Thema:
Re:Traurig, scheinheilig und erschreckend flat
Autor: PartyPaul
Datum:31.07.19 02:33
Antwort auf:Re:Traurig, scheinheilig und erschreckend von Pezking

>>Es ist rassistisch, aber genauso auch immer noch eine Meinung,
>
>Nein. Rassismus ist keine Meinung. Rassismus ist ein Vorurteil. Rassismus dient der Herabwürdigung. Rassismus darf keine Meinung sein.


Worauf sich das bezieht ist aber eine, auch wenn ihr für euch den Begriff (s. auch Antwort an peppi) vielleicht anders auffasst:
[https://www.google.com/search?q=Meinung]
Meinung: persönliche Ansicht, Überzeugung, Einstellung o. Ä., die jemand in Bezug auf jemanden, etwas hat (und die sein Urteil bestimmt)

Unter einer Meinung wird in der Erkenntnistheorie eine von Wissen und Glauben unterschiedene Form des Fürwahrhaltens verstanden. Nach einer verbreiteten philosophischen Begriffsverwendung ist das Meinen ein Fürwahrhalten, dem sowohl subjektiv als auch objektiv eine hinreichende Begründung fehlt.

Ich sage aber nicht, dass man diese bedingungslos zu akzeptieren oder tolerieren hat.

Zum Wort Rassismus schreib ich weiter unten noch was.

>>die eben auch ein größer gewordenes Echo unserer Gesellschaft ist und grade deswegen in einem an sich sehr heterogenen Forum mit einem tollen Querschnitt durch die Bevölkerung was sozialen Status angeht, auch in dem Sinne Raum haben sollte, dass sie sowohl geäußert, wie auch angeprangert und diskuttiert werden kann. Eben damit man noch die Leute im Dialog hat, bevor der Fall hoffnungslos wird und komplett im wirklich gefährlichen Dunstkreis untergeht.
>
>Ich glaube zu wissen, was Du meinst. Ich hoffe es zumindest. Dass man eigentlich gemäßigten Leuten, die akut mal zu Rassismus neigen, nicht den letzten Schubser hin zu Dasein als AfD-Wähler verpassen sollte.


Den Satz würde ich sogar so stehen lassen.

>Diese Sichtweise halte ich jedoch für grundsätzlich falsch und potenziell brandgefährlich.

Den wieder nicht, vor allem weil ich dich da nicht verstehe. Rein sprachanalytisch sagst du, man soll ihnen also den Schubser verpassen. Ich glaube aber nicht das du das meinst.

Ansonsten für Brandgefährlich halte ich es, Sachen versuchen im ungesunden Maße mundtot zu machen (sprich die Sperrung, um mal die Brücke zum Urspungspost zu schlagen) oder totzuschweigen. Genau das Verhalten kann solche Schwelbrände entstehen lassen, die wenn Sie sich entzünden nicht mehr einfach unter Kontrolle gebracht werden. Natürlich ist das noch kein Problem im einzelnen wie dem kleinen Forum hier und man könnte hier Hausverbot für jeden auch nur angehaucht rassistischen Kommentar aussprechen, aber wenn das überall so betrieben wird, muss man dann auch nicht völlig überrascht tun, wenn die AfD immer weiter Zuwachs erhält und nachher tatsächlich in der Mehrheit ist.

Grade (diskriminierender) Rassismus fußt auf ureigene Instinkte und Evolutionsmuster zur Überlebensstrategie, die eben ganz schnell wieder angesprochen werden können. Auch wenn wir als moderne Gesellschaft dies nicht mehr brauchen und es eben mittlerweile mehr Schaden anrichtet und zu Recht bekämpft wird.

Ich sage, gesteht Leuten wie 4thHorsemen die Meinungsäußerung zu, damit man die Chance hat aktiv entgegen zu wirken (wie gesagt natürlich alles in einem gewissen Rahmen, den ich persönlich hier nicht verletzt sah). Bei bis zu 25% AfD wähler pro Bundesland, lesen wohl hier auch einige davon mit und wenn man einige davon passiv zum Umdenken bewegen kann, hat man auch was gewonnen.

>Das große Problem dabei ist, dass man mit der Anerkennung einer rassistischen Sichtweise als legitime und schützenswerte Meinung den jeweiligen Punkt als verhandelbar einordnet.

