Thema:
Fyter Fest (Spoiler!) flat
Autor: Felix Deutschland (deaktiviert)
Datum:30.06.19 06:03
Antwort auf:WWE, Wrestling oder Catchen Thread... von Buff bagwell

"Kann AEW auch 'normal'?" Ja, sie können. War Fyter Fest ein 08/15-Sparflamme-PPV, ein Probelauf für das wöchentliche TV-Format? Nnnnnjein. Letzteres möglicherweise, weil einige gefühlte Standard-Sachen dabei waren. Bspw. fiele mir da als erstes das 4-Way-Tag-Match von MJF gegen Hangman Page gegen Jungle Boy gegen Jimmy Havoc ein. MJF ist als Wrestler echt ein bißchen limitiert und ausbaufähig. Das Ding ist, er könnte sich sogar erlauben, schlechter zu sein, und würde immer noch funktionieren, weil er einfach so abartig gut am Mikrofon ist. Und er ist 22 Jahre alt, holy shit. Am Ende ist Jungle Boy sogar älter (afaik nicht, aber würde mich zumindest nicht allzu krass überraschen wenn er kein Plan zwei Tage älter wäre als MJF). Es gab einige geile Spots, die meisten davon im Zusammenhang mit Luchasaurus, der Jungle Boy immer geholfen hat, ohne aber ehrenlos seine Gegner anzugreifen (Etwas, was man relativ selten sieht). Aber "Standard" war das im Vergleich zur WWE, und da muss man auch mal sagen, dass das Wrestling in der WWE, auch wenn es explizit nicht als solches bezeichnet wird, grundsätzlich und oft gar nicht so verkehrt ist (Sondern vielmehr die Tatsache, dass gute Matches in einem kontextbefreiten Raum passieren und entsprechend null die Wirkung entfalten, die möglich wäre). Cody vs. Darby Allin fand ich auch über 70% der Laufzeit nicht sonderlich prickelnd, aber wurde am Ende geil durch den Einsatz des Bodybags (und dem ersten Draw in AEW wegen des 20-Minuten-Time-Limits). Darby konnte durch das Ende durchaus verkraften, über weite Teile weitaus unterlegen auszusehen; dadurch dass er Cody am Ende aber nicht gewinnen ließ, gehen beide aus dem Match raus ohne wie Versager auszusehen, aber auch ohne das Cody sich vorwerfen lassen muss, sich selber ein Superman-Booking vorzubehalten. Bin auch nach dem Match kein Fan von Darby Allin, aber Cody hat ihn trotz allem gut aussehen lassen und ihm einen kleinen Kickstart für zukünftige Pushes verpasst. Cool!

SCU vs. Private Party vs. Best Friends war überraschend "Meh", die Vingnetten wirkten nicht allzu lustig, das Librarian-Match war nicht soooo geil, auch wenn der Gimmick natürlich ein Heel Gimmick ist und scheiße sein _soll_... aber J[s:abraileybeily] Jebailey vs. Michael Nakazawa war einfach sooooo geiler Fanservice. Ich weiß noch, wie die Leute über Jabeily Jebailey gelacht haben, als er extra ein Wrestling-Match bei CEO veranstaltete, wo es im Grunde nur darum ging, dass der sich einen Herzenswunsch erfüllte. Ich hab das Match nie gesehen, ich weiß nur, dass die Leute überrascht waren, wie wenig schlimm das gewesen sein soll. Der Gegner damals auch schon Michael Nakazawa.

