Thema:
Re:Good Read: Sascha Lobo flat
Autor: spinatihero
Datum:22.03.19 13:37
Antwort auf:Re:Good Read: Sascha Lobo von tak

>Es ist nicht meine Meinung, dass jedes Startup unter Artikel 13 fällt. Wenn ein Unternehmen doch darunter fällt - dann bleibt deine Aussage über Umsatz oder Kundenanzahl einfach falsch.

Das sehe ich anders und berufe mich auf Aussagen in der Reform. So oder so wird in dem Punkt Klarheit herrschen wenn das in nationales Recht fließt. Ich bezweifel weiterhin dass in Deutschland oder in der EU Startups überhaupt diese Vorgaben überschreiten. Und wenn, dann nicht in der aktiven Verbreiterform. Und auch selbst wenn diese Zahlen beim Umsatz erreicht werden, ist das doch möglich Lizenzen abzuschließen. Es gegen ja nicht pauschal 50% des Umsatzes an Lizenzgeber sondern anhand von digitalen Wasserzeichen kann GEMA und Co relativ einfach feststellen wie viele geschützte Sachen verwendet werden und danach abrechnen, wie es bei YouTube, Netflix, ARD, ZDF, WDR und Co schon heute funktioniert. Als Startup Unternehmer muss ich mich doch zwangsläufig unabhängig von Artikel 13 mit diesen Dingen beschäftigen. Es werden doch auch ohne Artikel 13 Medien gesperrt oder gelöscht, nur dass der Urheber hier aktiv werden muss statt der Betreiber. Mit Artikel 13 muss der Betreiber aktiv werden und sich mit Urheber zusammen setzen. Dabei geht es nicht darum jeden einzelnen Urheber eines Tracks auszumachen sondern die größten Vertreter ins Boot zu holen. Deswegen steht auch explizit in der Reform dass ein eindeutiger Wille des Betreibers gezeigt werden muss, bei Wissen über Verletzungen Urheber ausfindig zu machen. Keiner erwartet dass JEDES geschützte Material geprüft wird. Da wird es weiter Urheber geben die nicht vertreten werden und grundsätzlich gar nicht wollen dass deren Material verwendet wird. Die müssen wie bisher den Betreiber informieren dass Video oder Bild oder Text gelöscht wird. Auch das ändert sich nicht.

Wenn ich also ein Startup plane, sollte ich bereits jetzt grundsätzlich wissen wo meine Plattform verfügbar sein soll und wie dort die Rechte aussehen. Bisher mussten GEMA und Co bei Verstößen mühsam die Plattformen hinweisen, in Zukunft könnten Plattformen bei WISSEN über Verletzungen aktiv Verträge schließen. Natürlich könnten sie auch Software verwenden um das auszuschließen. Aber das ergibt wirtschaftlich gar kein Sinn. Aber ich schweife ab. Die Problematik war bisher dass Plattformen wie YouTube sich nicht in der Verantwortung für hochgeladenen Content sahen, da sie ja nur Speicher und Infrastruktur zur Verfügung stellen.

>Bezüglich Umsatz - keine Ahnung, vielleicht gar nicht so viele, aber das spielt keine Rolle, da die Umsätze nur innerhalb der ersten 3 Jahre gelten, danach darf der Startup* auch nur 50 Cent Umsatz machen und 50 Kunden haben und trotzdem davon betroffen sein.

Nein, eben nicht. Nochmal, das wird in einem anderen Artikel definiert. Ich bezweifel auch dass ein Startup mit 50 Kunden eine aktive Plattform mit laufenden Kosten rentabel ist oder dann nicht ohne Aufwand prüfen kann was da verbreitet wird. Resetera hat sicherlich mehr User und dort wird zeitnah auch ein Beitrag gelöscht wenn dieser einen kompletten Artikel kopiert enthält. Das ist dort normal das nur Zitate und Link zu Artikel gepostet werden dürfen. Artikel 13 greift also nur bei den Größenordnungen wo es auch wirtschaftlich Sinn macht Pauschallizenzen zu vergeben. Wie oben beschrieben fände ich es aber eh merkwürdig wenn ein neues Startup Server bereit stellt, damit User Content hochladen und dieser überall zu sehen ist, sich dann aber nicht über Urheber Gedanken macht. In der Zeit als YouTube anfing war das ja quasi Neuland mit dem auch alle klar kommen mussten. Heute wäre das eh nicht mehr möglich und die GEMA stünde sofort mit Forderungen vor der Tür.

>Und sie ist doch falsch?!

Jein, da diese Bedinungen national umgesetzt werden. Deutschland wollte diesen Schutz, hier wird wahrscheinlich nur der tatsächliche Umsatz oder die Erreichbarkeit ein Thema. Ähnlich mit der Rundfunklizenz die Streamer wie Gronkh erwerben mussten da sie zu festen Zeiten eine bestimmte Menge Zuschauer hatten. Das soll oder wurde von der Politik auch gekippt. Ich gehe davon aus dass Rechteinhaber und Politik mit diesem Punkt in Deutschland kompromissbereiter umgehen als Frankreich, die ursprünglich gar keine Ausnahmen wollten.

