Boris Reitschuster gestolpert.
>
>Dabei hat er durchaus einen seriösen Hintergrund. Umso skurriler wirken da seine teilweise höchst fremdschämigen Beiträge (das Hildmann-Video!), unabhängig vonirgndeinem Links-Rechts-Lagerdenken. Und erst recht sein geradezu verbissener Versuch, sich als "neutraler Beobachter" hinzustellen.
>[www.reitschuster.de]


Weil nicht wirklich definiert ist, was rechts ist und wie lange rechts noch ok ist. Außerdem sind diese Begriffe auch zu einem guten Teil überholt. Man kann sozialpolitisch sehr links sein und dennoch ein Rassist oder zumindest intolerant und umgekehrt. Die AfD hat nicht nur bei frustrierten CDUlern gewildert, gerade im Osten ist sie ja sehr stark. Auch kann man tolerant und liberal sein und für sich selbst im Privaten klassische Werte wie Ehe und Familie hochhalten. In die Richtung ordne ich mich ein. Als Anwalt habe ich oftmals eine juristische Meinung und eine private Meinung im Sinne von: ja, Du sollst das machen dürfen, dafür werde ich für Dich kämpfen, ich persönlich würde es aber ggf. anders machen, das ist aber meine Privatsache. So bin ich zum Beispiel kein Abtreibungsgegner, für mich und meine Frau käme das aber nur im Ausnahmefall, jedenfalls aber nicht aus Gründen der sozialen Indikation in Frage. Aber wir sind eben verheiratet und verhältnismäßig wohlhabend, die Frage stellt sich daher für uns so nicht, für eine 17jährige Schülerin, die vom Erzeuger sitzen gelassen wird, ist das natürlich eine völlig andere Nummer. Das ist denke ich wirkliche Toleranz. Bei ideologisch-linken Mitmenschen stelle ich oft fest, dass sie mir am Liebsten vorschreiben möchten, dass ich progressiv leben muss. Der Kampfbegriff „Spießer“ ödet mich an. Ich bin gerne Spießer.

tl;dr: rechts und links ist Blödsinn, insbesondere „rechts“ wird gerne als Kampfbegriff genutzt, um unliebsame, aber im Rahmen der Verfassungsgrundsätze völlig vertretbare Meinungen zu diskreditieren. Umgekehrt macht es die AfD genauso.

Entscheidend sollte alleine sein: bist Du ein Rassist? Dann hau ab. Findest Du es richtig, Polizisten mit Steinen zu bewerfen oder Politiker und Andersdenkende wegen ihrer Meinung umzubringen oder zu malträtieren oder aus Spaß an der Freude ganze Innenstädte in Schutt und Asche zu legen? Dann hau ab, egal was Deine individuelle Motivation ist. Wer auf eine der Fragen mit ja antwortet, ist einfach ein Arschloch.

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