Thema:
Puh, Internet nur über den Vermieter verfügbar flat
Autor: Trumpfass
Datum:11.08.19 12:36
Antwort auf:Der gefragte Immobilien-Thread in guter Lage Part 4 von Rocco

Hi und hier schon die nächste Miet-Frage, diesmal zu meiner neuen Mietsituation... und sorry schon jetzt, das wird eine Wall of Text:

Wie schon im anderen Thread zu meiner letzten Wohnung angedeutet: Ich habe uns die Wohnung hier in meinem Heimatort extrem spontan geholt, weil meine Mutter schwer pflegebedürftig war. Sie hatte Demenz und als diese zu schlimm wurde, als dass meine Schwester sie noch alleine hätte pflegen können [insert rant über die Pflegesituation hier in Deutschland...], bin ich mit meiner Freundin 4,5 Monate bei meiner Schwester eingezogen, damit wir unsere Mutter zusammen besser pflegen konnten. Da das nicht ewig so weitergehen konnte, musste ich mir sehr, sehr schnell diese Wohnung suchen. Anfangs konnte ich mein Glück kaum fassen: Erste Besichtigung, schöne Wohnung, sofort bekommen. Im Münchner Speckgürtel ist das echt was besonderes.

Dann kristallisierte sich allerdings heraus, dass der Vermieter - angeblich wegen den Internetproblemen seiner Mieter - hier eigene Leitungen hat verlegen lassen, was es unmöglich macht einen DTAG, 1&1 oder sonst was Anschluss selbst zu schalten. Dazu muss man sagen: TV Buchsen gibt es in den beiden zusammengehörigen Häusern auch nicht - lustigerweise waren bei der Besichtigung noch TV-Anschüsse zu sehen, beim Einzug waren die aber weg und es hieß, sie hätten nur auf die Dachantenne geführt, die sei aber lange defekt und heute sowieso sinnlos.
Es hieß, dass die Häuser über zwei getrennte, aber bei Ausfällen doch dynamisch zusammenarbeitende 100er DSL Leitungen toll versorgt wären, was 50€ im Monat kosten würde. Nunja, teuer für einer 100er Leitung, aber was solls - im Ort gibt's tatsächlich teils derbe Probleme mit dem Internet, das kannte ich schon von meiner Mum. Diese ist dann leider verstorben, der Mietvertrag war aber schon fest und ich habe erstmal nicht weiter über die Internetsituation nachgeforscht, weil einfach andere Dinge im Kopf.
Dann stellte sich raus: Das Internet hier wurde von der Firma seines Sohnes (in der der Vermieter Gesellschafter ist...)  aufgesetzt, der Tarif soll ein angeblich 800€ teurer Businesstarif der DTAG sein. Internet und Telefon werden also komplett gestellt - und WLAN auch! Da wurde ich plötzlich misstrauisch, kein eigener Router, keine eigene Routerverwaltung, nix! Alles wird gestellt und von außen gemanaged, wie in einer Firma. Und ich habe dann beim Einzug tatsächlich einen Zettel mit "unserem" WLAN-Namen UND DEM PASSWORT bekommen - NICHT veränderbar! Ich dachte echt es hackt. Vermieter und dessen Sohn hätten also das Wlan-PW gekannt.

Nunja, ganz so blöd bin ich ja nicht, habe daher sofort eine Fritzbox an den LAN-Anschluss angeschlossen und lasse über diese mein eigenes WLAN laufen, habe meine Devices nur mit der FB verkabelt und bin somit hinter meiner eigenen Firewall und er kennt kein PW von mir. Zudem gehen aktuell alle Devices und PCs nur noch über NordVPN ins Internet. Einen Telefonanschluss habe ich mir bei sipgate geholt und in der Fritzbox eingerichtet.

ABER es läuft ja trotzdem noch alles über das von ihm theoretisch überwachte LAN. Also nur, um das nochmal zu verdeutlichen: Hier steht irgendwo ein Router und über den sind alle LAN-Anschlüsse im Haus geschaltet. Dh. theoretisch kann er (Wenn ich nicht im VPN wäre) jeden Internetzugriff mitloggen, jeden URL-Zugriff mitlesen. (WTF!!!) Sprich: Wenn dem Burschen langweilig ist, könnte er wohl Logs durchgehen und spionieren wer wo rumsurft. Long story short: hier wurde ein Firmennetz für Privathaushalte aufgesetzt.
Wie gesagt, einen TV-Anschluss hat das Haus angeblich überhaupt nicht, weshalb Kabel Deutschland als Alternative wohl auch flachfällt. Beim WLAN hat er übrigens auch sofort gefordert, dass ich meins ausschalten soll, weil es die WLANs der anderen Mieter stören würde. Nope, just nope. Hier sind btw. ganze 6-7 Wlans in Reichweite...

