Thema:
Ein paar eigene Momente flat
Autor: Joschi
Datum:27.09.19 09:37
Antwort auf:Würdet ihr aus "moralischen" Gründen kündigen? von 677220

>Ich frage für einen Freund und weil mich das mal so interessiert.
>
>Angenommen ihr arbeitet in einem Unternehmen und dieses steigt plötzlich in ein zwar legales, aber auch umstrittenes, sagen wir Rüstungsexporte, Geschäft ein. Ihr seid aber sowohl grundsätzlich, aber auch im konkreten Fall eigentlich ein Gegner von Rüstungsexporten.  
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>Es würde ja nichts ändern, wenn ihr kündigt. Aber Euer Geld, selbst, wenn ihr nicht direkt daran arbeitet, wurde damit erwirtschaftet.
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>Ich selber weiß nicht, wie ich reagieren würde. Der eigentliche Adressat für eine Änderung wäre ja die Politik.


Ich finde es schwierig. Hier ein paar eigene Beispiele von vor >10 Jahren.

Wir hatten mal bei einem Forschungsinstitut den Fall, dass große Landschaftsstrukturen in VR visualisiert werden sollten, Grundlage GoogleMaps. Dann kamen Häuser dazu, dann Fahrzeuge. Der Kollege hat fleißig dran gearbeitet. Kurz vor der nächsten Präsentation kam neues Kartenmateriel und Modelle: die Karten waren Afghanistan, die Modelle Panzer. Schwupp die Wupp, war der Kollege mit im Thema, ohne das jemals geplant zu haben. Der Übergang war fließend, das Herzblut seiner Arbeit steckte drin, die Zukunft seiner Stelle auch.

Ich war froh, nicht in seiner Haut zu stecken. Andererseits war meine Forschungsstelle finanziert durch die Öl- und Gasindustrie. 3D Interaktion mit seismischen Volumendaten. Auch spannende Leute. Bei Shell in Rotterdam hab ich mal gefragt, wie sie das moralisch sehen. Die haben erst mal gemeckert, wie schlimm diverse andere Firmen oder vor allem Länder seien, und wie sie von denen verarscht und ausgenommen werden. Tja und letztendlich fahren wir alle Auto und heizen mit Öl und Gas. Trotzdem möchte man nicht noch aktiv weiter zu der Entwicklung beitragen.

Ich hab mich auch mal beworben bei einem anderen Institut, es ging um Mensch-Maschine-Interaktion und Augmented Reality. Im Bewerbungsgespräch wurde dann schnell klar worum es geht: Soldat der Zukunft war das Thema. Technologisch natürlich hoch interessant. Ich fragte den Gesprächsleiter nach seiner moralischen Meinung dazu. Er meinte, dass es halt zu unserem Land gehört und man sich immer fragen muss wem man hilft, den eigenen Soldaten oder den anderen. Da trifft halt Realismus auf Pazifismus und es ist sehr schwer allgemein lösbar, sondern eine subjektive Gewissensentscheidung.

Ich habe mich dann für eine alternative Stelle mit 2 Std mehr an täglicher Pendelzeit entschieden. Aber ob ich das mit Kindern im Alltag zu organisieren und ohne alternative Stelle auch so gemacht hätte?


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