Thema:
Re:Schon toll flat
Autor: Bullitt
Datum:02.09.19 01:11
Antwort auf:Schon toll von alex

>Der Staat hat sich mehr oder weniger konsequent aus Ostdeutschland zurückgezogen. Landärzte sind kaum noch zu finden, dringend benötigten Infrastrukturprojekte sind Jahre hinter dem Zeitplan, die Polizei übernimmt ihre Aufgaben nicht mehr (wenn mal wieder einem Bauern die Viehherde geklaut wird, hat man halt Pech gehabt, weil sie da nichts mehr tun können). Ostdeutsche Firmen gibt es kaum noch, wurden zum grössten Teil nach der Wende für kurzfristige Gewinne in den Boden gerammt. Die eigene Geschichte wurde komplett als unnütz bezeichnet und ausradiert.

Nichts davon kann eine Rechtfertigung sein, rechtsradikal zu wählen. Zumal das teils stark übertrieben oder keine reinen ostdeutschen Probleme sind. So abgehängt sind wir hier auch wieder nicht, auch wenn natürlich noch reichlich Potenzial zum Aufholen vorhanden ist. Aber man findet Ärzte auf dem Land, auch wenn man auf den Termin länger warten muss als im Westen. War hier aber immer so. Infrastrukturausbau ist überall hinter dem Zeitplan. Polizei ist überall dünn. Ob mein Chef seinen Lambo in Frankfurt/Oder oder Frankfurt/Main fährt, könnte mir nicht egaler sein.

Der einzig valide Punkt deiner Aufzählung ist der Umgang mit der DDR Geschichte. Der ist - gelinde gesagt - problematisch und trägt dazu bei, dass sich viele Menschen benachteiligt fühlen.

Wenn man sich mit den Leuten unterhält, fällt auf dass die Ängste meist eher diffus sind. Entweder hat man Angst vor Problemen der Zukunft, oder - noch spannender - es werden Probleme genannt, die bei anderen Menschen vermutet werden. Im Grunde geht es den allermeisten Leuten gut.

Der "abgehängte Osten" existiert vor allem in den Köpfen von Leuten, die es entweder nicht besser wissen, oder dieses Narrativ bewusst verbreiten um daraus politisch Kapital zu schlagen - siehe afd.

Gefühlte Wahrheiten sind heutzutage sehrb stark. Diese kann man nicht mit Geld erschlagen, sie sind nur einzudämmen, wenn man sich mit den Menschen beschäftigt. D.h. mit ihnen reden, anstatt über sie zu reden.

Christian


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