Thema:
Machi Koro, Kakerlaken Poker, Codenames, King of Tokzo flat
Autor: Felix Deutschland (deaktiviert)
Datum:08.07.19 11:18
Antwort auf:Brettspiele & co Teil 2 |OT|: Homo ludens von Cherokee

Machi Koro ist ein Kartenspiel mit Städteplaner-Thematik. Jeder Spieler fängt mit einem Würfel W6, einem Weizenfeld und einer Bäckerei an. Die Gebäude werden durch Spielkarten dargestellt. Oben auf der Karte steht eine Zahl von 1 bis 12, im Falle der Startkarten eine "1" und eine "2-3". Immer, wenn man im Spiel eine 1, eine 2 oder eine 3 würfelt, werfen die Gebäude die auf der Karte angegebene Zahl an Münzen ab. Mit neuen Münzen kauft man neue Gebäude. Gewonnen hat, wer als erstes vier "Großprojekte", ebenfalls bezahlt mit Münzen, gebaut hat. Eine Partie geht maximal eine Dreiviertelstunde. Wie jedes Spiel, über das ich in diesem Post schreibe, habe ich es lediglich zu zweit gespielt, und viele Mechaniken kommen erst wirklich zum Tragen, wenn man mindestens zu dritt spielt. Bestimmte Karten werfen nämlich Geld für _alle_ am Tisch ab. Da es sowas wie einen Bankrott ebenfalls nicht gibt, sondern man einfach nicht zahlt, wenn man kein Geld hat, ist es bspw. für Kinder weniger frustig und spielt sich schlicht flüssiger. Das Artwork ist hervorragend, und Lob an den Kosmos-Verlag, dass sie das Original-Artwork benutzen und nicht irgendeinen Alman darangesetzt haben, um die Illustrationen zu verhunzen und weniger Royalties latzen zu müssen. Schön wäre es, wenn das Spiel sprachneutral wäre, das wäre wirklich der letzte Schnörkel minimalistischer Eleganz, aber das würde die Readability wohl nerviger machen.
Was man bedenken sollte: Egal, mit wie vielen Leuten man spielt, schon für das Basis-Game braucht man recht viel Platz. Mit der Erweiterung nochmal erheblich mehr. Alle Karten liegen offen aus, so wie die Auslage in einem Geschäft, entsprechend viel Platz wird gebraucht. Also nix damit kurz mal Machi Koro im Vierer-Platz mit Tisch auszupacken im InterRegio, dit wird nüscht. Trotzdem, der geringe Preis (10€) und die Tatsache, dass man die Regeln locker einem kleinen Kind beibringen kann, machen den Platzfaktor locker wett.

Kakerlakenpoker ist ein Bluff-Spiel, das derart simpel ist, dass wir zuerst dachten, wir würden es falsch spielen. Das Deck mit 64 Karten wird unter den Spielern aufgeteilt. Jeder hat dann verdeckt einen Stapel Karten, den er nach belieben durchgucken kann. Ziel des Spiels ist es, anderen die eigenen Karten "anzudrehen", bis derjenige vier (oder bei zwei Spielern fünf) Karten derselben Farbe vor sich liegen hat.
Wenn ich meinen Zug mache, ziehe ich eine Karte aus meinem Blatt und lege sie verdeckt auf den Tisch, stelle dann eine Behauptung zu dieser Karte an ("Auf dieser Karte ist ein Skorpion abgebildet"), und je nachdem, ob mein Gegenüber vorhersagen kann, ob ich gelogen habe oder nicht, bleibt die Karte beim jeweiligen Spieler der sich verpokert hat in der offenen Auslage liegen. Mit mehr als zwei Leuten kann man die Karte auch angucken und die wahre oder falsche Aussage bestätigen oder widersprechen, und sie an einen anderen Spieler weiterreichen, der seinerseits entscheiden muss, was er mit der Karte dann macht. Es ist wirklich sehr simpel, aber erstaunlich taktisch, selbst mit zwei Leuten, wo locker ein drittel bis die Hälfte aller Spielmechaniken fehlt. Kostet ca. 8€ und kann man auch jedem Trottel innerhalb von fünf Minuten erklären. Platzbedarf hält sich in Grenzen, die Reihe von abgelegten Karten vor einem kann aber je nach eigener Performance recht breit werden.

