Thema:
Re:Traurig, scheinheilig und erschreckend flat
Autor: peppi
Datum:01.08.19 13:47
Antwort auf:Re:Traurig, scheinheilig und erschreckend von Joy Division

>wie sehen die Sozialwissenschaften das mit weißen Rassisten und Sexisten. Liegt hier keine Ursache-Wirkung vor?

Was meinst du?

>Ja meinem Fall handelte es sich um Kids deren Eltern in den allermeisten Fällen wegen Arbeit in den nach D gekommen sind. Also korrekt wäre es z.B.  zu sagen Deutsche mit türkischen Wurzeln.
>Natürlich ist bei denen was schief gelaufen das die so sind wie sie sind. Aber das ist bei ausnahmslos allen Menschen so. Mann kann nur nicht bei den einen alles entschuldigen und bei anderen nicht. Jeder Mensch muss für sein Handeln Verantwortung übernehmen.


Beim Thema Verantwortung bin ich bei voll bei dir. Es ging mir darum, auf die Wahrscheinlichkeit einer "Karriere" hinzuweisen. Heruntergebrochen in die Richtung: Eltern Angstellte im Niedriglohnsektor, keine/kaum Bildungstitel, kein Erbe/Vermöge usw. = relativ hohe Wahrscheinlichkeit (!) einen ähnlichen Weg einzuschlagen.

Ich selbst bin ein gutes Beispiel dafür, dass die Fallhöhe für gewisse Leute einfach echt niedrig ist: in der 11. Klasse keinen Bock mehr auf Schule gehabt, viel geschwänzt, irgendwo draußen rumgehangen. Neuer Mann meiner Mutte besorgt über Connections ein Praktikum in einer angesehen Werbeagentur in Frankfurt/M., unter dem Einfluss entscheide ich mich doch noch das Abitur zu machen, lande dank des Stiefvaters auf einer Privatschule (immerhin 130€/Monat) und kann Abitur machen.

Ohne den Hintergrund wäre ich relativ wahrscheinlich (!) was weiß ich wo gelandet.

>Mein Erklärungsansatz ist das es Arschlöcher jeder couleur gibt. Das waren Arschlöcher. Deutsche Nazis sind Arschlöcher.
>Jeder ist selber für sein Handeln verantwortlich. Ronny mit den Sprengerstiefeln ebenso wie Jamil der Schlagen und Raubend durch die Stadt zieht.


Verantwortung: ja. Die Reproduktionswege von Gesellschaft liegen aber nicht in der DNA begraben und sind v. a. den Umständen geschuldet, in denen Menschen groß werden. Das heißt nicht, dass jedes Kind aus schwierigen Umständen abschmieren muss.

Ich hab ein paar Jahre lang in der Drogenhilfe gearbeitet und kann sagen, dass so gut wie alle, die zum Heroin ballern vorbei gekommen sind, Missbrauchs- und Gewalterfahrungen hinter sich hatten. Nicht alle. Aber die allermeisten.

>Schon wieder Statistiken. Meine Erfahung ist meine Erfahrung.

Ist in Ordnung. Finde das Wort "Nazikomplex" btw. aber echt schwierig. Was soll das sein?

>Tue ich auch nicht. Mir geht es nur darum aufzuzeigen das es nur Menschen gibt. Gute, schlechte und alles dazwischen. Was es nicht gibt sind böse weiße und der Rest ist gut.

Jo. Aber s. o. Ein prügelnder, alkoholkranker Vater, der jahrelange Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt hinter sich hat (plakativ!), wirkt sich nun mal auf die Sozialisation seiner Kinder aus. Und der kann auch weiß sein, klaro.

Wenn ich sehe, dass auf meine Eltern herabgeblickt wird, weil sie vielleicht für die städt. Müllabfuhr schaffen (einer der wichtigsten Jobs btw.!?), wenn mich Lehrkräfte scheiße behandeln, weil ich einen "schwer auszusprechenden" Nachnamen habe (mit allen Klischees die dazugehören), dann versuche ich mir evtl. Anerkennung im öffentlichen Raum zu schaffen, in dem ich Plätze besetze und "für mich" reklamiere (aktuell: die Freibad-Diskussion), und im schlimmsten Fall erfahre ich Selbstwirksamkeit nur über Gewaltanwendung. So als Erklärungsversuch (!)..

>und Statistik ist das Problem einer jeden Diskussion. Es ist ganz egal von wem es mehr gibt. Jeder Mensch ist für sich selbst zu beurteilen. Keine Rasse, Gruppe, Land hastdunichtgesehen.

Denk ich nicht. V. a. in der Diskussion nicht. Wir haben doch allgemein diskutiert. Es ist nun mal so, dass manche Menschen wesentlich mehr Chancen im Leben haben als andere. Und im Jahr 2019 sind es weiße, nichtbehinderte, heterosexuelle Männer mit Universitätsabschluss (der nicht irgendwo herkommt, s. o.). Und das hat u. a. was mit Rassismus zu tun.

Passend dazu:

[https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/vermoegensverteilung-iwf-macht-familienunternehmen-fuer-ungleichheit-in-deutschland-verantwortlich/24578328.html?ticket=ST-3742074-EPGesvgWzehJxb5NrpjX-ap2]

Da kann dir halt einfach nix mehr passieren. Handelsblatt und IWF sind so gar nicht Sozialismus-verdächtig.


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