Thema:
Re:Hui / Pfui: Baby Rant (grafische Darstellung) flat
Autor: Phil Gates
Datum:09.09.19 10:44
Antwort auf:Re:Hui / Pfui: Baby Rant (grafische Darstellung) von X1 Two

>>>Ich glaub, ich muss mich einfach mal auskotzen:
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>>>Seit Dienstag, den 27.08.19 um 10:14 Uhr bin ich Vater einer bildhübschen Tochter namens Juna, mein erstes Kind.
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>>>Die Geburt war haarig. Montag 17:00 Uhr fingen die Wehen an. Um 2:30 Uhr ging's in das KH. 2 cm Muttermund offen. Ab aufs Zimmer, abwarten. Meine Frau konnte vor Schmerzen nicht stehen, nicht gehen. Wehen weghecheln ging nur im Liegen.
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>>>Um 9:00 Uhr früh waren wir im Kreissaal - 5 cm Muttermund. Hebammen-O-Ton: Jetzt kann die Geburt ja losgehen, ich bereite die PDA vor. Um 9:30 Uhr schickt mich meine Frau: Sie müsse jetzt pressen, ob sie darf. Hebamme kommt: Muttermund 8 cm. Die Wehen waren heftig, aber zu kurz. Der Chefarzt machte einen Dammschnitt und half mit der Saugglocke und um 10:14 Uhr war Juna da.
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>>>Ab da ging die Scheiße los: meine Frau hatte viel Blut verloren und kollabierte - weiß im Gesicht, blaue Lippen und zuckend. Ich rief die Hebamme und hielt meine Tochter, während meine Frau an Geräte zur Blutdruckmessung, Sauerstoffsättigung und Sauerstoffnasenbrille angeschlossen wurde und langsam wieder zu sich kam.
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>>>Nach dem Stabilisieren ging's aufs Zimmer. Bis Mittwoch sah meine Frau aus wie der wandelnde Tod und die Ärztin meinte, bei dem HB-Wert von 5,8 gibt man eigentlich Blutkonserven und sie verstünde nicht, warum meine Frau noch vor ihr sitzen würde. Eiseninfusion nun Mittwoch und Donnerstag.
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>>>Wir warteten jeden Tag auf die Entlassung. Der Wert stabilisierte sich erst Freitag. Mit 6,7 HB wurde sie entlassen.
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>>>Samstag, Sonntag ging schnell vorbei. Es war schön, beide wieder da zu haben. Meiner Frau tat alles weh, aber wir dachten, das wäre normal. 2 Paracetamol und 1 Ibuprofen je 12 Stunden.
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>>>Am Sonntag hörte sie ihren eigenen Puls im Ohr. Mit der nachbetreuenden Hebamme gesprochen - Montag ab zum Hausarzt.
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>>>Montag: Blutdruck 180/110 - Fehlmessung? 10 Minuten später 165/105. Starke Ödeme in den Beinen. Kopfschmerz. Reizhusten. Hausärztin nahm Blut ab: "Wir testen den HB-Wert und wegs dem Blutdruck... Es gibt da ne seltene Herzschwäche in der Endphase der Schwangerschaft. ist sehr selten, dürft nichts sein. Aber wir testen."
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>>>Abends der Anruf. HB-Wert 7,0 und die Marker haben ausgeschlagen. Ist die Herzschwäche - PPCM. Eisentabletten 100 angesetzt.
>>>Nun hieß es morgens und abends Blutdruck messen und morgen muss sie zur Kontrolle. Ramipril 5mg/12,5mg angesetzt.
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>>>Währenddessen lief die Woche weiter. Immer noch Schmerzen hoch 10. Am Montag das Eisen genommen. 6 Stunden Durchfall und Magenkrämpfe. Meine Frau kapitulierte: "Wenn ich das weiterhin nehme, dann bist du alleinerziehend." Abgesetzt. Stattdessen Kräuterblut. Am Donnerstag schaute die Hebamme die Naht an - alles offen. Fäden hängen seitlich und halten nichts. Aber sie kriegt das hin mit Tannolact-Sitzbädern und Bethaisadonna, kein Krankenhaus bitte.
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>>>Am Freitag um 9:00 Uhr ging's zur Nachsorge zur Frauenärztin: Ein Blick - Geht auf gar keinen Fall, sofort ins Krankenhaus. Die Naht hält nicht und der Schnitt geht sehr tief. Muss unbedingt genäht werden.
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>>>Meine Frau um 10:00 Uhr ins KH, Warten bis 15:30 Uhr. Die einzige Ärztin wurde zu einer Geburt gerufen. What the fuck... Was ist, wenn da mal einer abkratzt? Dann bei der Ärztin: "Ja, das näht man eigentlich nicht nochmal." Aber sie will zur Vorsicht die Oberärztin drauf schauen lassen. Oberärztin ein Blick: Wird Dienstag ambulant in Vollnarkose genäht, der Schnitt ist zu tief und völlig offen.
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>>>So, und da stehen wir nun. Warum ich das alles überhaupt und so ausführlich schreibe? Weil wir uns beide riesig auf unsere Tochter gefreut haben und freuen. Aber wir aktuell kein Land mehr sehen. Nur Stress und Krankheit.
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>>>Die Kleine selbst ist kerngesund, schreit fast nie und kommt alle 3-4 Stunden zum Essen. Bilderbuchhaft.
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>>>Aber das Drumherum gibt einem die Frage auf: Warum hat man sich das angetan?
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>>>Und ich hab hiermit mal Ballast abgeworfen.
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>>>Gesendet mit M! v.2.7.0
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>>Welcher Kurpfuscher schneidet denn heutzutage noch???
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>>Wir hatten auch die absolute Horrorgeburt, auch aufgrund ärztlicher Inkompetenz bis hin zur Oberärztin. Kann ich sagen, da mein Vater selbst Arzt ist und jahrelang in der Geburtshilfe tätig war. Habe in der Nacht (durchaus berechtigte) Angst um das Leben von Frau und Kind gehabt. 4 Jahre später kann ich sagen: Das Trauma geht irgendwann weg und die Vaterfreude überwiegt. Aber es hat lange gedauert, bis wir uns ein zweites Kind vorstellen konnten. Und wenn sich da auch nur die geringsten Komplikationen einstellen, wird ein Kaiserschnitt gemacht und fertig. Alles Gute!
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>Allerdings ist ein Kaiserschnitt erstens nicht so ungefährlich wie angenommen wird und sorgt wieder für ganz andere Probleme. Z.B. Depressionen bei zu kurzen Wehen, weil der Körper nicht realisiert, dass das Kind nicht mehr da ist. Und generell heftige Schmerzen über Wochen im Bereich der Wunde. Und verhindert weitere Schwangerschaften binnen eines Jahres, weil dann alles wieder aufreißen kann. Und andauerndes Taubheitsgefühl wegen durchtrennter Nerven. Außerdem ist der Schnitt in Wirklichkeit ein Riss. :D Meine Frau will nie wieder einen Kaiserschnitt haben.