Und das war wirklich schon das Match, wo ich richtig richtig Bock hatte auf das PPV. Jabeily Jebailey (Ich hoffe ich schreib den Namen richtig, sonst wird das nachher noch ne Edit-Nervhölle...) ist klar ein Hobby-Wrestler, aber ich kann mit meinem Adlerauge für Talent jetzt schon erspechten, dass seine Begabung an diesem Punkt (Zwei Matches) sowohl die von Lacey Evans als auch dem gut (?) gereiften WrestlingSports Entertainment-Veteran und dem objektiv besten WrestlerSports Entertainer in the Wooooooooooooooooooooooorld Shaaaaaane McMaaaaaaaaaaaaaaaaaahoooooooooooon UM WELTEN überlegen ist. Match Intelligence, Creativity, Athleticism - allein wie wenig Jabeily Jebailey geschwitzt hat zeigt, wie viel Potential in diesem jungen Up-and-Comer noch nicht ausgeschöpft ist. Ich würde Paul Levesque wirklich mal empfehlen, einen Blick auf diesen Kameraden zu werfen, ihn in NXT groß zu machen für eine potentielle WWE-Universal-Title-Feud gegen Shane, das wäre potentiell krasser als Okada gegen Omega bei Dominion. Allein, dass er einen Beutel voller Arcade-Stick-Buttons als Thumbtacks benutzt hat und Nakazwa mit einem Cliboard (!) und einem Hori-Stick attackierte und Nakazawa nur durch Foul Play mit seinem Stinki-Tanga gewinnen konnte (Erstes _richtige_ dusty finish in AEW, aber auch nur weil Jabeiley Jebailey jetzt nicht für irgendeinen zukünftigen Titel Run protected werden muss...)... fuck, das war ganz schön sports entertaining! Sauviele references für die FGC; an einem Zeitpunkt hat Nakazawa Jabeily Jebailey mit einem Gamecube-Controller gechoked... supergut. Super super gut und genau das, was es sein soll, und wenn man sich anguckt, wen die WWE teilweise seit den neunzigern in den Ring lässt gar nicht sooooooo übel.

Das Librarian-Match... ich bin drüber hinweggegangen, und es war auch nicht so gut, aber es ist ein guter Punkt, anhand dem man zeigen kann, wie gut das Publikum drauf war. Es gab chants gegen das Konzept von Büchern und Lesen an sich. "Books suck!" und wie das benutzt wurde, dass Gamer so mega bildungsfeindlich und Kellerkinder sind und wie nonchalant das Publikum das für sich vereinnahmt und umgedreht hat, einfach super geil. Das ist die bestmögliche Stimmung für Wrestling. So wie ich auch diese "Drive a Prius"-Chants von der Mini-Crowd in Washington State richtig cool fand, wenn die einfach raffen was passiert und darauf dann noch einen draufsetzen... ich liebe das. Wie gesagt, das Match war eher lame, bis auf die extremst, fast proktologisch detailliert betonten Popos der zwei Wrestlerinnen, nicht sehenswert, aber die Crowd Reaction und die schiere Absurdität, den Beruf eines Bibliothekars und die Idee von "Belesenheit" zu einem Wrestling-Gimmick zu machen (Und damit zu scheitern, aber eben kontrolliert und kalkuliert), das ist erheblich smarter, als die meisten Leute einräumen würden, die völlig zurecht die Librarians ausbuhen. Ich find das gut, dass die so einen Reibungspunkt mit dem Publikum konstruiert haben, und ich finde es auch gut, das quasi der "Wildcard"-Fan, der übers Casting dazukam, einen Heel verkörpert, weil sie dadurch halt auch ohne Konsequenz für die Story verlieren kann.

Cima vs. Christopher Daniels war die beste Form von Old guy wrestling. Langsamer warm up, Steigerung, coole Sachen am Ende, alles safe, alles zum Ende hin flott, keine beschwerden, aber auch nichts, von dem ich meinen Enkeln erzählen würde. Ausser halt, wie gut CD und Cima in Form sind. Ich hab mit meiner besseren Hälfte überlegt, wie viele asiatischen Wrestler es gibt, die noch leben, aus eben dieser bzw. eher der Generation da drüber, und wie wenige westliche Legenden es im Vergleich gibt. Respekt an Daniels, dass er immer so gut gearbeitet hat, dass er jetzt noch Dividende davon einkassieren kann; er wollte ja eigentlich letztes Jahr "in Rente" gehen und nur noch off-ring-stuff machen, aber so wie Nakamura oder R-Truth, bzw. eigentlich besser als die (Wobei man immer nur das sieht, was die WWE ihnen erlaubt zu zeigen, wenn sie überhaupt on camera time kriegen) auch mit fast fünfzig noch on the top of his game, muchas rezpect. Cima kriegt halt den Pin, weil SCUUUUUUUUUUUUU bei DON gewonnen haben, guter einsatz von ja-eigentlich-nicht-fifty-fifty-booking.

