Thema:
Re:"Darf man noch... flat
Autor: Felix Deutschland (deaktiviert)
Datum:09.08.19 16:39
Antwort auf:Re:"Darf man noch... von Fritz Schober

>>Dein Versuch hingegen, eine recht klare quid pro quo sexuelle Belaestigung in Relation zu einer versuchten Anbandelung am Arbeitsplatz zu setzen, ist meiner Meinung nach eher kritisch zu betrachten. Bizarr, wie unten vom Halogott schon angedeutet, trifft es auch ganz gut.
>>
>>Ich bin mir recht sicher, dass der gute Onkel Louis nicht vorhatte, irgendwelche Beziehungen zu starten, als er sein Glied auf den Schreibtisch gepackt hat. Aber nun gut, vielleicht bin ich da auch zu empfindlich und es ist eigentlich nur wie eine Einladung zum Becher Kaffee bei Starbucks.
>
>Du hast offenbar meinen Text nicht verstanden.


Alter.

>Es sind zwei Teile. Der erste Teil behandelt den Teil mit der Masturbation und in wieweit dieses Verhalten als solches zu #metoo zählt. #metoo ist eine Bewegung die aus dem sexuellen Mißbrauch von Minderjährigen Mädchen entstand.

Falsch. Die Bewegung, sinnigerweise ein Hashtag, sammelte über dieses Hashtag kollektiv Erfahrungen von sexueller Belästigung im Alltag und am Arbeitsplatz. Es ging nicht um den "sexuellen Mißbrauch minderjähriger Mädchen" (Hast du wohl in deinem Galaxy Brain mit Epstein vermischt? Huch!), sondern um die fundamental anderen Lebenserfahrungen, die Frauen in Bezug auf sexuelle Belästigung machen als Männer, mit der Absicht, diese Erfahrungen besonders sichtbar zu machen (Über das Hashtag, das man nur anklicken brauchte um einen nicht enden wollenden Scroll aus menschlicher Schlechtigkeit präsentiert zu bekommen).

>Darüber wurde oft Stillschweigen gewahrt und mit "#metoo" sollen die Opfer dieser sexuellen Gewalt die Scheu verlieren darüber zu sprechen und die Täter anprangern. Die Bewegung weitete sich auch auf sexuelle Übergriffe an Erwachsenen aus.

Nein, und woher du diese Weisheit hast, wäre mal interessant zu wissen.

>Bei Louis CK war es aber so, dass er die betroffenen Frauen vorher gefragt hat ob er seine (auch in meinen Augen befremdliche) Masturbation vor ihren Augen durchführen dürfe.

Jo, und vielleicht (!) weckt sowas zuerst etwas andere Erwartungen, wenn man den Satz von einem Comedian hört. Könnte ja sein, das Kontext, besonders der soziale, eine bestimmte Relevanz besäße über reine vertragliche Beschäftigungsverhältnisse hinaus, aber so komplex kann menschliche Sexualität und deren Fallstricke unmöglich sein, sowas klärt man vorher nüchtern ab und dann ist erstmal gut!

"In 2002, a Chicago comedy duo, Dana Min Goodman and Julia Wolov, landed their big break: a chance to perform at the U.S. Comedy Arts Festival in Aspen, Colo. When Louis C.K. invited them to hang out in his hotel room for a nightcap after their late-night show, they did not think twice. The bars were closed and they wanted to celebrate. He was a comedian they admired. The women would be together. His intentions seemed collegial.

As soon as they sat down in his room, still wrapped in their winter jackets and hats, Louis C.K. asked if he could take out his penis, the women said.

They thought it was a joke and laughed it off. “And then he really did it,” Ms. Goodman said in an interview with The New York Times. “He proceeded to take all of his clothes off, and get completely naked, and started masturbating.”"

[https://www.nytimes.com/2017/11/09/arts/television/louis-ck-sexual-misconduct.html]

>Sagten sie nein, ließ er es sein. Verließen sie dabei den Raum hat er sie nicht aufgehalten. Es war befremdlich, ja, aber in meinen Augen kein #metoo Fall. Eher ein Grenzfall dessen was Einvernehmlichkeit  angeht. Es gab durchaus Damen die sich das Ganze amüsiert (deren Worte) angeguckt haben. Es war halt sein Kink.
>
>Wenn man also auf dem Standpunkt steht, dass der sexuelle Aspekt nicht #metoo würdig war, gibt es noch einen zweiten Aspekt.
>
>Machtverhältnisse. Das ist der zweite Teil um den es mir ging der hier mit dem Ersten vermischt wird. Sexuelle Handlungen (auch ohne Berührung des Gegenüber) können einvernehmlich wirken aber nicht sein weil das Opfer nur aus Angst vor Karrierenachteilen zustimmt.