Codenames ist afaik "Spiel des Jahres 2017" geworden und ebenfalls genial einfach. Mit zwei oder drei Spielern spielt man quasi nach einer Art Countdown, ab vier Spielern spielt man in zwei Rateteams mit jeweils einem "Geheimdienstchef" auf der einen Seite des Tisches und 1-X "Agenten" auf der anderen.
25 Kärtchen mit Begriffen werden in einem 5x5-Raster ausgelegt. Diese Begriffe sind "Codenamen". Auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches sitzen die zwei Geheimdienstchefs und gucken auf eine quadratische Karte, auf der der Schlüssel in Form eines verschiedenfarbigen 5x5-Rasters abgebildet ist, nach dem welcher Begriff entweder einem der beiden Spione der Teams zugeordnet ist oder Unschuldigen bzw. einem Assassin. Der Geheimdienstchef eines Teams muss nun sein Team dazu bringen, die eigenen Agenten in diesem Raster zu finden anhand eines Hinweises, der nur aus einem Wort und einer Zahl bestehen darf. Das Geniale ist, das klingt alles komplizierter als es ist - die Rückseite des Kartons hingegen bietet clevererweise direkt ein Rätsel wie dieses, aus denen das Spiel besteht, quasi stealthy zu "Demonstrationszwecken" an. Ich bleibe einfach bei diesem Beispiel: Der Hinweis ist "Ball 2". Die Wörter, die es zu finden gilt, sind zwei Begriffe, die eine Verbindung zum Wort "Ball" haben. In dem Beispiel sind es die Wörter "Golf" und "Tanz". Je mehr Wörter man das Team mit einem einzigen Hinweis lösen lässt, umso besser - einfach ist es nicht. Es gibt ziemlich viele Begriffekarten und recht viele von diesen vordefinierten "Schlüsseln", die man natürlich auch in jede beliebige der vier Himmelsrichtungen drehen bzw. ausrichten kann, um ein und dasselbe Rätsel nochmal anders zu spielen. Der Platzverbrauch hält sich durch die kleinen Kärtchen noch im Rahmen für so ein "kleines" Spiel, vielmehr existiert eine XXL-Variante für größere Gruppen und Menschen mit Sehschwächen. Ebenfalls lernt man hier zu zweit nur einen Bruchteil des Reizes kennen, den eine Ratepartie in größerer Runde hätte, aber die Mechanik und die Art, wie man sie durch randomization ausreichend oft variieren kann, dass es über einen realistischen Zeitraum nicht öde wird zu spielen, sind schon ziiiiiemlich smart. Man rafft ebenfalls in sehr kurzer Zeit, was man machen muss. Die Gruppengröße ist potentiell offen, ich kann mir aber nicht vorstellen, dass ein wirklich effizientes spiel mit 15-Mann-Teams noch möglich ist; theoretisch stünde dem aber nichts im Wege. Für ca. 16€ kann man aber auch zu zweit weitaus weniger Spaß haben.
Die Idee ist so simpel und gut, dass ich mich frage, warum das Spiel noch nicht als TV-Gameshow adaptiert wurde. Oder vielleicht wurde es das auch schon; ich gucke kein Fernsehen mehr.

