| Tagträume |  |
Seit ich dich kenne, male ich mir jeden Tag aus, wie du eines schrecklichen Todes stirbst. Du wirst von einem Lastwagen überrollt, von einem Einbrecher erstochen, bekommst Brustkrebs und scheidest nach elenden Wochen im Krankenhaus dahin.
Ich weiß, dass nichts für ewig ist, und will mich damit abfinden. Ich will lernen zu akzeptieren, dass du nicht immer bei mir sein wirst. Ich will alles, nur nicht unvorbereitet davon überrascht werden.
Und wenn du einmal nicht die Todgeweihte bist, dann erleide ich beim Joggen einen Herzinfarkt, falle in den Fluss und ertrinke, oder bekomme durch einen Zeckenbiss eine tödliche Borreliose.
Mancher würde einwenden, es wäre viel wahrscheinlicher, dass wir uns zerstreiten, uns auseinanderleben. Dass einer von uns fremdgeht und wir uns trennen. Aber dafür fehlt mir einfach die Vorstellungskraft. Wie könnte uns etwas so Banales auseinander bringen?
Nein, in meinen Gedanken und Tagträumen wirst du weiter bei Autounfällen zerquetscht oder in Stücke gerissen werden. Ich werde weiter in der brennenden Wohnung ersticken. In der Hoffnung, dass es mich irgendwie auf jenen Tag vorbereitet, der mit absoluter Sicherheit kommen und uns voneinander trennen wird.