Es ging ihm nichtmal um Zustimmung, er hat auch beim Ausbleiben einer Ablehnung den Lörres ausgepackt.

Natürlich widerspricht dir niemand, dass es der Kink von irgendeiner Drecksau ist, wenn diese im Regionalexpress oder im Spätbus ihr Glied entblößt. Ob er vorher um Erlaubnis fragt ist unerheblich. Unabhängig von Ablehnung oder Zustimmung sind die Opfer in eine Position gedrängt worden, in der sie über eine Erfahrung, die für sie eventuell traumatisierend war, Stillschweigen zu halten hatten. Nochmal: Unabhängig davon, ob sie "consent" gegeben hatten oder nicht. Das ist eine Art von Übergriffigkeit, über die dir sofort jegliche Deutungshoheit entzogen wird.

Die Machtverhältnisse zwischen weiblichen Stand-Ups und männlichen spielen da mit rein. Die Mysogynie, die letztere hauptberuflich auf Bühnen performten, und auch privat konsequenzlos ausleben konnten in Relation zu jungen Frauen, die als eine ihrer ersten Branchenerfahrungen erstmal die machen dürfen, wie sich eine Legende ihres Metiers vor ihnen entblöst. Und sie nicht einfach auf die Bühne gehen und darüber mal ne tight five machen könnten, dann wären sie ja schlimmste Jezebels und unprofessionelle Xanthippen. Nicht alle hatten diese hierarchische Augenhöhe wie Sarah Silverman, die damals schon genug Geld und genug Standin in der Branche hatte, dass sie sich diesen buchstäblichen alten Wichser mal reinziehen konnte, wie er zum totalen Pig Man digitiert. Nicht jeder einzelne Fall kann und darf gleich bewertet werden. Leid und Trauma ist individuell.

Du hast die stumpfestmögliche Dichiotomie aufgemacht, so weit davon abweichend, dass es mit sexueller Übergriffigkeit am Arbeitsplatz sehr praktischerweise nix mehr zu tun hatte.

Aber gerade Sexualität ist ein Feld aus lauter Grauzonen, wo man nicht einfach seine subjektiven Ansichten einer anderen Person überstülpen sollte, gefragt oder ungefragt.

>Wer über die Schiene bei Louis CK argumentiert und sagt "es ist egal ob er vorher gefragt hat, er war in einer Position von Einfluß/Macht in der Branche und die Damen die einverstanden waren haben dies nur gesagt weil sie Angst vor späteren Karriere-Problemen hatten", dann kommt automatisch die Frage: Ist eine Beziehung mit Untergebenen dann GRUNDSÄTZLICH ein #metoo Fall weil man ja IMMER das Thema Machtmissbrauch und Angst vor Nachteilen in der Karriere aufbringen kann?

Ich weiß nicht, wieso du so krasse Probleme mit dem ganzen Konzept hast, Fritz.

>Aziz Ansari war da so ein Beispiel wo man sich einvernehmlich näher kam und die Dame erst im Nachhinein sagte sie habe sich genötigt gefühlt aber nichts gesagt.

Ja, siehste, ein weiterer Beleg dafür, wie komplex Erfahrungen und die Verarbeitung von diesen ist. Aziz Ansari hat, genau wie Dirty Louie, ein paar Aufträge verloren, aber ansonsten ist die einzige Konsequenz für sie aus der Sache gewesen, dass sie über einen Zeitraum von zwei Jahren ihren Reichtum weniger schnell steigern konnten als in den Jahren davor.

Die Konsequenzen für die Frauen, deren Karrieren unten gehalten wurden von CKs Manager u.a., sind hingegen lebenslang, selbst, wenn es in jedem Einzelfall nie um schwere Sexualstraftaten ging. Dieses Gefälle herauszustellen war einer der Hauptantriebe von #Metoo.

>Für mich war das Verhalten von CK bizarr (um das Wort mal aufzugreifen) aber nicht wirklich ein Fall für #metoo. Eher ein Kuriosum. Ich kann verstehen wenn man das strenger auslegt, aber da es hier ja kein Straftatbestand ist sondern eine moralische Einschätzung kann man hier schlecht sagen: Das ist so, Punkt. Lediglich: Ich empfinde das so.
>
>Ich hoffe Du versteht meine Position nun besser.


Fritz, gottseidank entscheidest du nicht allein darüber, wie und was Frauen unter welchen Hashtags schreiben dürfen.

Das Problem war nie ein Mangel an intellektuellem Verständnis, sondern eher einer routinierten Form von Entsetzen darüber, was du mal wieder für Weisheiten auspacktest.


Antworten nicht möglich, siehe Info neben Nickname