King of Tokzo sticht ein wenig raus aus der Aufzählung, weil es nicht sooooo preiswert ist (30€-35€) und in der mit Abstand größten Schachtel daherkommt. Ironischerweise nimmt es aber weniger Platz weg als alle anderen Spiele in dieser Auflistung neben Kakerlaken Poker. Das Spielbrett ist in etwa so groß wie eine 7"-Schallplattenhülle und behaust maximal zwei Spielfiguren (Und selbst das erst ab einer Spieleranzahl von vier Leuten). Das Thema des Spiels sind Kaiju-Filme; jeder Spieler schlüpft in die Rolle eines Godzilla-großen Supermonsters, dessen Ziel es ist, der titelgebende King of Tokzo zu werden. Die Monster können sich gegenseitig attackieren und durch Zufügen von Schaden den Hitpoints-Vorrat des Gegners von 10 auf 0 bringen - dieser Spieler würde aus der Partie ausscheiden bzw. hätte in einem Zwei-Spieler-Spiel verloren. Alternativ kann man 20 Victory Points erreichen und das Spiel so gewinnen. Der Kniff ist: Die Monster können sich nur angreifen, wenn sie an zwei verschiedenen Orten sind. Entweder sind sie in Tokyo, oder ausserhalb. Wenn kein Spieler in Tokyo ist, während der eigene Zug beginnt, muss man selber in Tokyo "einmarschieren". Man kann lediglich die Entscheidung treffen, Tokyo zu verlassen, wenn man im vorhergehenden Spielzug mindestens 1 HP Schaden erlitten hat.
Wenn ein Monster in Tokyo ist, kann es sich nicht heilen, bekommt aber am Anfang jedes eigenen Spielzugs automatisch zwei Siegpunkte. Kann man sich also lang genug in Tokyo durchtanken, um genug VPs zu bekommen? In einem 2-Spieler-Spiel ist das durchaus möglich, wenn man am Anfang genug Würfelglück hat und der Gegner nicht sofort anfängt, möglichst auf Damage Dealing zu spielen. Man muss da schon zielstrebiger und aggressiver spielen. Mit mehreren Leuten kommt erst die Regel zum Tragen, dass das Monster das sich IN Tokyo befindet, mit einer Attacke alle Monster ausserhalb Tokyos gleichzeitig angreift, alle Monster AUSSERHALB Tokyos aber ihrerseits nur das Monster IN Tokyo angreifen können. Spätestens mit drei Spielern erleidet man genug Damage, dass die Entscheidung, die Stadt zu verlassen, hinreichend an taktischer Dringlichkeit dazugewinnt.
Die Verteilung von Victory Points, Schaden, Heilung und spendable currency erfolgt mit Hilfe von sechs schön großen dicken Würfeln, die richtig feist klackern, wenn man sie auf den Tisch ballert. Man hat ähnlich wie bei Yahtzee eine gewisse Zahl an Re-Rolls, die man nach Gusto an allen sechs oder einzelnen dieser sechs Würfel vornehmen kann, bis einem das Ergebnis am besten passt (Oder man sich verpokert hat und was schlechteres würfelt als das, was man wollte). Mit der Spielwährung, kleinen Würfelchen aus transparentem grünem Plastik die ein bißchen so aussehen wie Haribos, kann man am Ende seines Spielzugs aus einer Auswahl von drei random aus einem Deck gezogenen Aktionskarten eine zum Kauf auswählen. Die Aktions- bzw. "Power"karten bringen einem verschiedene Effekte, von simplen Ressourcen- oder Victory Points bis hin zu Damage Buffs oder noch exotischeren Effekten (Bspw. die Fähigkeit, sich per Mutation einen zusätzlichen Kopf wachsen zu lassen und dadurch mit sieben statt mit sechs Würfeln würfeln zu können für den Rest des Spiels). Das Spiel ist durchaus so gebalanced, dass es ab drei Spielern teilweise heftige Turnarounds in kurzer Zeit provoziert. Es hat wohl etwas chaotisches, leicht Mario-Kart-eskes, aber das ist eben auch der Reiz an dem Spiel. Die Partien dauern ebenfalls kaum länger als 30 Minuten, es ist in wenigen Sekunden (!) aufgebaut und spielt sich so flott, dass man locker noch zwei, drei, vier, fünf Rematches dranhängt. Der Artstyle hat was von Samstagmorgen-Cartoons; eine Aversion gegen sowas ist sicherlich nicht hilfreich, da das Spiel schon sehr "laut" ist in Hinblick auf seine gesamte visuelle Aufmachung.
Zu King of Tokzo gibt es mittlerweile auch mehrere Expansions, die etwas Komplexität und Character Focus in das Spiel "reinpatchen". Mit der Power-Up-Erweiterung bekommt jeder Char aus dem Base Game auch nochmal ein kleines Deck an Spezialfähigkeiten, die unter den Monstern variieren - die Wahl, welches Monster man spielt, ist im Base Game rein kosmetisch. Zudem sind einzelne neue Monsterchars zu kaufen, zum Glück nur drei an der Zahl zum okayen Preis von je zehn Euro. Der Preis wäre unverschämt, wenn auch diese Packs dem Spiel nicht noch extra Mechaniken hinzufügen würden, bei King Kong ist dies bspw. eine neue Win-Condition, die in den jeweiligen Partien auch für alle gilt.
Diese Expansions sind meines wissens nach auch allesamt kompatibel mit dem Nachfolger "King of New York", welcher ebenfalls seinerseits nochmal neue Mechaniken hinzufügt (Bspw. das NPC Militär, das bei Inkrafttreten bestimmter Bedingungen eingreift). Trotzdem könnte das Spiel eine noch viel aggressivere Money Sink sein; das hält sich alles noch halbwegs in Grenzen, auch wenn ich diese Praxis von Promo-Chars, die nur auf Messen verkauft werden, nicht schätze (Aber scheint sich ja für die zu lohnen...). Da das alles aber zutiefst optional und modular ist und nach dem What-you-see-is-what-you-get-Prinzip funktioniert, fällt es mir schwer, dass großartig zu kritisieren. Seit Erst-Release 2012 kamen drei Erweiterungspacks und drei einzelne Monster in den Handel, ausgenommen die Wiederveröffentlichungen und den Nachfolger. Das ist schon sehr überschaubar.

Alle diese Spiele haben mir zu zweit bereits viel Spaß gemacht, mit vier Leuten wären sie wohl alle mehr oder weniger optimal spielbar. Finanziell verausgaben muss man sich für die meisten davon auch nicht. Wenn es für euch selber nichts ist, könnt ihr ja erwägen, sie als Mitbringsel keine Ahnung für befreundete Familien oder so zu erwerben. Keines der Spiele ist in irgendeiner Form kindeswohlgefährdend oder überkomplex, hingegen aber auch für ältere Semester kompatibel, die Spiele nichtmal mögen.

Have fun!


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