Thema:
Re:Merken die nicht was für ein furchtbares Zeichen es wäre flat
Autor: deros
Datum:07.02.20 17:45
Antwort auf:Re:Merken die nicht was für ein furchtbares Zeichen es wäre von Phil Gates

>>wenn Parteien, die gerade mal 5% bzw. 8% der Wählerstimmen erhalten haben, den Ministerpräsidenten stellen würden? Am Ende kommt es natürlich darauf an, eine regierungsfähige Mehrheit zu erhalten, aber dennoch darf Politik nicht zu einem Selbstzweck der Parteieninteressen werden, der die Stimmen der Wähler ignoriert. Ein Ministerpräsident muss nicht unbedingt der stärksten Partei angehören, aber es muss trotzdem ein Mindestmaß an Rückhalt in der Bevölkerung bestehen - und bei Parteien, die es nicht einmal schaffen, die 10%-Marke zu knacken, ist das ganz einfach nicht gegeben.
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>Ich gehe mal davon aus, dass ein Linke-Wähler mit einem MP von Grünen oder SPD gut leben kann. Dass ich Linke wähle heißt ja nicht, dass ich nicht auch die SPD gut finde. Im Gegenteil, die Koalitionsaussage war ja eigentlich klar. Übrigens ist dieses Argument "Wählerwille" ziemlich abgenudelt, ein Wahlergebnis spiegelt nie einen "Wählerwillen" wieder. Jeder Wähler hat vermutlich völlig individuelle Gründe, Partei X oder Partei Y zu wählen. Einen kollektiven Wählerwillen zugunsten einer bestimmten Koalition oder Person kann man daraus daher nicht ableiten. Es gibt in Thüringen nicht ganz wenige Leute, die Linke wählen, weil sie Ramelow mögen, aber bei der Bundestagswahl seit 30 Jahren zuverlässig CDU gewählt haben. Die wünschen sich womöglich eine schwarz-dunkelrote Koalition. Mancher CDU-Wähler wünscht sich aber vielleicht im Gegenzug eine Koalition mit der AfD. Und wieder andere denken vielleicht sogar, eine große Koalition aus AfD und Linke sei eine gute Idee. Hilft nix, das Ergebnis ist da, und ab dann liegt es in der Hand der Parteien, das Beste draus zu machen und eine Regierung zu bilden.
>Vielleicht noch eins: Die CDU hat bei der BTW 1976 die absolute Mehrheit nur haarscharf verfehlt, die Schmidt-SPD lag weit dahinter. Nur durch die Koalition mit der FDP konnte die SPD weiterregieren. Auch 1980 war die CDU bedeutend stärker (trotz der Anti-Strauß-Bewegung) als die SPD. Um genau zu sein war die SPD nur 1972 und 1998 stärker als die CDU, sonst nie. Damals hat SPD und FDP der angebliche Wählerwille nicht die Bohne interessiert.


Zwei Sachen: 1.) Du stellst zu erst die These auf, dass Linken-Wähler sich sicherlich mit einem SPD-Minister arrangieren könnten, erläuterst aber im Rest des Postes, weshalb ein solcher Schluss eben nicht so einfach möglich ist. Dass jemand Die Linke wählt, heißt im Umkehrschluss eben nicht, dass die Person auch SPD oder Grüne wählen würde und sich durch einen Minister dieser beiden Parteien repräsentiert fühlen würde. Ich halte es für zu einfach, das schwache Abschneiden der SPD in Thüringen mit der Stärke der Linken zu erklären und ich halte es für umso klarer, dass die Grünen in Thüringen - wie im gesamten Osten - noch immer stark mit der gesellschaftlichen Akzeptanz zu kämpfen haben. Es wäre ein fatales Signal in einem Bundesland, in welchem die Politik in der Gesellschaft ohnehin schon einen schweren Stand hat, jemanden zum Minister zur wählen, der lediglich 5% oder 8% der Wählerstimmen hinter sich hat. Das würde lediglich den Eindruck stärken, dass die eigene Stimme nichts wert sei und am Ende eh nur gemacht wird, "was die da oben" wollen.

2.) Schreibst du an meinem Post vorbei. Ich zitiere mich noch einmal selbst: "Ein Ministerpräsident muss nicht unbedingt der stärksten Partei angehören, aber es muss trotzdem ein Mindestmaß an Rückhalt in der Bevölkerung bestehen - und bei Parteien, die es nicht einmal schaffen, die 10%-Marke zu knacken, ist das ganz einfach nicht gegeben."

Ich rede nicht davon, dass die stärkste Partei den Ministerpräsidenten (oder Kanzler) stellen muss. Im Gegenteil, ich sage ganz konkret, dass dies nicht der Fall sein muss - und schrieb auch selbst, dass es am Ende darauf ankommt, eine Mehrheit hinter sich versammeln zu können.

Der Knackpunkt an der Thüringer Situation ist die enorme Abgeschlagenheit der Alternativen. Du ziehst Vergleiche mit etwa der Bundestagswahl 1976, bei denen die SPD über 42% erhalten hat und nennst das "weit hinter" der CDU. Wenn ein relativer Stimmenunterschied von 10% für dich bereits "weit dahinter" ist, musst du doch erkennen, dass wir von einer völlig anderen Dimension sprechen, wenn wie in diesem Fall die Linke das fünf- bis sechs-fache des Ergebnis der SPD und Grünen eingefahren hat.


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