Das hab ich wie gesagt, weder gesagt noch gemeint, ich hoffe das ist jetzt mittlerweile rübergekommen.

Nicht im Kontext vom konkreten 4thHorseman Anlass gemeint (die Aussagen waren z.T. rassistisch diskriminierend zu interpretieren), sondern lose auf Diskussionen in der Vergeangenheit oder in anderen Kreisen bezogen:

Rassismus im speziellen hat halt auch noch das Problem das der Begriff im Gegensatz z.b. zur Meinung wesentlich unklarer spezifiziert ist und so Spielraum zulässt, was nun schon (zu bestrafender) Rassismus ist und was nicht. Und wenn auf der Ebene schon kein Diskurs mehr möglich ist, dann wird es zu einem anderen Problem und persönlich sehe ich immer mal wieder das hier und an anderen Stellen, eben selbst dieser Diskurs nicht mehr möglich ist, da sich bestimmte Gruppierungen so lautstark und selbstverherrlischend geben, dass Zwischen- und Gegentöne immer mehr verstummen oder eben verstimmt werden. Der Begriff Rassismus per se ist nicht nur negativ zu sehen, auch wenn er heutzutage stark negativ geprägt ist und synonym statt Rassendiskriminierung verwendet wird. Wenn eine Statistik über Ausländerkriminalität erstellt wird, ist diese aber per Definition auch rassistisch. Aber eben nicht diskriminierend und wenn man anfängt selbst dafür Verbote zu fordern, hat man sich genauso disqualifiziert als ernstzunehmender Gesprächspartner. Und manchmal gibt es Themen bei den man Äußerungen tätigt in denen Rassismus eine Rolle spielt, aber man dies eben nicht nur negativ auslegen darf. Machen dann eben trotzdem einige, auch auf genauso uneinsichtige Art oder noch schlimmer in diffarmierendem Schubladendenken (Du Nazi, mit dir red ich nicht mehr) und vergiften damit die Gesprächskultur, da auch die Mitten ausgeschlossen werden.
Und damit wären wir beim letzten Absatzes meines Ausgangspost. Auch zu übertragen auf andere Diskriminierungs/Randgruppen Themen.

Wie gesagt, egal ob auf der linken oder rechten Seite des politischen Spektrums, halte ich das für eine bedauernswerte Entwicklung.

> Man räumt damit einer solchen Meinung die Möglichkeit ein, potenziell im Recht zu sein.

Das ist widerum schon wieder sehr grenzwertig ausgedrückt. Wenn eine Meinung potentiell die Möglichkeit hat Recht zu haben, dann muss man in einer Demokratie auch ihr diese Möglichkeit geben, sich entsprechend beweisen zu können.

Beim Rest bin ich soweit bei dir.

>Und das darf man vor solchen Hintergründen nie zulassen. Da muss eine klare Linie gezogen werden.
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>Und genau auf diese harte Linie müssen auch akut zu blau-braunem Fascho-Scheiß neigende Zeitgenossen stoßen. Sie müssen davon abprallen. Sie müssen die landläufige Ablehnung spüren. Sie müssen merken, dass die Mehrheit sowas eben nicht als verhandelbar erachtet.
>Natürlich soll man solche Leute nicht provozieren oder verhöhnen. Das wäre dumm und fahrlässig. Aber die Botschaft "Hey! Hallo! Obacht: Holzweg!" kann gar nicht laut genug sein, wenn jemand sich gerade anschickt, Rassismus, Vorurteile und Diskriminierung eigentlich ganz sexy zu finden.
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>Und wer dann immer noch darauf beharrt, diesen Weg stur weiterzugehen - da liegt dann der Verdacht nahe, dass er sich für diesen Weg leider eh schon längst entschieden hatte.
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>Natürlich darf man auch dann die Leute nicht aufgeben und muss Wege zurück offenhalten und aufzeigen. Aber in der Sache dürfen Rassismus & Co. dabei dennoch nie als verhandelbar erachtet werden.
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>Die Botschaft darf dann nicht lauten: "Lass' uns doch nochmal drüber reden!", sondern "Denk' bitte nochmal scharf drüber nach." Und dabei darf und soll man ruhig behilflich sein.
>
>Und ich hoffe sehr, dass Du nicht bereits das als "persönlich angreifende Belehrung" ansiehst.


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