Thema:
Re:Jusos Bundeskongress flat
Autor: suicuique
Datum:25.11.19 16:41
Antwort auf:Re:Jusos Bundeskongress von Scarface

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>>>weniger Arbeitnehmerrechte
>>Kannst Du da konkreter werden?
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>Grundsätzlich die komplette Agenda 2010, wo ein Arbeitnehmer, trotz Jahrzehntelangem Einzahlen nach 12 Monaten in die Armut (Hartz 4) rutschen kann. Der dann gezwungen werden kann, auch ihm komplett fremde Scheissjobs anzunehmen, damit er bloß keinem auf der Tasche liegt.
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>Mit den ganzen anderen Maßnahmen wie häufiger befristete Arbeitsverträge, oftmaligem Fehlen eines Tarifvertrags, Unterwanderung und Stigmatisierung der Personalratsmitarbeiter u.s.w. sehe ich es durchaus so, dass ein Arbeitnehmer im Jahre 2010 in Deutschland weniger Wert ist als im Jahre 1986 und viel abhängiger vom Ag ist als noch vor 30 Jahren und sich sehr viel mehr gefallen lassen muss ohne sich groß verteidigen zu können.


Diesen Eindruck hatte ich bis dato nicht. Gebe aber gern zu dass ich keine Erfahrung in dem Bereich habe und mich täuschen kann.

Aber wenn es so ist und es mal früher anders war: nichts hindert das System wieder in die ursprüngliche Richtung zu justieren.

>>> keine 50/50 Aufsplittung der Sozialversicherungsbeiträge mehr mit dem AG
>>
>>Das ist mir neu.
>>Dann berechne ich die AG SV Beiträge in meinen Gutachten zu Firmenkunden wohl falsch!!11 :)
>>
>>Wo konkret gibt es keine 50/50 SV Teilung?
>>RV, KV, AV, PV?
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>In der KV zahlt der AG nur den allgemeinen Beitragssatz zur Hälfte. Der Zusatzbeitrag, den fast jede Kasse erhebt, bleibt komplett beim Arbeitnehmer liegen.
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>In der PV müssen kinderlose einen Zusatzbeitrag zahlen der glaube ich auch nicht vom Ag übernommen wird.
>
>Ist nicht viel, aber zeigt wohin die Reise gehen wird in den nächsten Jahren.
>Also komplett 50/50 ist es nicht mehr meiner Meinung nach.


Du hast Recht. Wenn man es genau nimmt ist es nicht genau 50/50.
Ich habe mich nur an dem "keine 50/50 Aufteilung" gestört weil es sie IMO noch im Wesentlichen gibt.

>>
>>>, Lockerung von Zeitarbeitsverträgen, Lockerung der Regelung von befristeten Arbeitsverträgen, Hartz4, und noch sehr vieles mehr.
>>
>>Daraus eine Notwendigkeit des Übergangs von Privatbesitz in Vergesellschaftung abzuleiten halte ich für überstürzt.
>
>Ich bin der Meinung, dass bestimmte Bereiche, auch in einer kapitalistischen Volkswirtschaft aus dem "Handel" rausgenommen werden müssen oder zumindest irgendwie gedeckelt werden müssen.
>Dazu zähle ich Wohnung, Wasser, Gesundheit, Schule, Infrastruktur.
>Das sollte dem Staat und damit den Bürgern gehören.


Da werde ich nicht mal widersprechen.
Versorgungsstrukturen sollten unabhängig von der Maxime der Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Aber es ist noch nicht so dass ich hier bis dato eine ernsthafte Gefahr ausmachen würde.

Im Ausgangsbeitrag steht aber auch: Wesentliche Produktionsmittel“ sollen „vergesellschaftet“ werden
Das schiesst deutlich übers Ziel hinaus. Und das ist die Syntax von Planwirtschaften mit denen ich keine guten Erfahrungen gesammelt habe.


>>>Wie kann man mit diesen Eindrücken trotzdem noch uneingeschränkt für den Kapitalismus plädieren?
>>
>>Wo plädiere ich uneingeschränkt für den Kapitalismus?
>>Indem ich darauf hinweise dass es zu Schieflagen gekommen ist die zu beheben notwendig ist?
>>
>>Ist so eine Polemik deinerseits wirklich notwendig?
>>Schade.
>
>ich schwöre, dass es nicht polemisch gemeint war. Für mich kam es so rüber, weil du kategorisch das als schlechter darstellst als den Ist-Zustand.
>Wollte dich nicht anpissen mit dem Spruch. War so dahingetippt. sorry dafür.


Alles gut. Kein Problem.

>Ich bin mit der allgemeinen Ist Situation einfach unzufrieden und glaube halt auch nicht daran, dass es irgendwelche Änderungen geben wird zu Gunsten der "schächeren" Schicht. Du glaubst anscheinend noch daran und da kommt bei mir die Frage auf, "von wo zum Teufel holt er sich diesen Optimismus her?"  :-)

Oh, nein. Du verwechselst bei mir die feste Überzeugung dass Privateigentum (gerade im Bereich von Produktionsmittel) was fundamental Gutes ist und (nahezu zu jedem Preis) geschützt werden sollte, mit Optimismus dem Kapitalismus und seinen Auswüchsen gegenüber.
Ich verharmlose gewisse Entwicklungen nicht. Und ich bin auch der Meinung dass Korrekturen notwendig sind. Die verorte ich aber vor allem im weiten Feld der Finanzspekulationen und nicht im elementaren Feld des Eigentums.

Ich finde schlicht es fallen auf dem Kongress Schlagwörter die zutiefst vorbelastet sind, und derer es überhaupt nicht bedarf.

EDIT: Die gesellschaftlichen Herausforderungen nötigen uns Veränderungen und Korrekturen ab. Aber die Notwendigkeit einer Revolution sehe ich nicht. Schon gar nicht wenn ich gedanklich die wichtigsten Revolutionen der Menschheitsgeschichte Revue passieren lasse und zu was sie letztlich geführt haben. Die Romantisierung des Begriffs "Revolution" ist mir zutiefst suspekt.


gruß


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