Thema:
Re:gibt es überhaupt Gegner von Umweltschutz? flat
Autor: token
Datum:30.05.19 19:40
Antwort auf:gibt es überhaupt Gegner von Umweltschutz? von dixip


>Im Gegensatz zu mj glaube ich auch nicht, dass die Folgen eines "Weiter so" genau beschrieben sind. Es gibt natürlich Prognosen für Temperaturen, Berechnungen für den Meeresspiegelanstieg etc. Aber die ökologischen Wechselwirkungen sind unklar. Das es nicht rosig wird, ist absehbar, aber inwieweit Landwirtschaft noch möglich sein wird, wieviel Länder nicht mehr genug Wasser/Nahrung haben werden, wird man sehen. Wie dann die sozialen Folgen aussehen, ist noch viel unklarer.
>

Die Zeichnung von business as usual Szenarien gibt es. Da gibt es nur gleich mehrere Probleme. Zum einen sind fatalistische Zeichnungen eher hemmend, da stecken die Menschen den Kopf in den Sand.
Zum anderen ist das Drohszenario im Gesamtbild derart verstörend krass, und weist in seinen Unwägbarkeiten derartige Fallhöhen auf, dass es von Menschen als Übertreibung begriffen wird, und man so gleich die komplette Glaubwürdigkeit in Frage stellt.
Es ist also ein absurder Balanceakt zwischen einer Sensibilisierung dafür wie fucking ernst es ist und dass es kein Netz und keinen doppelten Boden gibt, das ein Problem ist dass man nicht aussitzen kann, aber auch immer schön positiv bleiben mit "wir schaffen das" um die Menschen mitzunehmen.

Im Ergebnis ist es dann zu wenig und man sitzt in dieser kuriosen Falle zum einen ein Projekt auf den Weg bringen zu müssen das ein globales Ziehen an einem Strang erfordert, zum anderen aber auch nicht die wahre Dringlichkeit vollends transparent machen zu dürfen (was ja auch nicht funktionieren würde).

Ein Eiertanz für den eigentlich keine Zeit da ist.
Hinzu kommt, diese Mehrkosten mit absurden Milliardenbeträgen als direkte Folge des Klimawandels sind längst da. Und direkte Folge der Schludrigkeit der vergangen Jahrzehnte bei dem Thema. Dazu gehören natürlich diverse Naturkatastrophen die sich häufen, aber auch Dinge wie riesige Investitionen in Landwirtschaft für infrastrukturelle Maßnahmen, etwa Bewässerung, auch in Deutschland.
Dass das so ist, also wir eigentlich schon mitten drin sind in der gesamtgesellschaftlichen Unwirtschaftlichkeit als Folge des rumschlawinerns, ist offenbar gar nicht mal bewusst. Also dass wir keinen Cent gespart haben, keinen Wohlstand auf Kosten der Natur aufbauen konnten, sondern als Gesellschaft schon heute draufzahlen müssen damit sich Industriemagnate mit solchem Raubbau in Heuschreckenmanier die Taschen vollmachen. Wir haben also nicht mal etwas davon gehabt und machen schon jetzt Miese mit dem Kurs. Hält man schön bedeckt und kämpft immer noch damit zu erklären wie teuer Strom aus Kohlekraftwerken wirklich wäre wenn man Folgen einpreist und nicht verschenkt, wie teuer Fleischproduktion eigentlich wirklich wäre wenn man das einpreist. Und wehrt sich immer noch dagegen eine klar begrenzte Ressource, nämlich die Menge die Atmosphäre aufnehmen kann bevor es endgültig kippt, zu besteuern.

Es ist zum Mäuse melken und deprimierend, dass die Aussichten nicht rosig sind ist eine klare Untertreibung, und Krieg in anderen Ländern vielleicht auch nur ein nachgelagertes Problem. Die jungen Menschen sind immer frustrierter und wütender. Die Partei die an der Macht ist weiß sich nicht anders zu helfen als diesen Ärger regulieren zu wollen, statt ernsthaft den Diskurs zu suchen und einzulenken. Und viele Jahre bleiben nicht mehr. Auch sowas kann man nicht zielsicher antizipieren ob so ein Kurs sich auch irgendwann in Gewalt entladen kann, aber es ist schon ein perfekter Nährboden dafür dass sich einige wenige Frustrierte irgendwann nicht mehr damit begnügen werden Videos zu drehen und auf die Straße zu gehen und sich dafür von Machthabern diffamieren und beschimpfen zu lassen, sondern eben auch radikalisieren. Genau so entstehen solche Bewegungen.

Diese Untertöne sind längst da, eine Greta spricht offen davon, dass wenn dieses unsere System die Herausforderungen nicht bewältigen kann, man es notfalls zerschlagen müsste. Die Youtuber reden davon dass sich die Politiker bei ihnen gerade keine Freunde machen. Und man lenkt nicht ein, nicht mal mit einem profanem "we listen" für die Galerie.

Also, gerade jetzt wo wir auf einen beispiellosen Schulterschluss angewiesen sind und die Solidarität aller Instanzen bräuchten, erleben wir das Gegenteil, nämlich Spaltung, und diese geht in alle denkbaren Richtungen. Und ich fürchte, diese Entwicklung ist noch nicht am Ende.

Ich sehe im Grunde nur zwei Möglichkeit, Arsch zusammenkneifen, Tacheles reden und den Planet Erde zu einem globalen Projekt machen und da Aufbruchstimmung entfachen, den Menschen ein Ziel geben was ja jeder der bei Verstand ist auch selbst will, und ihnen dann auch diese Macht geben mit Regularien und klaren Leitplanken als Orientierung Erfolge zu feiern. Dabei wird es dann auch Verlierer geben, die gibt es immer wenn sich etwas verändert. Aber wenn sich nix ändert verlieren halt fast alle.

Oder Phrasen dreschen, Clusterfuck bei dem niemand weiß wie schlimm es wird, nur, dass es verdammt schlimm wird, und anschließend Schdensmanagement bei dem dann etwas illustriert wird das wir schon vergessen haben. Nämlich was Darwin beschrieben hat, und dass wir auch ein Teil dieser Spielregeln sein können wenn der kulturelle Mantel den wir uns übergestreift haben und der uns von diesem Spiel ausklammert, erstmal in Flammen steht. Was ist wenn Lebensräume nicht mehr reichen. Wasser nicht mehr reicht. Nahrung nicht mehr reicht. Gewohnte Habitate die hunderte Millionen beheimaten vollständig als Lebensraum untauglich werden.

Auf alles davon haben wir schon die Vorgeschmäcker bekommen. Eine Wirtschaft die fast global kollabiert ist. Und das wegen Investments in Immobilien. Naturkatastrophen die Rekorde in Ausmaß und Frequenz aufstellen. Und riesige Flüchtlingswellen und gesellschaftliche Unruhen bei denen die Ratio eine Auszeit bekommt und machthungrige Scharlatane die Gunst der Stunde nutzen und Erfolg damit haben.
Und dann stelle man sich vor, alles davon passiert plötzlich gleichzeitig, und jede Flanke davon in einer noch höheren Intensität. Nicht rosig?


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