Thema:
Re:Nach mir die Sintflut flat
Autor: Phil Gates
Datum:24.09.19 11:37
Antwort auf:Re:Nach mir die Sintflut von Link

>>>>Danke. Vielleicht gibt es hier ein Missverständnis, der Ausgangspunkt war doch die Debattenkultur. Und nur die stört mich. In den Medien wird seit Monaten nur noch auf den bösen Autos und ggf. Flugreisen rumgeritten. Ich meine aber, dass wir da kurzfristig kaum erreichen werden, dass der berufstätige Familienvater seinen Diesel-Kombi verschrottet und sich ein EV kauft. Ebensowenig wird man von heute auf morgen völlig aufs Fliegen verzichten können. Auch haben wir derzeit für die Grundlastversorgung als Alternative zur Kohle in Deutschland nur Atomstrom. Der Ausbau des ÖPNV muss Genehmigungsprozesse durchlaufen, die ewig dauern werden.
>>>
>>>Wieso sollte der Familienvater das mit den entsprechenden Anreizen nicht tun?
>>
>>Weil er dazu kein Geld hat?
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>Die Anreize müssen so stark sein, dass es für ihn sogar günstiger ist.


OK.

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>>>Niemand sagt, dass wir "völlig aufs Fliegen verzichten" sollen, aber auf viele, >gerade innerdeutsche Flugreisen, kann man tatsächlich verzichten.
>>
>>Einverstanden.
>
>Ok.
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>>>Den ÖPNV kann man mit zusätzlichen Busspuren kurzfristig ohne große Eingriffe stark ausbauen, natürlich auf Kosten des Individualverkehrs.
>>
>>Busse sind zu langsam und Du überschätzt deren Kapazität, wenn Du den Individualverkehr gleichzeitig einschränken willst, da braucht man dann ganz schön viele Busse, Straßenbahnen, U-Bahnen und S-Bahnen sind hingegen da shizzle.
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>Dann braucht es eben ganz schön viele Busse. Hier in München ist z.B. die U6 oft massiv überlastet, und das wird in den kommenden Jahren sicher noch schlimmer. Die U6 führt aber an einer großen Straße entlang. Würde man dort den Autoverkehr einspurig gestalten und Parkplätze abschaffen - ja, das wäre ein massiver Eingriff -, könnte man dort praktisch ununterbrochen Busse rollen lassen. So würde man die Menschen davon abhalten, da mit ihren Autos langzurollen, weil es einfach saulästig zu fahren ist und sowieso keine Parkplätze vorhanden sind, ihnen aber zugleich eine gute Alternative anbieten. Langfristig sind Straßenbahnen oder gar weitere U-Bahnen natürlich besser, aber es gibt durchaus kurzfristige Lösungen.
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Wäre ich dabei. Aber viele sind ja der Meinung, es gäbe ein Grundrecht auf einen Parkplatz im öffentlichen Raum. Kostenlos. Ich habe drei Stellplätze und dafür vor 8 Jahren 35.000 Euro bezahlt. Vor Kurzem wurde hier die Hauptstraße saniert: Radwege beidseits, Fahrspur dafür verengt, Gehwege begrünt. Dabei sind ca. 10 Parkplätze weggefallen. Was gibt es da einen Aufschrei. Mein Argument in der lokalen Facebook-Gruppe, dass wer parken will, sich halt einen Parkplatz kaufen soll, wird da jedes Mal niedergebrüllt. Was wird wohl ein OB machen, der wiedergewählt werden will? 100 Parkplätze entfernen? Ich sag ja, wir haben hierzulande das Problem, dass solche Dinge sofort eine BI triggern und das Thema dann versandet. Was nicht heißt, dass ich Deine Idee doof finde. Ich sehe da nur die Realitäten.

>>>Die Kohle kann durch einen starken Ausbau der Erneuerbaren langfristig überflüssig werden. Nicht einmal FFF will die Kohle sofort abschalten, sondern erst spätestens 2030.
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>>Die EEs können Kohle und Atomkraft so ohne Weiteres nicht obsolet machen, es sei denn, wir bauen unfassbar große Puffer, um Schwankungen auszugleichen. Ob wir bis 2030 technisch schon so weit sind, weiß ich nicht.
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>Und deswegen versuchen wir es jetzt nicht? Der Ausbau der Erneuerbaren ist doch so ziemlich das Einzige, was eine Zeitlang sogar besser lief als erwartet. Mal schnell einen 2015er-Artikel aus dem Öko-Propagandablatt "Welt" gegoogelt:
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>[https://www.welt.de/wirtschaft/article136927637/Windkraftausbau-uebertrifft-alle-Erwartungen.html]
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>Wieso nicht alles tun, um daran anzuknüpfen?
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Ich widerspreche Dir nicht. Ich sehe nur das Problem der technischen Umsetzbarkeit binnen relativ kurzer Zeit. Man mag mich gerne überzeugen, dass es geht.

