Thema:
Re:Nur kurz flat
Autor: Felix Deutschland (deaktiviert)
Datum:07.12.19 23:46
Antwort auf:Nur kurz von thestraightedge

>Es ist ein renommierter bzw. beliebter Laden im Nachbarort, Preisklasse für die Gegend gehoben (teuerster Salat 18 €), macht auf gutbürgerlich meets mediterran, 50 Speisen inkl. allem, keine Ahnung, habe nicht genau gezählt. Es gab aber 9 Nachspeise-Variationen - die habe ich studiert, da meist veggie und ggf. Lückenbüsser. Vielleicht warens auch nur 40, die Zahl vorhin war hingerotzt und sollte Variantenreichtum belegen.

Trotzdem, wer so viele Gerichte a la carte raushauen kann, muss a priori flexibel genug sein schnell mal was auszutauschen. Das sind ja auch Zutaten für all diese Gerichte, die ganzen Rezepte die man im Kopf haben muss. Vor allem, wenn das einer alleine macht, ohne Sous Chef oder so, da brauchste ja nur zwei Folgen Rach der Tester gucken um zu wissen, dass man da vielleicht eine etwas zu dünne Personaldecke hat.

>Dein Vergleich mit Nuss und Co. finde ich deplatziert.

Das war kein Vergleich, das war ein weiteres Beispiel für Szenarien, auf die eine Küche in der Lage sein sollte, einzugehen. Nirgendwo stelle ich einen höheren Zusammenhang her als das dass ebenfalls ein Fall ist, ein realistischer und legitimer Fall, wo man vielleicht was ändern muss.

>Ich habe NICHTS besonderes verlangt, es wirkte von vorn herein wie eine Abwehrhaltung, während anderswo problemlos reagiert wurde. Ich wollte nicht vegan essen, ich habe keine Inhaltslisten abgefragt, ich wollte keine Menüs umbauen die bereits fertig irgendwo schmoren. Jedes Aufsehen im Restaurant als Veggie ist mir seit jeher komplett unangenehm.

Das hab ich schon verstanden, und ich kenne das Gefühl auch als Nicht-Vegetarier. Jede Gastronomie, die dir in irgendeiner Form ein schlechtes Gefühl gibt, weil du da Gast bist, ist scheiße. Ob das ne Dönerbude ist oder das Tantris.

>Ich wollte ne fucking Aubergine statt Brathuhn auf einem Salat, und kam mir wie ein dummer Bittsteller vor, der nach Nusseis ohne Nuss gefragt hat, und für den die Cola zur Strafe dann 7 € kosten sollte.

Ja eben. Der Koch muss halt ein anderes Fertigprodukt auf den Salat schmeißen als vorher, wtf. Das ist entweder Inkompetenz oder zu wenig Personal oder beides.

>Hätte ich im Pfui-Thread geposted, dass man mir in einem Restaurant irgendeinen banalen Beilagentausch neben meinem Steak dreist verwehrt bzw. für minderwertige Alternative einen Strafaufschlag kassieren wollte, wäre einhellig "Sauladen, geh nicht mehr hin" die Antwort gewesen. Hier im Thread? Antworten die Fleischesser "ja, bist halt ne Veggie-Schneeflocke, stell Dich nicht an, ist deren Recht, geh halt ins Veggierestaurant". Schön.

Deswegen meine Frage in der Überschrift. Nimm das nicht persönlich (Die Reaktionen hier; die Behandlung in dem Restaurant kannst und solltest du nicht anders nehmen als persönlich), der Laden ist scheise und geh da nimmer hin. Was du schilderst, ist das Verkacken der absoluten Basics in der Gastro. Solche Läden können nur mangels Konkurrenz existieren.

Das hat auch was damit zu tun, wie man sein Handwerk versteht als Gastwirt. Und wie ernst man das nimmt. Ungeachtet von Zeitgeist oder sonstwas sollte jeder Koch in der Lage sein, einem Gast, der bspw. kein Schwein isst, ein Gericht ohne Schwein zu kredenzen. Das hat was mit Stolz zu tun, den man in seinen eigenen Skill hat, ob als Gastwirt, der für ausnahmslos jeden Gast einladend ist oder für einen Koch, der mit solchen megaharten Challenges konfrontiert wird. Eine Küche ist doch keine Ansammlung von Robotern, die bei der kleinsten Änderung im Ablauf nen BSoD fabriziert, "does not compute". Gerade das ist ja der Schatz dieses Gewerbes, Leuten das Gefühl zu geben, willkommen zu sein. Und wenn man erstmal zwanzig Minuten diskutieren muss, ob die furztrockenen Hühnerbruststreifen durch etwas ähnlich preiswertes ersetzt werden können, besonders wenn es sich um die Garnierung eines Salates handelt, also einfach nur dieselbe Hand kurz nach einer anderen bereits fertigen Zutat greifen muss, dann darf man zurecht davon ausgehen, nicht wirklich willkommen zu sein.
Und ein Restaurant, das italienisches Essen anbietet, aber keine vegane Puttanesca hinkriegt, selbst wenn sie nicht auf der Karte steht, macht irgendwas fundamental falsch.

Das macht man entweder unabhängig davon, ob man nen 3-Euro-Döner betreibt oder ein Michelin-Stern-Haus, oder man geht halt irgendwann pleite. Oder man wird eines dieser schlimmen Restaurants, die obwohl sie scheiße sind ewig existieren und laufen wie Hulle.

Es gibt wenige Dinge, die ich lieber lese als Yelp-Reviews von _richtig_ miesen Restaurants. Das sind ganze Elogien der Self-Ownage, bei denen man sich fragt, warum manche Leute von allen Berufen sich ausgerechnet den ausgesucht haben, wo sie Essen für Fremde herstellen und servieren müssen. Legendär bspw. das Casa Populare in Pankow:

[https://www.yelp.de/biz/il-ritrovo-cucina-casalinga-popolare-berlin]

Aber auch bei Pizza.de gabs in den damals einsehbaren Kundenbewertungen teilweise richtig geile Comedy.

Mich hat sogar mal ein Wirt nachts viertel vor vier angerufen (!), dass ich meine 1-Sterne-Wertung (Pizza war am Kartondeckel komplett festgeklebt, sorry, aber legitim) bitte ändern soll weil sein Geschäft sonst schlechter läuft. Völlig irre. Aber das ist nochmal ne andere Geschichte.


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