Thema:
Vergessene Autos-Studien Part IV: All Hail to England flat
Autor: Xtant
Datum:22.09.19 13:20
Antwort auf:Auto-Thread #25: Auslaufmodell von Akima

So, nach  einem Jahr hab ich mal wieder Lust, alte Auto-Studien/Prototypen/Kleinstserien etc. ans Tageslicht zu zerren. Hauptsächlich aus den 60ern/70ern, weil ich ein Fan dieser Design-Ära bin.

Die ersten drei Folgen hab ich spontan nicht mehr gefunden, kann die Links aber nachreichen.

Diesmal: Großbritannien-Special - mit viel Italien-Anteil.

1: Reliant FW11: Von England über die Türkei und Schweden nach Frankreich
Reliant ist (war) eine dieser typischen englischen Buden zwischen Hinterhofbude, Kultfirma und vergeblichem Sprung zum Großserienhersteller. Bekannt ist Reliant vor allem für das ständig umfallende Dreirad in den Mr.-Bean-Folgen, sowie den hübschen Scimitar, 1968 quasi der Pionier der Kombicoupés.

Mitte der 70er bekam Reliant vom türkischen Hersteller Anadol/Otosan den Auftrag zur Entwicklung einer Mitteklasselimousine. Heraus kam der FW11 mit Gandini-Design (z.B. Lamborghini Countach/Diablo). Anadol lehnte dann doch ab, weil der Wagen recht luxuriös ausfiel und man dafür nicht die passenden Märkte sah.

1979 versuchte Gandini das Design als "Tundra" bei Volvo loszuwerden. Der im typischen Bertone-Design (Gandini war Bertone-Angestellter) gehaltene Tundra war Volvo aber - welch Wunder - zu futuristisch.

Letztendlich landete das FW11-Design schließlich bei Citroen, wo es 1982 als BX debütierte.
[https://i.wheelsage.org/pictures/r/reliant/fw11_prototype/reliant_fw11_prototype.jpeg]
[https://i.kinja-img.com/gawker-media/image/upload/s--otb_prLd--/c_scale,f_auto,fl_progressive,q_80,w_800/19a0631rekuhgjpg.jpg]

2. Vauxhall SRV Concept (1970)

Besonders viel gibts dazu eigentlich nicht zu sagen, das Bild spricht für sich selbst. Typisches Space-Age-Design irgendwo zwischen futuristisch, skurril und gefällig. Beachtenswert vllt. insoweit, dass die britische Autoindustrie zu der Zeit designtechnisch ziemlich weit zurückhing und der SRV vor diesem Hintergrund umso moderner wirkt, auch im Vergleich zur Studie der Opel-Schwester, die noch ein bisschen der 60er-Zeit hinterherhing.  

Was aber typisch ist: Auch Vauxhall ging es damals im Prinzip so schlecht, dass man nicht mal in der Lage (oder Willens) war, einen fahrfertigen Prototypen zu bauen. Das ist quasieinr eines 3D-Modell mit rudimentärem Fahrwerk undeiner Motorattrape, viele Teile wurden aus Holz gebastelt.

[https://www.classicdriver.com/sites/default/files/styles/full_width_slider/public/article_images/ww_srv_cd-48.jpg?itok=XSEfv2c_]

3. Jensen P66: England vs. Italia zum Ersten

Auch Jensen war ein typischer englischer  Klein(st)serienhersteller, der sportliche Coupés mit dicken Fremdmotoren versah. Mitte der 60er war der Jensen C-V8 mit seinem Chrysler-BigBlock einer der schnellsten Viersitzer seiner Zeit.

Besonders für den US-Markt war eine weitere Reihe in Planung, die gleichzeitig ein Nachfolger für den Austin-Healey 3000 werden sollte, einem bei Jensen gebuaten Oberklasse-Roadster. Jensens Hausdesigner Eric Neale entwarf ein ganz typisches 60-Jahre-Design, wie es britischer kaum sein konnte. Schick, aber altbacken. Den Jensen-Brüdern gefiel das Auto, der Finazinvestor wollte aber lieber auf ein hippes italienisches Design setzen. Heraus kam der von Michelotti gestaltete, doch recht bekannte, ultrateure Jensen Interceptor.

[https://i.pinimg.com/originals/32/50/dc/3250dcedad19ac34aab10895bbe81a2a.jpg]
[https://www.shannons.com.au/library/images/auctions/BF52EP05PV03HJB7/1600x1066/1968-jensen-interceptor-mk-1-coupe.jpg]

4. Jaguar XJ40: England vs. Italia zum Zweiten

Bereits kurz nach Erscheinen der legendären Jaguar-XJ-Limousine 1968 machte sich Jag an den Nachfolger. Zum Prozess gehörte auch, alle drei großen italienischen Designstudios (Bertone, Pininfarina, ItalDesign/Giugiaro) dazu einzuladen, einen Designvorschlag anzubringen.

Alle Entwürfe fielen eher kantig (und IMO auch eher hässlich) aus. Ihnen gemein war, dass sie weniger einen typischen XJ zeigen, sondern Jaguar eher ein italienisches Design "aufgezwängt" hätten. Jaguar lehnte denn auch dankend ab und bevorzugte ein InHouse-Design. Schön zu sehen ist hier, wie die Studios immer wieder auf typische Elemente zurückgreifen. Etwa Pininfarina beim "Knickwinkel" zwischen Heckscheibe und Kofferraumdeckel, der so auch beim Ferrari 400i und Rolls-Royce Camargue zu finden war.

Übrigens kam der XJ40 dann aufgrund diverser Umstände erst 1986 auf den Markt und damit über 5 Jahre später als ursprünglich geplant.

Pininfarina: [https://i2.wp.com/www.aronline.co.uk/images/pininjag_01.jpg?resize=600%2C270]
Bertone: [https://i0.wp.com/www.aronline.co.uk/images/bertoproto_04.jpg?resize=600%2C182]
1976 reichte Bertone noch einen Vorschlag nach, der zwar auch abgelehnt wurde, von dem sich aber doch einige Elemente am fertigen XJ 40 wiederfanden.
ItalDesign 1 [https://i.pinimg.com/originals/88/53/ee/8853eea8e4d9501a1461155658539186.jpg]
ItalDesign2 [https://i.pinimg.com/originals/0f/21/3c/0f213caf526bd3a02d1aff83b67990ef.jpg]
Die beiden Fotos stammen offensichtlich direkt vom Jaguar-Werksgelände. Im Hintergrund sind die anderen Vorschläge, etliche  Jaguars sowie die aufgereihte deutsche Konkurrenz zu  sehen.


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