Thema:
Attraktive Alternativen statt Verbote flat
Autor: Telemesse
Datum:19.03.19 09:04
Antwort auf:Die unpolitische M!-Tageszeitung von Mod-Team

Sehr guter Artikel der imo wirklich mal den Kern der Debatte trifft. Es fehlen einfach alltagstaugliche Alternativen für veraltete Verhaltensweisen und Technologien. Insofern helfen da auch die ganzen Verbotsforderungen nicht weiter ausser das sie die Menschen in vermeintlich gut und böse differenziert.
Die Praxis zeigt das sobald Alternativen verfügbar sind diese auch ausgiebig genutzt werden.
Altuelles Beispiel meines Wohnortes Coburg. Seit ca. 2 Jahren haben wir hier einen ICE Anschluss. Wir liegen auf der Achse München-Leipzig-Berlin an der neuen ICE Ausbaustrecke. Die Einsteigezahlen am lokalen Bahnhof sind Stand heute 3 x so hoch wie ursprünglich von der Bahn erwartet und tendenziell steigend. Ich selbst bin nun auch bereits zweimal mit dem ICE nach München gefahren was ich vorher immer mit dem Auto gemacht habe. Hauptsächlich wird das Angebot von Firmenkunden genutzt um die Ballungszentren Berlin und München zu erreichen. Die Züge sind permanent voll/übervoll und glänzen auch noch durch nicht seltene Ausfälle und Verspätungen.
Jetzt sollte man doch denken das es naheliegend wäre auf der Strecke mehr Züge in höherer Taktung fahren zu lassen um die Nachfrage zu bedienen aber Nein, bei der Bahn wird ernsthaft darüber nachgedacht wieder Halte zu stark frequentierten Zeiten streichen da die Züge ohnehin schon überfüllt wären.
D.h. imo sollte doch lieber alle Energie in den Ausbau alternativer Beförderungsmöglichkeiten gesteckt werden. Denn die werden von den Menschen gebraucht und gewollt. Dann erübrigen sich auch unsinnige Verbots- und Reglementierungsdebatten denen die meisten einfach Alternativlos gegenüber stehen.

[https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/mehr-tempo-statt-verbote-in-der-verkehrspolitik-16094065.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0]

Wer rasante Züge hätte und andere futuristische Transportgeräte, könnte morgens länger schlafen und käme abends früher nach Hause, hätte mehr Zeit zum Ausruhen und weniger Burnout-Gefahr. Mehr Tempo an den richtigen Stellen würde Raserei an den gefährlichen überflüssig machen. Im Reglementierungsrausch geht die Frage unter, warum der Raser überhaupt rasen muss. Ist der Vertreter, der seinen Škoda Turbodiesel mit 197 km/h über die Autobahn peitscht, ein verantwortungsloser PS-Fetischist – oder tritt er seinen trübseligen Wagen von Berlin nach München, weil die Deutsche Bahn nicht in der Lage ist, eine Strecke, für die der französische TGV keine zwei Stunden braucht, fehlerfrei in der doppelten Zeit zurückzulegen? Und ist der Vorortbewohner wirklich im Auto unterwegs zur Arbeit, weil er sich am Röhren seines Toyota Yaris berauscht – oder weil es die Gemeinden nicht hinbekommen, ein System von schnellen, flexiblen Bussen anzubieten?

Es gibt im Moment in vielen Bereichen des Alltags keine ernstzunehmende Alternative zum Auto – nur Verbotsandrohungen. Die erzieherische Kujonierung bei gleichzeitig ausbleibendem Angebot von Alternativen führt auch zu einem Attraktivitätsproblem von Parteien, die in ihren guten Zeiten ihre Wähler mit dem Versprechen einer optimistischen, schnelleren Gesellschaft und dem Glauben an Selbstverantwortung und Fortschritt begeisterte: In München stellte man den Bürgern 1972 zum Beispiel eine geradezu außerirdisch attraktive, popbunte, schnelle S- und U-Bahn vor die Nase, die half, den damals schon drohenden Verkehrsinfarkt abzuwenden. Doch der Glaube daran, dass die Leute vernunftbegabt sind und attraktive Angebote zu nutzen wissen, weicht gerade einem skeptischeren, angstgetriebenen Menschenbild – der Bürger ist für die neuen Politiker ein uneinsichtiger Raser und Dieselschnüffler, der zur Vernunft gebracht werden muss. Eine Alternative zu den immer massiveren paternalistischen Verbotsorgien wären ernstzunehmende Angebote: Wo sind die eleganten, aufregenden, komfortablen, kostenlosen Schnell- und Vorortzüge und Trambahnen und Kleinbusse, die den gestressten Pendler verführen, seinen Wagen stehenzulassen?


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