Thema:
Strukturelle Probleme im Asylverfahren flat
Autor: peppi
Datum:02.01.20 12:34
Antwort auf:Die M! Tageszeitung - Journalismus VIII von Kilian

Von Zeit-Online, lang:

[https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-12/asylpolitik-ankerzentren-migranten-fluechtlinge-bamf]

Mutter und Tochter teilen eine fast gleiche Flucht-Geschichte, die Tochter wird anerkannt, die Mutter abgelehnt. Ein Problem ist wohl, dass Asylsuchende aufgrund der Konzeption der sog. Ankerzentren Probleme damit haben, Beratung zu finden:

Statt über ihre individuellen Fluchtgründe scheint sie über die unsichere Lage und den Vormarsch der Taliban in ihrer Heimatregion gesprochen zu haben – obwohl solche individuellen Einschätzungen für die Anhörung weitgehend irrelevant sind. Denn die Entscheider verlassen sich bei der Beurteilung der jeweiligen Sicherheitslage auf sogenannte interne Herkunftsländer-Leitsätze und Dienstanweisungen. Alles deutet darauf hin, dass Hava Samar zum Zeitpunkt der Anhörung keine Vorstellung davon hatte, welche Aspekte ihrer Geschichte für das Asylverfahren wichtig sind und welche Bedeutung das Gespräch für ihren Aufenthalt in Deutschland hat.

Nach EU-Recht müssen Asylsuchende in allen Phasen ihres Verfahrens die Möglichkeit haben, eine individuelle Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen. Faktisch hängt dagegen selbst die Frage, ob sie auch nur über die Grundlagen des Asylverfahrens informiert werden, vom Ort und vom Zufall ab. Je nach Bundesland und Aufnahmeeinrichtung ist die Beratung anders oder womöglich gar nicht vorhanden. Viele Antragstellerinnen und Antragsteller stolpern völlig unvorbereitet in ihr Verfahren hinein. Und die Beschleunigung der Verfahren in den Ankunfts- und Ankerzentren hat diese Situation noch verschärft. Ein Richter des Bundesverwaltungsgerichts sagte im Mai als Sachverständiger vor dem Innenausschuss des Bundestages zur Qualität der Asylverfahren in Deutschland: "Rechtsschutz als Lotterie ist eines Rechtsstaats unwürdig."


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