Thema:
Re:Kükenshreddern bleibt erlaubt flat
Autor: token
Datum:14.06.19 10:38
Antwort auf:Re:Kükenshreddern bleibt erlaubt von Sockenpapst

Sorry, ich kann nicht mehr anders als auch hier nicht anders als von der Seite einzugrätschen. Du bist nämlich für mich einer meiner Lieblingsmenschen wenn es um gewitzte, stichhaltige und auf den Punkt kommende Argumentation geht.
Und ich bin baff zu welchem Quatsch du dich hier hinreißen lässt.
Sollte ich ob dieser Wahrnehmung dass das hier praktizierte "Gesprächsführung im argumentativen Vakuum" sei, falsch liegen, bitte ich um Erklärung.

Meine Perspektive warum ich das denke, und ich will ausdrücklich nicht trollen oder provozieren:

Es geht noch normal los:
>Jepp, wer grundsätzlich damit leben kann, dass Tiere zum konkreten Nutzen des Menschen gezüchtet und getötet werden, kann zweifellos auch damit leben, dass sie einfach ohne jeden (nicht monetären) Nutzen getötet werden.

Darauf folgt schon der erste unsachliche Seitenhieb tse Niveaulosigkeit ob seiner Frage zu unterstellen, aber egal, Rauschen, das da oben ist ein Argument.
Es ist falsch.
Diese Praxis erfüllt einen monetären Zweck, herrje, wenn Industrie etwas nicht braucht dann ist es jemand der ihnen von Außen erklärt wo sie denn etwas täten was sinnlos ist, was Zeit verbrennt, oder was Kapital verbrennt.
Man ist in einem fortwährenden Optimierungsprozess, jedes Cent-Stück wird in tausend Einzelteile zerbröselt, und jedes Staubkorn wird dann auf optimale Effizienz durchleuchtet. Und damit hört man niemals auf.

Worum es hier geht ist der cost of income. Das ist eine der wichtigsten Unternehmensquoten überhaupt. Beim cost of income geht es um die Frage, wieviele Cent muss ich pro verdientem Euro einsetzen. Diese Quote mag intuitiv wie ein befremdliches Gierschlundkapitalistenvehikel klingen, da ist also jemand nicht damit zufrieden dass er Gewinne macht, nee ey, der möchte pro eingesetztem Euro auch extrem viel Gewinne machen.

Stimmt aber nicht. Das ist extrem wichtig. Deine Ressourcen sind endlich.
Kurz erklärt:
Als Arbeitnehmer ist dein Kapital Zeit. Es ist begrenzt. Wenn du in Job A 5 Euro die Stunde verdienst und in Job B 20 Euro die Stunde verdienst, verdienst du erstmal in beiden Jobs Geld. So wirst du aber nicht denken, denn natürlich wirst du in Job B besser unterwegs sein, und wenn du beide Optionen ziehen kannst, wirst du Option B ziehen. Weiter, obwohl du bei Option A Geld verdienst, wird es dir bei Option A auch wenn du über die Runden kommst schlecht gehen und du bist einem permanenten Existenzrisiko ausgesetzt.

Jetzt geht es weiter, du fängst an dich zu optimieren. Wenn Job B etwas ist das du immer sicher kriegst und immer sicher tun kannst, wird es beim Abwägen deiner Optionen zur Optimierung rechnerisch intransparent und umständlich bei Job A zu sagen, das ist eine +5. Wenn die +20 etwas ist, was egal was passiert gebongt ist dann wird die Plus 20 zur Null, das ist deine Benchmark, deine Optionen werden zu Deltas zu dieser Benchmark. So siehst du instant was Phase ist.
Heißt, nun ist Job A keine +5 mehr, sondern eine -15.

