| Schnäppchenjagd |  |
Gestern war ihre Welt noch in Ordnung gewesen. Gestern hatte sie gejagt - die neuesten Modetrends, den besten Latté, den netten Barista...
Sie wischte sich die Gehirnfetzen aus dem Gesicht.
Heute war sie die Gejagte. Sie konnte sich noch deutlich daran erinnern, wie der Lieferwagen plötzlich neben ihr angehalten, jemand sie gepackt, hineingeworfen und betäubt hatte.
Aufgewacht war sie in einer alten Industrieanlage, umringt von fies grinsenden Kerlen. Sie hatten ihr nichts getan, ihr sogar zu Essen und zu Trinken gegeben. Denn ihre Beute sollte heute Nacht für die Schnäppchenjagd topfit sein.
Nie hätte sie gedacht, dass ihr beim bloßen Gedanken an eine Schnäppchenjagd übel werden würde. Aber ihr Magen war schon leer. Der Inhalt lag irgendwo da hinten, neben dem zertrümmerten Schädel des fetten Texaners.
Der übergewichtige Kerl hätte ihre Annäherung vielleicht bemerkt, wenn er nicht so laut geatmet hätte. Bereits nach dem zweiten Hieb atmete er überhaupt nicht mehr, aber in ihrer Angst und Wut hatte sie ihm den Schädel mit der Eisenstange regelrecht zermatscht. Dann hatte der Japaner sie entdeckt und sofort mit seinem übergroßen Revolver geschossen, aber knapp verfehlt.
Sie schnappte sich die Pistole des Toten, bevor sie, befeuert von Adrenalin und dem Koffein aus zwei Energy Drinks, die metallenen Stufen hinunter polterte. Sie konnte die näherkommenden Rufe der anderen Jäger hören und es war der einzige Fluchtweg für sie aus diesem Raum.
In ihrer Pistole steckte ein überlanges Magazin mit mehr als dreißig Schuss. Das sollte reichen, um diesen Wichsern dieses Schnäppchen teurer bezahlen zu lassen, als sie es geplant hatten.
-------------
255 Wörter.