Thema:
Re:Schon toll flat
Autor: Phil Gates
Datum:02.09.19 11:19
Antwort auf:Re:Schon toll von Pezking

>>Die Anzahl der Blöden ist unter den Ostdeutschen einfach signifikant höher, als unter den Westdeutschen.
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>Das ist bescheuerter Unsinn.
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>>Klar, das wird sich angleichen, aber vor allem aus dem Grund, dass die Ossis rüber machen, statt einfach mal die Arschbacken zusammen und selbst was unternehmen. Ham se nie gelernt.
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>"Rüber machen" ist jetzt auch kein Kinderspiel. Direkt nach der Schule in ein neues Bundesland zu ziehen und sich dort etwas aufzubauen ist sicher nicht der leichteste Weg. Ich spreche da aus unmittelbarer Erfahrung.
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>Meine Schwägerin ist 1993 mit 19 Jahren von Sachsen-Anhalt nach Frankfurt gezogen. In ihrer Heimatstraße gab es damals noch immer kein Telefon. Sie musste sich mit ihren Eltern an der Telefonzelle verabreden. Ansonsten war sie alleine in einer komplett fremden Umgebung und wurde wegen ihrer Herkunft und ihres sächsischen Dialekts überall schief angeguckt bis gehänselt. Den Dialekt erzog sie sich in Rekordzeit ab. Ich lernte sie 1999 kennen, da sprach sie komplett hochdeutsch. Nichts deutete mehr auf ihre Herkunft hin, die komplette Verneinung zum Selbstschutz. Selbst wenn sie heute ihre Eltern besucht fällt sie nicht in alte sprachliche Gewohnheiten zurück.
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>Meine Frau ist 1998 mit 19 Jahren von Sachsen-Anhalt nach Frankfurt gezogen. Sie hatte dort wenigstens ihre Schwester, sie hatte ein Auto und ihre Eltern hatten inzwischen ein Telefon. Aber das Fremdeln, das verschämte Versteckenwollen des eigenen Dialekts und die Angst davor, verspottet zu werden - das alles erlebte sie auch.
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>"Rüber machen" war damals in diesem Alter zweifellos der viel härtere Weg als Bleiben. Das war eine hohe Investition in die eigene Zukunft. Diese hat sich zwar gelohnt - aber sicherlich war das auch eine landläufig sich selbst erfüllende Prophezeiung.
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>Es war/ist der Weg mit einer (vermeintlich) besseren Perspektive. Und wenn das 30 Jahre lang die meisten jungen Leute mit Potenzial glauben und entsprechend handeln, ist das ein immenser Aderlass an Grips, Talent und Ideen.


Kenne ein Paar, beides Sachsen, Kinder in FFM geboren. Sind vor zwei Jahren zurück nach Sachsen gezogen. Und jetzt vor zwei Monaten wieder zurück nach Frankfurt. Weil sie selbst als "Ossis" mit den Betonköppen dort nichts mehr anfangen konnten. Das mag man Selbstverleugnung nennen, ist es aber nicht. Deren Horizont ist in 10 Jahren Frankfurt halt einfach auf einem Niveau gewesen, der es sehr schwer macht, sich mit AfD-Hanseln zu arrangieren.

Aber zum Thema Aderlass: Es gibt in den neuen Ländern durchaus Beispiele für Hochtechnologie auf Weltniveau. Auch an den Unis. Und ich halte es gar nicht für verkehrt, wenn man nicht im Umkreis von 50km des Elternhauses bleibt. Kann ja durchaus fruchtbar sein, wenn man z.B. in Medizin die Ansätze aus Berlin mit Kollegen in Mainz oder München diskutiert und dazu nach dem Studium in den Westen geht. Umgekehrt gibt es das mittlerweile ja durchaus auch. Und ich höre auch immer wieder, dass man es als Wessi in Leipzig oder Dresden nicht gerade einfach hat.

Wie dem auch sei: All das ist keine Entschuldigung für den Erfolg der AfD.


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