Zurück zum Unternehmer. Der macht diese Form von Rechnung. Diese Form von Rechnung ist auch recht nah dran zu dem wie das Unternehmen für den Anleger funktioniert. Wenn du ständig Minusentscheidungen triffst, wirst du Kursverluste erzeugen, das heißt, der Anleger verliert Geld, auch wenn du weiter Gewinne machst.

Es geht aber noch weiter. Du musst im cost of income recht sportliche Quoten erfüllen um überhaupt an die Börse gehen zu können. Da wir im Hinblick auf die Massentierindustrie nicht von Oma Ernas Erdbeerfeld sprechen, ist sowas nicht ganz unerheblich. Du bist zudem auch nicht allein auf dem Markt. Du hast Konkurrenz. Die machen das gleiche wie du. Und wie du versuchen sie sich ständig zu optimieren. In diesem Optimierungsprozess spielt Moral und Ethik keine Rolle mehr. Das ist einfach ein abstrakter Prozess an dem zwar mehrere Menschen arbeiten, aber wo es nicht um menschliche Ethik geht. Du hast einen Job, du bist ein Rädchen. Um Ethik brauchst du dir keine Gedanken zu machen, du hast einen gesetzlichen Rahmen in dem du agierst. Ob deine Entscheidung moralisch wertvoll oder fragwürdig ist, ist nicht das woran du in deiner Rolle gemessen wirst. Wenn du ständig Minusentscheidungen triffst, und beim Konkurrenten jemand ist der Plusentscheidungen trifft, dann wird deine miese Arbeit transparent, du wirst gefeuert und jemand anderes wird eingestellt der bessere Entscheidungen trifft als du es getan hast.

Diese ganze Mechanik entzieht sich entsprechend menschlicher Kontrolle, sie folgt einem internen Regelwerk, der Gesetzgeber setzt dabei die gestzlichen Leitplanken dafür was man darf und was man nicht darf. Innerhalb dieser gilt es das bestmögliche Resultat zu erzeugen.
Und cost of income ist kein Quatsch, es ist elementar im Kapitalismus, die sogenannten Zombieunternehmen die aktuell so viel Kopfzerbrechen bereiten, sind keine Verlustunternehmen. Wären sie Verlustunternehmen wären sie schon längst pleite, weil sie weitere Kredite ziehen müssten um sich zu tragen, die sie dann ob ihrer Performance nicht mehr bekämen. Die wären dann schon weg. Sie sind Zombies weil ihr cost of income zu hoch ist, spricht, setzt man diese realen Marktbedingungen aus werden sie massenhaft kollabieren, da sie ihr Kapital nur verwalten können und nicht wie es notwendig ist, vermehren können.

Ergo:
Wenn sich da so eine Praxis etabliert, dann nicht weil in der Chefetage ein Fettsack sitzt der ein passionierter Kükenmörder ist, sondern weil es einen monetären Zweck erfüllt. Es ist nicht nur ein Grund, das ist fucking DER Grund für diese Praxis. Es ist aus monetärer Sicht die beste Lösung.


Das Problem bei dieser Diskussion ist hier IMO dass bestimmte Leute nicht in der Lage sind die Sachlage nüchtern zu betrachten. Weil Küken im Schredder landen. Man könnte das alles viel unaufgeregter diskutieren wenn es um Holzverarbeitung ginge. Beim Zuschnitt entstehen Späne. Auch diese Späne sind grundsätzlich ein Rohstoff. Nun mag es Optionen für eine Technik geben die keine Späne erzeugt sondern 100% verwertet. Und es mag Verwertungszwecke für Späne geben.
Nichtsdestotrotz kann die beste Lösung aus Unternehmersicht sein, diese Späne zu entsorgen.


Okay, ich hab hier schon wieder so eine verkackte Textwüste produziert obwohl ich mich kurz fassen wollte.
Sorry.
Ich halte den Rest kurz. Ich muss erstmal weiter Vorwürfe machen, denn danach verlassen wir das argumentative Gefilde, schwingen die Kommunistenkeule und argumentieren wie etwa hier:

>>>Es ist ein Teilaspekt eines gesamten Themenkomplexes. Und ich behaupte, dass man ihn tatsächlich isoliert betrachten kann.
>>
>>Ich kann das nicht verstehen.
>
>Das merke ich. Nimm einfach zur Kenntnis, dass manch einer es trotzdem tut.


