Thema:
Re:SpOn: Geständnis im Mordfall Lübcke. flat
Autor: Phil Gates
Datum:26.06.19 14:12
Antwort auf:Re:SpOn: Geständnis im Mordfall Lübcke. von king_erni

>Das Problem hier ist einfach, dass die BRD halt nie wirklich "entnazifiziert" wurde, sondern man es mit der Genauigkeit nach den Nürnberger Prozessen steil bergab ging.

Das war aber in der DDR nicht anders. Soll jetzt keine Rechtfertigung sein, aber zumindest hat man in der Bundesrepublik das Dritte Reich nicht komplett totgeschwiegen. Zumindest unsere Generation kann sich nicht beschweren, in der Schule nichts über die Nazis gelernt zu haben, das war in der DDR nicht in dem Maße der Fall, weil das personifizierte Böse der ganze Westen war und nicht nur die Nazis. Was dann nach der Wende dazu geführt hat, dass sich viele Nazigruppierungen gebildet haben. Jaja, ist jetzt arg verkürzt, hat auch was mit den sozialen Bedingungen usw. zu tun, ich weiß. Generell kann man sagen, dass nach dem Krieg auf die alten Kader zurückgegriffen wurde, weil die einfachen Landser von der Front, die mehr oder weniger gezwungenermaßen in den Krieg gezogen sind, aber politisch nicht oder kaum belastet waren, entweder tot waren oder zu jung/unerfahren, um Führungspositionen in der Verwaltung und Wirtschaft einzunehmen. Die haben ja ab 1939 an der Front gedient, statt zu studieren oder Karriere zu machen.

>Erst als die Isrealis Eichmann 1961 den Prozess gemacht hatten kam das Thema gerade in Studentenkreisen überhaupt mal wirklich auf den Tisch. Die Alt-Nazis in der BRD hatten halt schlicht das Glück, dass die Alliierten nach ihrer Besatzung zu Hause genug zu tun hatten und Deutschland als strategisch wichtigen Partner im Kampf gegen den Kommunismus brauchten.

Und die Bevölkerung sich schön ins Private zurückgezogen hat, mit Kacheltisch, Käfer, Fernet Branca und Mettigel. Die wollten bloß nix mehr hören von Hitler und an die eigenen Schandtaten oder die des Landes erinnert werden.


>Ein Großteil der damals im Ausland inhaftierten NS-Kriegsgefangenen wurde dann ja auch ohne Prozess wieder zurück ins Land geschickt und konnten weiter unbehelligt ihr Leben fortführen (wir erinnern uns an den SS-Opa, der vor geraumer Zeit durch die Medien ging). Die wenigen Kriegsverbrecher, die aufgrund der exponierten Gräuel ihrer Taten nicht so einfach entlassen werden konnten, wurden dann auch immer wieder schön von der amtierenden Adenauer-Regierung hofiert und um deren Amnestie förmlich gebettelt (dieses Vorgehen fand übrigends bis in die späten 1980er Jahre unter jeder Regierung weiter statt, nur halt weniger öffentlich).

Wobei Adenauer selbst im KZ inhaftiert war. Dass er aus politischem Kalkül nichts gemacht hat, ist da schon bemerkenswert.

>Es ist eine totale Farce, wenn man sich vor Augen führt, dass von Breda und Co. mit Weihnachtsgeschenken, Privat-Besuchen und -Konzerten in ihrer Gefangenschaft betüdelt wurden, während die Opfer der NS-Verbrechen in der BRD gleichzeitig um ihre Entschädigung kämpfen mussten. Betrachtet man dazu, wie viele Alt-Nazis in öffentlichen Ämtern verbleiben konnten und, wie Mr. Deutschland schon schrieb, große Teile des BND und des Verfassungsschutzes sich auch aus Alt-Nazis rekrutierten, so ist es kein Wunder das dieser Teil der deutschen Exekutive auf dem rechten Auge mehr als blind ist.

Alt-Nazis haben sich jetzt ja biologisch erledigt. Und ich habe schon den Eindruck, dass es mehr öffentlichen Druck gibt, gegen rechts vorzugehen. Dass bei der Verfolgung geschlampt wird, würde ich nicht einmal auf eine Verschwörung zurückführen. Generell sind die Ermittlungsbehörden heillos überlastet und - ja - zum Teil auch korrupt. Die OK macht in den Großstädten was sie will. Clans, Hells Angels... Da gibt es ebenfalls immer wieder Skandale mit V-Leuten usw.


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