Thema:
Re:Regierung will Behördenzugriff auf Passwörter flat
Autor: Phil Gates
Datum:17.12.19 15:36
Antwort auf:Re:Regierung will Behördenzugriff auf Passwörter von _bla_

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>>Das sind natürlich Straftaten, aber das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Über 8.000 Anordnungen von TK-Überwachung wegen des Verdachts auf BTM-Handel und weitere 8.000 wegen Einbruch, Betrug, Computerbetrug etc. Aus dem näheren Umfeld weiß ich, wie schnell man in den Verdacht gerät, ein Drogendealer zu sein und dann wird erst Mal großzügig alles abgehört.
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>Ich würde es ja Informationspflichten für sehr sinnvoll halten. Eine öffentliche Kontrolle ist schließlich nur möglich, wenn auch klar wird, wie überwacht wird. Nach ein paar Jahren müssten imho alle Betroffenen informiert werden und ggf. auch nachträglich noch gegen die Maßnahme klagen.
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>> Und das Perfide dabei ist: Wenn sich rausstellt, dass Du zwar keine Drogen gedealt hast, aber Dir sonst irgendetwas hast zuschulden kommen lassen, dann kann dieser Zufallsfund problemlos verwertet werden.
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>Wobei ich Beweisverwertungsverbote nie so richtig logisch fand. Dort wurde ja tatsächlich eine Straftat begangen und Straftaten werden ja nicht legal, dadurch daß sie so begangen werden, das es eine Aufdeckung sehr unwahrscheinlich ist.


So wird ja auch in der Tat argumentiert, die bösen Amis sind da deutlich strenger mit ihren Ermittlungsbehörden. Fruit of the poisonous tree doctrine.

Ich sehe hier schon ein immenses Problem. Jeder, ausnahmslos jeder, begeht hin und wieder Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. Natürlich in der Regel nichts Dramatisches. Aber Nötigungen, Beleidigungen und ggf. Körperverletzungen hat wohl jeder schon begangen, von Owis wie gesagt ganz zu schweigen. Wenn man die - eigentlich ungerechtfertigte - Überwachung damit rechtfertigt, dass ja doch zumindest eine Straftat begangen wurde (die aber keine Katalogtat ist und wegen derer nie eine TK-Überwachung hätte angeordnet werden), dann kann man das Grundgesetz gleich in die Tonne kloppen. Denn Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das Post- und Fernmeldegeheimnis usw. sind nun einmal nur ausnahmsweise zulässig und müssen verhältnismäßig sein.

>Ich würde es für sinnvoller halten, wenn unrechtmäßige Überwachungsmaßnahmen zu Schadens- und Schmerzensgeldansprüchen führen würden und es spürbare Strafen gäbe für die Mitarbeiter, die offensichtlich rechtswidrige Maßnahmen durchführen. Das würde dann nämlich auch denen helfen, die tatsächlich nichts verbrochen haben.
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Die Beamten sind ja durch § 839 BGB privilegiert, der Staat nimmt ihnen nach außen die Haftung ab, und im Innenverhältnis haften sie nur bei Vorsatz. Und tatsächlich haben wir die Rechtslage bereits jetzt, wenn sich ein Beamter zumindest fahrlässig zu Unrecht eine TK-Überwachung erlauben lässt, löst das in der Theorie Ansprüche wegen Amtspflichtverletzung gegen den Staat aus. Nur wird es in der Regel unmöglich sein, einen Schaden zu beweisen. Und auch "Schmerzensgeld" gibt's nur dann, wenn man z.B. eine Rufschädigung erlitten hat oder durch die Ermittlungen psychisch krank geworden ist. Ich habe gerade eine solche Klage wegen einem etwas anders gelagerten Sachverhalt eingereicht, aber das war auch wirklich ein eklatantes Fehlverhalten, und ausnahmsweise ist der Schaden ganz gut zu belegen.


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