Thema:
Re:Meine Frau arbeitete mehrere Jahre 120 % flat
Autor: tikiman
Datum:30.08.19 13:54
Antwort auf:Meine Frau arbeitete mehrere Jahre 120 % von LustigesWiesel

>Ich konnte es kaum fassen wie ich sie kennenlernte. Hatte eh schon planerisch mindestens eine 6 Tage Woche durch kurze Schichten, und dann einfach mal 3-4 Wochen durchgearbeitet, da ja noch 20% Überstunden verlangt wurden.
>Aber nach meiner Meinung haben alle da einen psychischen Knacks,  die Bedingungen wurden immer schlechter, die haben aber trotzdem ein schlechtes Gewissen nicht  genügend Überstunden zu machen. Meine Frau hat Gott sei Dank an eine Uni-Klinik gewechselt, und fährt da die "ich-mache-soviel-wie-muss-Schiene", das heißt die Anrufe ob sie kommen kann haben aufgehört, die waren eh die größte Frechheit. Sie wechselt nicht alle Nase lang die Schicht und verdiente auf einen Schlag 20% mehr. Müsste sie aber auch lange genug antreiben um die Klinik zu wechseln, die Leiden doch alle unter den Stockholm Syndrom.


Ich raffe es auch nicht wirklich.

Ja, früher hab ich das auch mal mitgemacht. Viele Überstunden meine ich eigentlich nie gemacht haben zu müssen, aber bis zu 12 Tage durcharbeiten war tatsächlich fast normal. Hat man auch deswegen "gerne" gemacht, weil es danach bis zu 5 Tage am Stück frei gab.

Jetzt in der Schweiz arbeite ich maximal 6 Tage am Stück. Und das scheint der landesweite Standard zu sein, ich hab es noch nie anders erlebt. Und da ich es mir hier locker erlauben kann nur 80% zu arbeiten kommt das zwar mal vor, ist aber noch nicht mal zwingend die Regel.

Anfragen ob man kurzfristig einspringen kann gibt es natürlich auch, manchmal fallen halt Leute aus. Ich hab da aber kein Problem einfach nein zu sagen, zwingen kann mich niemand und gekündigt wird man dafür wohl kaum. Auf der anderen Seite bin in ich praktisch nie krank. Geht in der Regel aber auch immer nur um einzelne Tage und kriegt man dann halt zu einem anderen Zeitpunkt zurück.

Die Unterschiede sind schon echt krass und irgendwie absolut unfassbar. Höre das ja auch immer wieder direkt von neuen Kollegen aus Deutschland. Und irgendwie macht es den Anschein, dass das komplett totgeschwiegen wird. Ich raff überhaupt nicht, wie das überhaupt noch machbar ist. Abteilungen mit 36 Patienten, da sind dann zwei Pflegekräfte in der Schicht, mit Glück noch ne Hilfe oder Auszubildender. Kommt mir völlig unmöglich vor.

Auch ein Grund warum ich mich mittlerweile in der Schweiz fast schon "gefangen" fühle...in D würde ich glaube ich in kürzester Zeit völlig kaputt gehen. Teilzeit könnte ich mir auch nicht erlauben und 2000€ netto wären wohl schon "sehr gut".

Optimal läuft das jetzt aber auch hier alles nicht und viele Kollegen haben den Eindruck, dass sich die Zustände auch hier eher kontinuierlich verschlechtern. Gerade grosse Spitäler neigen zu teilweise haarsträubendem Missmanagement und einfach völlig bekloppten Abläufen. Auch die baulichen Zustände sind manchmal...erstaunlich. Ich hab schon vor 20 Jahren in D in Häusern gearbeitet, die moderner eingerichtet waren als viele grosse Spitäler hier. Ich hatte vor 10 Jahren auf einer Abteilung angefangen, da gab's noch nicht mal Sauerstoff-Anschlüsse in den Patientenzimmern und das in einem "führendem" Unispital. o_O


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