Weißte selbst was das für ein Stunt ist.

Genug davon, ich hab dich lieb. Aber ich finde so ein Verhalten im Diskurs in einem Kreis mit Leuten wo wir doch voneinander wissen dass wir uns nicht rechthaberisch auf den Sack gehen wollen sondern austauschen und dabei gewillt sind aufeinander einzugehen, nicht sinnvoll. Und mein Standpunkt ist, nicht tse hat hier unsachlich ein Fass aufgemacht und erntet nun was er sät, sondern dass er hier von einer Reihe von Leuten in eine Ecke gedrängt wird, in die er nicht gehört, mit unsachlichem Quatsch an dem du dich beteiligst.

Eine Aussage von dir unterschreibe ich natürlich.
Nämlich, wenn man etwas besser machen kann, dann darf der Aspekt dass man es eigentlich noch besser machen könnte, kein Beweggrund dafür sein eine mögliche Verbesserung zu unterlassen.

Was ich aber denke ist, das ist hier schlicht und ergreifend nicht Fall.
Ich würde nicht nur sagen, es wird nicht besser, sondern, es wird dadurch sogar schlechter.

Zum einen, wenn reguliert wird, dann bitte mit Sinn und Verstand. Sonderregularien die einen Widerspruchscharakter zu generellen Regularien haben und auf Inselphänomene angewandt werden, führen nur zu einer zerfransten inkonsistenten Überregulierung die keinen weiter bringt und nur Geld kostet und Aufwände erzeugt ohne coole Ergebnisse voran zu bringen.

Ich sag mal so, wenn mein mieses Karma mich so ficken sollte dass ich next life als Industrieküken zur Welt komme, dann ist das beste worauf ich hoffen kann dass es noch für den Schredder reicht. Kurz und Schmerzlos. Und vorbei. Die Massenindustrie im Bereich Tiererzeugnisse hat den Kükenschredder aus meiner Perspektive als vorbildliches und vorzeigbares Idealprodukt. Alles was abseits dieses Schredders passiert ist schlimmer. Besser wird davon gar nix mehr. Das ist deren moralischer und humanistischer Höhepunkt.

Dieser Höhepunkt ist im Hinblick darauf welche Rechte man Tieren zugesteht derart regelkonform, dass wenn sowas im Grundsatz nicht mehr okay ist, nicht nur die Massenindustrie in Schieflage geraten würde, wenn das vom Prinzip schon nicht mehr passt, würde selbst die Bioindustrie ordentlich ins Wackeln kommen.

Das berührt die Menschen irgendwie? Dann lasst es bitte so stehen. Besser wird es nämlich nicht. Auch wenn die Haltung die reine Qualexistenz ist nicht diesen Schockeffekt mitbringt wie das geflexte Knuddelküken ist das geflexte Knuddelküken nicht das Format das Leid erzeugt, sondern das Format das Leid minimiert. Das ist die dreckige Wahrheit. Und wenn dieses Format obwohl es nüchtern betrachtet nicht schlimm ist wenn man das Töten von Tieren akzeptiert, eben weil es so schnell und sauber geht, ans Nachdenken bringt. Gut. Dann denkt nach. Dann ist das halt das Überlandrohr das den Industriedreck in deinen Fluss kippt, es hilft niemandem diese Entsorgung zu vergraben. Es ändert fucking nichts.