Ja, das wissen wir ja alles. Meine Frau würde sicherlich keinen Kaiserschnitt machen nur aus reiner Bequemlichkeit oder um sich das Datum aussuchen zu können. Aber die Geburt unseres Sohnes war wie gesagt alles andere als angenehm. Das Kind war 3 Wochen zu spät und entsprechend viel zu groß. Eine Schulkameradin von mir, die zufällig in der Uniklinik als Ärztin arbeitet, hatte schon zwei Wochen vor der Geburt gemeint, dass das auf "natürlichem Wege" sehr schwer wird. Einleitung, Kaiserschnitt? Nönö, das Kind wisse schon, wann es zu kommen habe, so die Hebammen und Oberärzte. Dann wurde mit irgendeinem halb-homöopathischen Gel versucht, die Wehen anzuregen, aber das hat nichts geholfen. Für die Prozedur war meine Frau aber zehn Tage stationär. Und dann irgendwann gab es einen Blasensprung und dann haben sie doch noch den Oxitocin-Tropf angelegt. Der dann auch zum Wehensturm und schlechter werdenden Herztönen beim Baby geführt hat. Da war der Geburtskanal schon viel zu klein für den 4.500g-Brummer. Meine Frau ist eher schlank und zierlich... Das Ende vom Lied war, dass eine ziemlich korpulente Hebamme auf meiner Frau lag und auf den Bauch gedrückt hat und eine andere Hebamme mit der Oberärztin unter Einsatz der Geburtszange von unten gezogen hat. In einem Lazarett an der Front vor Stalingrad hat es wahrscheinlich weniger nach Schlachthaus ausgesehen als in diesem Kreißsaal. Auch da haben die nicht im Traum an einen Kaiserschnitt gedacht. Erst nach der Geburt haben wir erfahren, dass gegen die Klinik und den Chefarzt diverse Straf- und Kunstfehlerverfahren geführt wurden, weil es dort immer so abgeht...

Lehre daraus: 1. Andere Klinik für die Geburt unserer Tochter; 2. Ab ET +2 wird auf einen Kaiserschnitt bestanden, und wenn ich dazu eine einstweilige Verfügung beantragen muss.


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