Tja, versierteren Usern hier ist bei dem Text bis hierhin vermutlich genauso die Kinnlade runtergefallen, wie mir. Ich steuere nicht umsonst schon soweit wie mein Wissen es mir erlaubt gegen. Ich frage mich auch, wie die anderen 6 Parteien im Häuserverbund (sind 2 Häuser) mit dieser Situation cool sein können - offensichtlich haben die alle keinen blassen Schimmer von Mietrecht, Datenschutzgesetzen und ihrem Recht auf Privatsphäre. Hier noch der dazu "beste" Absatz aus seinen Nutzungsbedingungen:
"Der Vermieter ist berechtigt, die für die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Internetnutzung erforderlichen personenbezogenen Daten (Name, Adresse, Tel-Nr., Geburtsdatum, Datum, Uhrzeit, aufgerufene Internetseiten, IP-Adressen etc.) gemäß den geltenden Datenschutzbestimmungen zu erheben. Diese werden vom Vermieter zur Sicherung seiner Rechte bei unzulässiger Nutzung des Internets gespeichert. Die personenbezogenen Daten werden nach 5 Jahren gelöscht, wenn der Mieter innerhalb dieser Zeit den Internetanschluss des Vermieters nicht mehr genutzt hat."

Btw: Wer jetzt sagt: Warum hast du das überhaupt unterschieben?! Wie gesagt: ich war in einer Notsituation, wichtig war nur die Pflege meiner Mum. Zudem ist dieser Wisch halt wie üblich ein dickes Bündel Nutzungsbedingungen, die man normalerweise nicht komplett durchliest. Macht ja beim normalen Provider auch so gut wie keiner. Was hier los ist, kam einfach leider nur Tröpfchenweise raus. Internet nur über die Hausleitung, Wlan wird gestellt, Wlan ist komplett vorgegeben und quasi öffentlich weil Dritte das PW haben, der TV-Anschluss ist weg usw...

Bisher habe ich 3 IT'ler (einen Netzwerktechniker, einen technischen Teamleiter einer IT-Firma und einen IT-Manager) im Freundeskreis über ihre Meinung dazu befragt und alle waren komplett schockiert. Wir haben sogar bei einer Blitzrecherche direkt entsprechende Grundsatzurteile gefunden, die unserem Verständnis nach belegen dürften, das hier was massiv falsch läuft:

…Denn grundsätzlich sind Mieter berechtigt, einen Internet¬zugang vom Anbieter ihrer Wahl zu bestellen, befand das Amtsgericht Berlin-Wedding (Az.: 15a C 99/16). Das berichtet die Zeitschrift "Das Grundeigentum" (Nr. 3/2018) des Eigentümerverbandes Haus und Grund Berlin.
https://www.teltarif.de/urteil-miete-telefon-internet-anschluss-verteiler/news/71743.html

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Grundsatzurteil (Aktenzeichen: III ZR 98/12) entschieden, dass der Zugang zum Internet zur materiellen Grundlage der Lebensführung gehört.  […] Ein Mieter kann also grundsätzlich darauf bestehen, dass in dem Haus, in dem er eine Wohnung mietet, der sogenannte Übergabepunkt für eine Telefonverbindung vorhanden ist. Ist das nicht der Fall, muss der Vermieter die Einrichtung eines solchen Übergabepunktes durch eine Telefongesellschaft dulden (BverfG NJW 1994, 1147, 1148 m. w. N.) Sind Übergabepunkt und Leitungen vorhanden, funktionieren aber nicht, kann der Mieter dem Vermieter eine Frist setzen, innerhalb derer dieser dafür sorgen muss, dass alles ordnungsgemäß läuft.
https://kautionsfrei.de/blog/mietwohnung-und-schnelles-internet

Falls mir hier jemand mit konkreten, versierten Hinweisen über Miet- und/oder Datenschutzrechte meine anstehendes Gespräch mit meinem Vermieter verbessern kann - ich wäre unendlich dankbar!
Leider ist das Problem ja auch, dass ich dem Vermieter (Total netter Typ, der ganz sicher einfach nicht versteht, was sein Sohn hier gemacht hat.) quasi sagen muss: Dein Sohn hat scheiße gebaut und zwar massiv. Da wird sofort sein väterlicher Beschützerinstinkt (Der Sohn dürfte so zwischen 18 und 22 sein) anspringen, da bin ich mir fast sicher. Ich werde das mit 10fach wattierten Samthandschuhen angehen müssen, wenn das (bisher echt gute, wir sind sogar auf "du") Verhältnis zum Vermieter nicht sofort komplett kaputt gemacht werden soll. -.-
Ein weiteres Problem wird vermutlich sein, dass ich das legen eines eigenen TV- oder Telefonanschlusses wohl eher selbst bezahlten müsste. Zumindest sagen das die bisherigen Recherchen - hat jemand hier Erfahrung damit, was sowas kostet?

Tipps/Hinweise/Meinungen zum Herangehensweise?
Wie gesagt, mit eigener Firewall, eigenem Wlan und dauerhaftem VPN fühle ich mich aktuell halbwegs sicher. Aber a) kostet mich das VPN natürlich monatlich b) macht das VPN die Leitung natürlich langsamer und c) geht es mir hier auch Schlicht ums Prinzip. Das ist alles so falsch...
Sorry für evtl. wirre Schreibweise. Ich koche innerlich.

Danke & Cheers,
Alex


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