> Du kannst natürlich sagen, dass es nur ein unwichtiger Punkt unter vielen ist, dann atme ich auf und ziehe mich von der Diskussion zurück^^

Gemessen an allem was in der Reform steht und was die Reform bezwecken soll ist es ein unwichtiger Punkt da dieses Startup in erster Linie aktiver Verbreitet von Medien sein muss. Ein Forum fällt nicht darunter, diverse Shops laufen nicht darunter, Cloud Speicher fällt nicht darunter etc.. Nur Plattformen mit eigenen Servern und aktiver Verbreitung fallen darunter. Also Plattformen wie YouTube, Facebook, Twitter, Instagramm etc.. Und auch nur dann, wenn diese bewusst geschütztes Material verbreiten. Wenn die GEMA Facebook oder YouTube sagt, ihr habt da Material was geschützt ist, dann muss der Betreiber bei größeren Verstößen aktiv werden und das untersagen oder für den User allgemeine Lizenzen erwerben.

Die Masse macht es hier. Und da sind Content Creator nun mal selbst schuld wenn diese Reform so kommt. Wenn einige Witzbolde meinen Musik oder Videos ohne Erlaubnis 1:1 zu verbreiten passiert das eben. Es gibt massig YouTube Kanäle die Sendungen aus dem TV hochladen, und meinen das sei völlig okay. Die werden natürlich seitens YouTube gesperrt, aber allein ein Kanal mit Takeshis Castle Folgen konnte lange diese Inhalte verbreiten, und die Rechte hat nun mal das damalige DSF teuer gekauft. Wenn ich eine Plattform nutze und daran verdiene komme ich nicht auf die Idee dieser zu schaden indem ich bewusst illegale oder geschützte Sachen hochlade. Dennoch passiert es. Und da diese Uploader nicht identifizierbar sind muss die Plattform dafür haftbar gemacht werden.

Und bei aller berechtigten Kritik an einzelne Punkte der Reform kriege ich dann Bauchschmerzen über die einseitige Sichtweise. Wenn PietSmit erst bei der Rundfunklizenz und dann Artikel 13 steil geht, frage ich mich schon ob das Team nur Geld verdienen will ohne sich an Gesetze zu halten. Gronkh war auch nicht begeistert dass er für mehrere tausend Euro eine Lizenz erwerben musste, hat es aber dann sportlich gesehen. Er hat sogar klar gesagt er kann sich das leisten, fände es aber schlecht wenn kleinere Streamer ähnliches machen müssen da die weniger Umsatz machen. Das gleiche hörst Du von Urhebern. Denen ist es scheiß egal wenn mal einer ihrer Songs irgendwo auf einer kleinen Plattform auftaucht. Uncool ist es für die wenn riesige Plattformen das einem Millionen Publikum gewinnbringend  zugänglich machen, ohne den Urheber fair entlohnen zu wollen. Der Streit zwischen GEMA und YouTube ging doch nur darum, dass YouTube in anderen EU Ländern weniger zahlen musste als in Deutschland. Deswegen darf die GEMA auch nicht sagen was YouTube hier pro Verletzung zahlt, da andere Länder sonst Gebühren erhöhen. Das wird mit Artikel 13 aber eh transparent.

Soviel zu dem Thema. Sollte die Reform kommen, wird es 2 Jahre dauern bis die national umgesetzt werden muss. Aber selbst dann ist es nicht sicher ob jede Plattform dem nationalen Recht folgt und vor Gericht erstmal klären lässt ob sie überhaupt unter diese Reform fallen. Das kann sich YouTube wie geschrieben sparen, da sie unabhängig von der Reform vom EuGH als aktive Plattform haftbar für geschützte Inhalte gemacht wurde. Auch deswegen werden viele Videos ohne Prüfung auf Antrag erstmal gesperrt.

Und man sollte sich auch mal anschauen welche Parteien in der EU oder im Bundestag für und gegen diese Reform sind. Strikt dagegen ist die AfD, teilweise dagegen ist die FDP wie die Grünen und Linke, größtenteils dafür ist die CDU und SPD. Die SPD hat seitens der Regierung das Ding juristisch vorangetrieben. Wenn sich also nun Barley oder Lindner gegen diese Reform bzw den Artikel sperren hat das sicher nichts mit der abstehenden Europawahl zu tun. Dass sich eine Barley öffentlich kritisch gegenüber Artikel 13 äußert, sie und ihr Ministerium aber maßgeblich daran beteiligt war und sie dafür im Bundestag gestimmt hat fällt da gerne unterm Tisch da sie ja Spitzenkandidatin für die SPD in der EU Wahl ist. Ich finde es eh immer komisch wenn in Debatten wie z.b. im Bundestag eine Contra Stellung bezogen wird, dann aber dennoch etwas klar verabschiedet wird. Das ist und bleibt aber sicher eh ein Glaubwürdigkeitsproblem von Politikern.

So, und nun bin ich auch raus aus dem Thema. Ich habe es eh nicht in der Hand was die Dienstag entscheiden. Es sind dort auch nicht nur Deutschland und Frankreich die abstimmen sondern Vertreter aus 25 anderen Mitgliedsstaaten. Und wie diese alle zu Reformen dieser Art stehen kann ich null beurteilen.


Mir gings nur darum die falsche Aussage nicht unkommentiert stehen zu lassen. Wenn du mir begründen kannst, dass alle Massenmedien, die folgendes sagen - "Alle drei Punkte müssen dabei zutreffen." sich irren, dann bin ich dir umso mehr dankbar.
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>*siehe oben, Disclaimer bla bla bla, usw. Natürlich sind nur Startups gemeint, die unter Artikel 13 fallen.



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