>>>Alles gut, ja. Wobei noch niemand auf eine so radikale Idee wie die zwangsweise Einschränkung privater Flugreisen gekommen ist. Das kann man über den Preis steuern, ja, aber wenn ich dich an anderer Stelle nicht falsch verstanden habe, scheint dir da ja eine echte Begrenzung vorzuschweben.
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>>Naja, zwangsweise Einschränkung fordere ich nicht, da hast Du mich falsch verstanden. Ich finde es nur pervers, dass ein Flug nach Hamburg bisweilen billiger ist, als eine Bahnfahrt. Also entweder Bahn deutlich billiger machen (wird nicht passieren) oder Flüge teurer. Wer den Mehrpreis dann wegen einer halben Stunde Ersparnis bei Inlandsflügen zahlen will, soll das machen. Und es ist eben auch pervers, dass aufgrund der geringen Lohnkosten in Thailand, DomRep etc. es billiger ist, dort Urlaub zu machen, als in Spanien oder Italien oder an der Nordsee. Die Leute dort werden damit sogar doppelt gef...., wenn die Anreise begünstigt den Klimawandel und damit Überschwemmungen oder sonstige Naturkatastrophen und gleichzeitig zerstört der Massentourismus auch noch die Natur. Auch das sollte richtig kosten.,
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>Okay, dann stimme ich dir in diesem Punkt vollkommen zu. Aber wieso so defätistisch? Wieso sollte die Bahn nicht deutlich billiger werden, die entsprechende Förderung vorausgesetzt? Das komplette Klimapaket soll in vier Jahren 50 Milliarden kosten. Allein im ersten Halbjahr 2019 gab es einen Haushaltsüberschuss fast in derselben Höhe. Der gesamte Haushalt 2019 hat einen Umfang von gut 350 Milliarden. 50 Milliarden klingt nach viel, aber tatsächlich ist da noch viel Luft nach oben. Erst recht, wenn man mal die so heilige wie überflüssige schwarze Null antasten würde.
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Es kündigt sich schon eine massive Rezession an... dann ist eh vorbei mit der schwarzen Null. Und warum die Bahn nicht billiger wird: Weil sie ein Staatsunternehmen ist, was nicht auf Effizienz optimiert ist. Der Nahverkehr ist eigentlich ziemlich profitabel, aber das Geld wird jetzt schon in die ICEs investiert und dennoch sind die sauteuer. Warum eigentlich nicht den Markt für private Konkurrenz öffnen?

>>>>Ich versuche, die ganzen Vorschläge die gemacht werden nach "bringt viel und ist jetzt direkt machbar" und "müssen wir auch machen, wird aber leider dauern" zu trennen. Aus dem Grund finde ich den Ansatz der Regierung gar nicht so doof. Es wird sich zeigen, ob ein Kanzler Habeck da mehr durchboxen kann.
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>>>Das Problem am Ansatz der Regierung ist, dass sie kaum anfängt. Reine Förderprogramme sind schon oft ins Leere gelaufen, und der CO2-Preis wird überhaupt keine Lenkungswirkung entfalten.
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>>Ja, aber der Ansatz, zu priorisieren, statt sich in Details zu verzetteln, ist richtig. Aber natürlich würde auch ich mir wünschen, dass die EV noch mehr gefördert werden, damit sich eben der Familienvater aus meinem Beispiel eines leisten kann. Aber damit sind wir wieder bei Details und nicht dem großen Ganzen.
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>Aber wo ist im Klimapaket das große Ganze? Ich sehe nur lauter Fördermaßnahmen, die in Summe noch nie die erwünschte Wirkung hatten. Ein CO2-Preis mit Lenkungswirkung, das wäre mal was fürs große Ganze.


Das würde vor allem die Mittelschicht treffen. Und die ist gestraft genug, muss sie sich ja auch noch um die Rente kümmern.


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