Thema:
Re:Welche Welt darf es denn sein? flat
Autor: Sockenpapst
Datum:24.09.19 15:43
Antwort auf:Re:Welche Welt darf es denn sein? von token

>Das weiß ich nicht, aber das sind meines Erachtens die Fragen die man stellen muss.

Weißt Du, ich hacke mehrfach auf diesem Punkt rum, da mir tatsächlich nicht klar ist, wo Deine Kritik eigentlich hin will. Das ist per se nicht schlimm. Aber um mich in Bewegung zu setzen, brauche ich eine Möhre, die mir vorgehalten wird. Und kein "Lass uns mal gemeinsam einen Stuhlkreis bilden". Ich weigere mich, den Status quo zu verdammen, wenn die Alternative nicht attraktiver erscheint. Das klingt jetzt despektierlicher als ich es meine, aber tatsächlich sehe ich die ganz konkrete und historisch in unendlicher Ausprägung belegte Gefahr, dass gute, aber ergebnisoffene Ideen zu schnell pervertiert werden, weil das hehre Ziel die Mittel rechtfertigen soll. Und welches hehrere Ziel als die Rettung der Welt könnte es geben?

>Prinzipiell wäre es vorstellbar mit einem Schwenk zu mehr Nachhaltigkeit solche Grundprinzipien zu wahren, Verkaufsfrequenzen würden zurückgefahren, analog würden die Produktpreise hoch gehen, um Massenpleiten zu verhindern.
>Wir sind aber schon stark abhängig von dieser Struktur, diese wurde ja nicht grundlos in den letzten 50 Jahren vorangetrieben. Diese Struktur generiert mehr Kapital, daran zu rütteln würde also vermutlich Engpässe im Kapitalkreislauf generieren. Die abfangbar wären, wenn man an der Umverteilung von Kapital schraubt, da wird man aber auf Granit beißen wenn man an die dicken Lederbeutel möchte. Denn die dicken Lederbeutel sind längst in einer Diktatfunktion für staatliche Maßnahmen und sitzen auch dann am längeren Hebel wenn man sich davon von Staatsseite emanzipiert. Da hat man dann ad-hoc die Kubarolle.


Ich sehe es tatsächlich nicht ansatzweise so festgefahren und korrumpiert, dass nur eine quasirevolutionäre Veränderung die Rettung sein kann. Gerade Dein "Schwenk zu Nachhaltigkeit" ließe sich selbstverständlich innerhalb des Bestehenden umsetzen.

>Da verdrehst du was. Die Gehirnwäsche ist nicht auf Politik gemünzt, sondern darauf was wir für uns selbst als wichtig erachten.

Ich sage, dass die Menschen tatsächlich entsprechend ihrer Prioritäten handeln und wählen. Das gefällt Dir und anderen hier nicht und mag auch in vielerlei Hinsicht zu kurz gesprungen sein. Aber nur weil ich auf Gangbangs ohne Gummi stehe, macht mich das nicht gehirngewaschen. Nur zu einem Idioten. Mit einer Stimme im demokratischen Prozess. Und auf Grundlage dieser Annahmen sehe ich die Gefahr, dass Du im Glauben ein Wirtschaftsmodell zu kritisieren und letztlich zu ändern, unbewusst die demokratische Gesellschaftsordnung umreißt. Weil in dieser jede einzelne gottverdammte Maßnahme abgestimmt werden muss, was gerade objektiv problematisch ist.

>Ich rechne hier auch nicht damit dass sowas angenommen wird, dein Lebensentwurf ist bullshit den man dir in den Kopf gepflanzt hat, ist halt schon eine steile Aussage.
>Ich denke jedoch so dass das wirklich so ist.


Ich kürze diesen Aspekt massiv ab, da ich dieser zentralen These nicht im Ansatz mitgehe. Let´s agree to disagree.

>Ich behaupte nicht die Lösung zu kennen, ich sage nur, wenn es eine Lösung gibt, dann außerhalb des Systems das wir praktizieren. Denn in diesem System ist die Problematik Umweltsünde so integral verwoben mit den Prinzipien die das System überhaupt am Laufen halten, dass es das Problem nicht lösen kann, nicht lösen wird, und wenn man hinschaut was gerade passiert, auch gar nicht lösen will.

Siehe Antwort auf Chrom.

>>>Demokratie ist gut, Freiheit ist Menschen wichtig und ein wertvolles Gut, aber ein Staat muss in erster Linie seinen Bürgern und nicht der Industrie unterstellt sein und sich letztlich seine Autonomie wahren.
>>
>>Bei diesem Satz schüttelt es mich. Ernsthaft.
>
>Why.


Weil Du Demokratie und Freiheit durch ein "aber" des autonomen Staates einschränkst.

>Glaubst du wirklich dass die Industrie staatliche Regulation nicht über die Zeit zunehmend unterwandert hat?

Doch, klar, dafür gibt es viele Einzelbeispiele. Doch sehe ich nicht das Problem, dass hier kein Umsteuern möglich sei. Ich sehe tatsächlich viele kaputte Bäume. Aber einen schicken Wald. Und um diesen zu retten, muss man marktwirtschaftliche Instrumente (u.a. lenkende CO2-Steuern/Zertifikate) bemühen.

Und an anderer Stelle kann man sozial- und finanzpolitisch massiv intervenierend auftreten. Natürlich geht das, das müssen die Leute aber auch wählen. ies alles ist jedoch für die Rettung des Waldes gar nicht zwingend erforderlich und ich halte es, mal ganz konkret gesprochen, auch nicht für den vielversprechendsten Ansatz, soziale mit Umwelt-Fragen zu vermengen. Ganz im Gegenteil.

>Kapitalismus setzt integral auf Wachstum. Ein Abbruch von Wachstum erschüttert das System.

Ich sehe keinen Grenzen Abbruch des Wachstums, sorry, Club of Rome. Ich sehe ein Ende spezieller Produktionstechniken oder Ernährungsgewohnheiten, ein Ende einer ölbasierten Fertigung, etc. pp., aber keine Welt, in der individuelles Gewinnstreben, die Weiterentwicklung des Bestehenden und die Entwicklung komplett neuer Techniken aus egoistischen Gründen aufhörten zu existieren.


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