Riho vs. Yuka Sazaki vs. Nyla Rose war ein Paradebeispiel dafür, wie man ein Frauenmatch bookt. Nyla Rose als Big Girl gegen zwei Frauen mit der Physiognomie von 14jährigen Mädchen. Was natürlich der Trick ist, den sie inszenatorisch zu Nutzen wissen. Nyla Rose konnte Doppel-Pins und Doppel-Boston-Crabs machen, sie konnte wie ein Gabelstapler beide hintereinander nach Top-Rope-Aktionen auffangen und suplexen... das war richtig gut. Ich mochte das lieber als beide Frauenmatches bei DON. Kurzweilig, obwohl das auch fast ne Viertelstunde brauchte. Cooler Shit. Nyla Rose ist als große Frau ja wirklich in den Schatten gestellt worden von Awesome Kong bei DON, und obwohl sie nicht gewann, hat sie als Performerin eine ganz tolle Figur abgegeben!

Danach kam der bereits erwähnte imo mittelmäßigste Bout des Abends, aber MJFs Promos waren natürlich toll. Cody vs. Darby Allin hab ich auch schon durch... was war noch... Ja:

Young Bucks und Kenny gegen Lucha Bros und Laredo Kid. Laredo Kid noch nie von gehört, aber war gut und hat von seinem Team in dem Match auch am meisten gearbeitet. Wo Young Bucks gegen Lucha Bros bei DON ein instant classic war, war das über weite Strecken auch wie ein ziemlich gutes WWE-Main-Roster-Tag-Match (Und zwar im hier und heute, und die Tag Division ist in Relation zu dem was möglich wäre die letzte Scheiße vom Arsch), am Ende aber coole Insanity. Kenny sah super Scheiße aus in seinem Akuma-Cos, Young Bucks waren als Ken und Ryu verkleidet, und der Finisher war ein Triple Hadoken, fun a/f. Fanservice und Wrasslin, was will man mehr?

Main Event Joey Janela gegen Moxley... ich bin jetzt nicht soooo der Fan von Hardcore Wrestling, aber das? Das war cool. "Eklige" Spots, aber nichts, wo ich wirklich Angst um einen von denen haben musste. Ibushi vs. Naito und Goldberg vs. Taker fand ich tausend mal schlimmer anzugucken, und BEIDES explizit keine Hardcore-Matches. Langsam fingen sie sich an, durch das ganze Telefonbuch der Tables, Chairs, Barbed Wire Chairs, Ladders, Barbed Wire Boards und Thumbtacks emporzuarbeiten. Das Blading war sogar, dare I say so, ästhetisch. Dieser eine Flatschen mit dem Barbed Wire Steel Chair von Janela auf Moxleys Rücken hinterließ nach einem, nichtmal besonders platziert wirkenden, Schlag gleich ein sehr hübsches Muster aus Cuts über die Oberarme, Schulterblätter und unteren Rücken hinweg aus, welche über die Zeit des Matches hinweg mit der Sparsamkeit und angemessenen Obacht einer schwäbischen Hausfrau bluteteten.

Spätestens als die Thumbtacks ausgepackt wurden und die DDT-Party losging, war das schon sick fuck shit, wie auch ich ihn noch befürworten kann. Mein liebstes Moxley-Match bisher, auch wenn das mit Juice Robinson spektakulärer war (und als "mission statement" sein musste), war das hier mehr so ein "Let me show you around through my arsenal of sick fuckery"-Match, was ich sehr gut fand.

Am Ende kam dann Punished Kenny und hat versucht, Rache zu nehmen! Moxley wirkte ernsthaft verstört!

Fazit: Es war kein DON 2, sollte es auch nicht sein, und hat nichts davon wirklich getoppt, aber häufiger das Niveau gehalten als nicht und darüberhinaus viele neue Sachen gezeigt. Alles wirkt immer noch äußerst frisch und spannend, und man sieht eigentlich nur Premieren und kann beobachten, in welche Richtungen sich Sachen entwickeln quasi von Tag 1 an. Ja, es hatte durchaus Züge davon, auszutesten, wie man eine wöchentliche Show machen könnte, allein durch die viel größere Präsenz, die Storytelling ausserhalb der Matches im Vergleich zu DON einnahm, aber das ist eine gute Sache und für sich betrachtet ebenfalls frisch und neu. Es macht schlicht Spaß, fähigen Leuten dabei zuzugucken, wie sie aus einer guten Sache emsig dabei sind, eine hervorragende Sache zu machen, auch und weil sie da noch nicht komplett angekommen sind.

Was will man mehr, als das man ein gutes WWE-Produkt parallel dazu gucken könnte? Wer verliert dabei? Niemand!

Fight for the Fallen, heute in zwei Wochen! Ich hab Bock!!!


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