Thema:
Re:The Triumph of BLM and Neoliberal Redemption flat
Autor: Pjotr (deaktiviert)
Datum:11.06.20 22:05
Antwort auf:Re:The Triumph of BLM and Neoliberal Redemption von Gaius B.

Seit den 1970ern hat sich die soziale Ungleichheit in den Vereinigten Staaten – wie in der restlichen westlichen Welt auch – extrem verschärft.  Diese zunehmende Ungleichheit führt zu Manifestationen extremer Armut und hat zum Effekt, dass sozialer Aufstieg in den USA um einiges schwerer ist, als in vergleichbaren Ländern: Bildungs- und Universitätszugang in den USA ist unheimlich teuer, notwendige medizinische Eingriffe können zum finanziellen Ruin führen etc. Dies trifft die schwarze und indigene Bevölkerung der USA besonders hart. Aufgrund von historischer Benachteiligung ist dieser Teil der Bevölkerung in einer Armutsfalle gefangen. Armut in den USA reproduziert Armut, und Armut reifiziert Rassengegensätze.

Adolph Reed Jr. hat es so ausgedrückt:

"Race is a taxonomy of ascriptive difference, that is, an ideology that constructs populations as groups and sorts them into hierarchies of capacity, civic worth, and desert based on “natural” or essential characteristics attributed to them. Ideologies of ascriptive difference help to stabilize a social order by legitimizing its hierarchies of wealth, power, and privilege, including its social division of labor, as the natural order of things...Ascriptive ideologies are just-so stories with the potential to become self-fulfilling prophecies. They emerge from self-interested common sense as folk knowledge: they are “known” to be true unreflectively because they seem to comport with the evidence of quotidian experience. They are likely to become generally assumed as self-evident truth, and imposed as such by law and custom, when they converge with and reinforce the interests of powerful strata in the society....

Die Polizei in den USA ist sicher teilweise individuell oder strukturell rassistisch. Aber selbst wenn die Polizei in den USA nicht rassistisch wäre, wären die weiterführenden strukturellen Probleme, die Polizeibrutalität begünstigen, immer noch vorhanden. Schwarze sind unter den Polizeiopfern überrepräsentiert, aber sie machen nicht den Großteil der Opfer aus. Jedoch rekrutieren sich nahezu alle Opfer von Polizeibrutalität aus den unteren Schichten der Gesellschaft. Das Problem liegt darin wie (Klein-)Kriminalität als Manifestation von Armut  in den USA gemanaged wird: durch Polizeiintervention. Selbst wenn die Polizei in den USA nicht rassistisch wäre, wären Leute wie George Floyd immer noch arm. Sie müssten immer noch in Vierteln leben in denen es kaum Perspektiven gibt, aber viel Gewalt. Was in Zeiten der Segregation offizielles Gesetz war (d.h. das Einpferchen von Schwarzen in Elendsvierteln) reproduziert sich nun durch sozioökonomische Gegensätze und Marktmechanismen. Armut in den USA wird als persönliches und nicht als soziales Problem behandelt. Das ist der Grund warum gerade BLM Aktivisten fordern: „Defund the police“. Diese Aktivisten realisieren, dass sensitivity training oder racial bias training oder das feuern von rassistischen Polizisten nichts bringt. Das Problem ist stattdessen, dass und wie Armut in den USA kriminalisiert wird. Und deshalb fordern sie, dass Mittel umverteilt werden: Weg von der Polizei und stattdessen in social service / Wohlfahrt. Das ist eine klassisch linke / sozialdemokratische Forderung. Die sozialen Grundlagen der Kriminalität bekämpfen! Und dass nahezu alle prominenten BLM Vertreter Sympathien mit Bernie Sanders oder den Democratic Socialists of America haben, ist doch allgemein bekannt.

Solange diese grundlegenden Probleme nicht behandelt werden, wird sich auch nichts ändern - dem ganzen woken Kapitalismus zum Trotz.


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