Thema:
Den Gedanken hatte ich auch schonmal flat
Autor: Amian_3rd
Datum:18.03.19 14:57
Antwort auf:Wir brauchen wieder mehr Stammtische von Telemesse


Ich stimme dem zu - wir haben noch kein Rezept um wirklich mit social media in der jetzigen Größenordnung umzugehen. Vielleicht lässt sich mit cleveren Algorithmen irgendwas machen (wenn denn der Wille von Google & Facebook da ist), die unserem inneren Steinzeitmenschen aus der Patsche helfen.



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>[http://www.taz.de/!5577724/]
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>„Unsere Zeit leidet nicht darunter, dass es zu viele Stammtische, sondern darunter, dass es immer weniger Stammtische gibt. Denn der Stammtisch war eben jener Ort der gesellschaftlichen Begegnung, der heute schmerzlich vermisst wird. Hier kamen Menschen zusammen, die durchaus nicht immer einer Meinung waren, es aber dennoch miteinander aushielten. Hier wurde über die drängenden Probleme der Zeit und die großen Fragen des Daseins gestritten, hier wurde auch mal gepoltert und geflucht.
>Am Ende stand selten allgemeines Einverständnis, immer aber größeres Verständnis auf allen Seiten.
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>Aber hier verkniff sich auch niemand eine offene Widerrede, wenn jemand etwas Dummes von sich gab. Der Stammtisch ermöglichte also eben jenen freundschaftlichen Streit, den man heute mühevoll durch öffentliche Therapiesitzungen in Kirchenhäusern und Kulturzentren nachzustellen versucht. Aber wenn je Menschen vom Besseren überzeugt wurden, dann nicht durch öffentliche Schaukämpfe, sondern in persönlichen Gesprächen. Der Stammtisch bot die Vertraulichkeit, die dazu nötig ist, und war doch zugleich grundsätzlich offen für neu Hinzukommende.
>Der Stammtisch als Ort der Vermittlung, als Universalmedium, wäre allerdings nicht möglich gewesen ohne den Treibstoff Alkohol. Er öffnete die Herzen und die Münder. Die Freude am Biergenuss war das einigende Band, das die unterschiedlichsten Naturen dazu brachte, gemeinsam an einem Tisch Platz zu nehmen. Es ist kein Zufall, dass in unseren Tagen die Nachrichten über den Niedergang der Demokratie mit alarmierenden Schlagzeilen zusammentreffen, die vom Rückgang des Bierkonsums in Deutschland künden.
>Wie soll aber die Gesellschaft überleben, wenn die Leute auf Gesellschaft lieber verzichten? Wo soll die Gastfreundschaft herkommen, wenn man sich nicht einmal mehr ins Gasthaus wagt? Wie soll die Wirtschaft ohne Wirtschaften florieren? Das sind die Fragen, die wir uns stellen müssen. Toleranz ist ein Gedanke, der fruchtlos bleibt, wenn man nicht lernt, den Anderen auch wirklich zu ertragen.
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>Es ist das schöne Land der Bayern, das gern zur Verkörperung des Gestrigen erklärt wird, das überall zu überwinden sei – ein Stammtisch von der Größe eines Staates. Doch wer einen bayerischen Biergarten, ein bayerisches Wirtshaus betritt, staunt oft über unerwartete Diversität. Da sieht man Alt und Jung, Arbeiter und Akademikerin, einheimisches und zugereistes Volk friedlich beisammen reden und trinken.“


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