Und überhaupt, was ist so schwer daran ehrlich zu sein?
Wenn ich okay bin damit was da los ist, dann muss ich auch damit okay sein das Küken zu flexen. Es gibt ihn nicht diesen Unterschied der daraus etwas anderes macht als in der weiterführenden Verwertungskette, das ernsthaft zu meinen dass dieser Unterschied da wäre bei den Küken ist imo eine hochgradig inkonsistente Moralvorstellung. Wenn sie nicht inkonsitent ist, bitte erklären warum das Schreddern ein Sonderfall ist der erhöhte Aufmerksamkeit verdient und dringende Handlungsnotwendigkeit erfordert. Und, imo ist es doch nicht schlimm das okay zu finden. Dann tickst du halt so.

Oder du findest es nicht okay und siehst, ich werde in meinem Verhalten meinen eigenen moralischen Ambitionen nicht gerecht. Ist nicht schlimm. Willkommen im Club. Ist ein Massenphänomen. Piaget hat diesen Aspekt zu einem seiner Schwerpunkte in der Moralpsychologie gemacht. Was hier hilft ist zu verstehen warum das so ist, und nicht sich selbst in dieser Problematik zu verleugnen und sich was vorzugaukeln mit irgendwelchen aktionistischen Empörungsnebelkerzen für die Gallerie.

Ich hab dazu zuletzt einen Beitrag im DLF gehört über eine aktuelle Studie.
Das Phänomen hat nun den feschen Begriff Attitude-Behaviour-Gap. Die Studie fand im Rahmen von Kleidung statt, dürfte sich aber letztlich im Grundsatz nicht großartig von der Problematik in der Tiererzeugnisindustrie unterscheiden, dafür aber deutlich weniger emotional aufgeladen sein.

Spannend war dass die Studie zu Schlüssen kommt, die der vorherrschenden Intuition widersprechen. Es wird ja immer gesagt, ein maßgeblicher Beweggrund sei Geiz. Respektive nicht vorhandenes Kapital. Die Studie sagt, das spielt eine komplett untergelagerte Rolle, es gäbe keine maßgeblichen Veränderungen in Kaufquoten je nach Einkommensklassen, die Menschen die fair kaufen sind sich über die Schichten hinweg recht ähnlich in dieser Quote, heißt, auch unterhalb von Reichen wird im Grunde genau so unfair eingekauft wie bei ärmeren, relativ betrachtet. Das was maßgeblichen Impact auf das Kaufverhalten hätte ist schlicht und ergreifend das vorherrschende Angebot. Wenn Kleidung im Internet gekauft wird, geht diese Fairkauf-Quote über alle Schichten hinweg richtig hoch, einfach weil diese Angebote da sind. That's it. Das sei der größte Hebel für faires Konsumverhalten laut Studie. Angebot schaffen.

Kurzum, meine Meinung. Lasst sie schreddern. Das ist nicht das Problem. Es ist nicht mal _ein_ Problem. Wenn Tiere töten okay ist, dann tötet man eben Tiere. Und wenn Tiere mit einem Rechtekatalog der marginal über normale Industrierohstoffe geht okay sind, und so ein Rohstoff dann in Industrieprozessen die stetigen Prozessoptimierungen unterliegen, joa, so sieht das aus. Also das was daran noch gut ertragbar ist sieht so aus, die fiesen Dinge passieren wenn man es nicht in den Schredder schafft. Die Spielräume nach Unten sind enorm, aber offenbar weniger publikumswirksam.

Wenn man einfach hingeht und etwas das in diesem Rahmen okay ist als nicht okay tituliert, aber nur für so eine Spezialinsel, dann reguliert man an so einer Stelle einen Gewinnverlust herbei und erhöht den Druck da wo man nicht mehr hinschaut "besser" zu werden um das abzufangen.

Statt sich künstlich zu empören sollte man sich selbst gegenüber einfach ehrlicher sein. Und wenn man was im Kleinen leisten möchte, dann nicht im Internet ohne stichhaltige Argumente rumheucheln, sondern die Nachfrage schaffen die Angebote fördert. Meine Meinung.


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