Thema:
Re:Elektroauto Verkäufe in EU um 85% gestiegen flat
Autor: X1 Two (deaktiviert)
Datum:10.05.19 10:42
Antwort auf:Re:Elektroauto Verkäufe in EU um 85% gestiegen von suicuique

>>Ohne absolute Zahlen ist das Ganze  wenig Ausagekräftig.
>
>Würde ich so pauschal nicht unterschreiben..
>Hier geht es um Entwicklungen von Verkäufen, also quasi um Wachstumsprozesse.
>Da steht eine relative Zunahme erst mal für sich selbst.


Kann man so sehen. Allerdings zeigen andere Beispiele, dass Wachstum nicht unbedingt was über Verkaufszahlen aussagt. Z.B. steigen die Vorbestellungen bei Spielen seit Jahren an. Auch die Verkäufe an Tag 1. Die Verkaufszahlen insgesamt aber nicht.

>Wenn ich schreibe: Die Bevölkerungszahl in Land A wächst jedes Jahr um 4%, dann weiss ich dass besagtes Land mit einer massiven Bevölkerungsexplosion zu kämpfen hat. Ganz unabhängig davon wie viele Menschen in Land A aktuell leben.

Ja, weil du trotzdem eine Ahnung hast, wieviele Menschen in Land A leben und was 4 % bedeuten. Oder behauptest du, du würdest ein Problem sehen, wenn Andorras Bevölkerung jedes Jahr um 4 % wächst?

>
>Ich will nicht sagen, dass absolute Zahlen nicht zusätzlich zur Einordnung beitragen würden. Das tun sie.
>
>Ich finde nur nicht dass relative Absatzentwicklungen für sich "wenig aussagekräftig" sind.


In neuen Märkten sind relative Zahlen komplett bedeutungslos. Von 0 ist alles Wachstum.

Hier mal ein paar echte Zahlen:

Land -------- Q1 2018 EV --- Q1 2019 EV --- Q1 2019 Rest
Deutschland   9.127          15.944         864.148
Frankreich    7.322          10.569         542.766
Niederlande   4.867          9.925
UK            3.895          5.997          695.039
Schweden      1.250          4.091
Spanien       1.153          2.754          314.157
Österreich    1.599          2.547
Belgien       914            2.196
Portugal      726            2.124
Irland        282            1.435
Italien       941            1.183          535.168

Zum 1. März gab es in Deutschland 47.095.784 PKW, davon 83.175 EVs. Ein Jahr vorher waren es 53.861. Angesichts dieser Zahlen von einer Elektorevolution zu reden ist schon sehr realitätsfremd. Elektroautos sind eine Nische und werden das auch noch eine lange Zeit lang bleiben. Sie sind nämlich einfach preislich nicht konkurrenzfähig.

Bei den 38 km, die ein Auto in Deutschland im Schnitt pro Tag bewegt wird (13.870 km im Jahr), sind sie nach über sieben Jahren in dem Bereich, wo sie CO2 gegenüber einem Benziner einsparen. In dieser Zeit verursachen sie Benzinkosten von 1.248,3 Euro (angenommener Verbrauch von 6 Litern Super zu aktuellen 1,50 Euro) pro Jahr. Gleichzeitig verursacht ein EV Ladekosten in Höhe von 624,15 Euro (angenommener Verbrauch von 15 kw/h zu aktuellen 0,30 Euro) pro Jahr. Macht eine Ersparnis von ziemlich genau 50 %. In den sieben Jahren, bis das EV klimatechnisch Sinn macht, spart man 4.369,05 Euro ein. Man zahlt aber für das Auto rund 10.000 Euro mehr als für einen vergleichbaren Verbrenner. Selbst wenn man die zehn Jahre Kfz-Steuerbefreiung für EVs einbezieht kommt man nicht mal ansatzweise in den Bereich, wo das Elektroauto wirtschaftlich sinnvoll wäre. Insbesondere beim Leasing macht es noch viel weniger Sinn. Da fährt man i.d.R. drei Jahre - zahlt aber wegen des deutlich höheren Preises auch deutlich höhere Raten als beim Verbrenner. Und hat gar nicht die Chance, die höheren Kosten durch Einsparungen im Verbrauch reinzuholen.

Und das wird sich auch über eine CO2-Steuer nicht ändern lassen. Dann kauft man eher etwas kleinere Benziner statt Elektroautos. Zumal sich die Verbrauchskosten sogar eher in der Mitte treffen würden, wenn Elektroautos den Massenmarkt erreichen sollten. Dann steigen die Stromkosten wegen der erheblich steigenden Nachfrage, die Benzinkosten sinken wegen sinkender Nachfrage. So richtig kann die Regierung nämlich gar nicht agieren, weil ein Auto heutzutage für die meisten Jobs notwendig ist. Sämtliche CO2-Steuern und Ähnliches würden überproportional diejenigen treffen, die sich kein neues Auto leisten können und eben ihren zehn Jahre alten Stinker weiterfahren, bis er auseinanderbricht.

Solange Elektroautos nicht im Massenmarkt ankommen (und der liegt bei bis zu 25.000 Euro für Neuwagen), gibt es keine Elektrorevolution. Und selbst dann ist es noch ein Abwägen der Nachteile und keine einfache Entscheidung. Denn ein EV mit 800 km Reichweite für unter 25.000 Euro wird es in den nächsten zehn Jahren nicht geben. Und ich glaube keiner empfindet Tanken/Laden als etwas Angenehmes. Auch wenn man nur 38 km pro Tag fährt ist es halt deutlich schöner, nur einmal alle drei Wochen fünf Minuten lang tanken zu müssen - statt z.B. im Winter alle fünf Tage für eine Stunde (bzw. angesichts der Ladestärken eher drei Stunden) aufzuladen.


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