Thema:
Russlanddeutsche, Ochsenkarren, Luft- und U-Bootwaffe flat
Autor: snimat
Datum:13.02.19 18:40
Antwort auf:Mit Vater über den Krieg geredet von Doc Ower

Mein Opa 1 war Russlanddeutscher. Er ist in der Ukraine aufgewachsen und hat dort die deutsche Besatzung erlebt. Auf dem Rückzug der Deutschen mussten sie und ihre Familien mit. Nachdem die russische Revolution bereits den spärlichen Wohlstand der Bauern vernichtete, war die Totalaufgabe nach 200 Jahren Arbeit dann der Rest.
Mein Opa zog also mit Eltern, Geschwistern auf dem Ochsenkarren aus der südlichen Ukraine, über den Balkan nach Polen um dort angesiedelt zu werden.

Von dort wurde er direkt als 17 Jähriger eingezogen. Von seiner Dienstzeit hat er nie erzählt. Ich weiß nur, dass er in russische und anschließend amerikanische Gefangenschaft kam und von dort nach Kriegsende in ein Flüchtlichlangslager im Westen. Aufgrund einer Auseinandersetzung auf einer Kirmes und rief seinem Kumpel ein paar russische Fetzen zu. Der Gegner antwortete aber ebenfalls auf russisch und bekannte, dass er die Familie meines Großvaters kenne und wisse wo sie untergekommen seien.

Diesem Hinweis verdanken meine Mutter und ich unsere Heimat.

Der Vater von Opa 1 (Uropa 1) wurde noch in Polen bereits im hohen Alter zum Volkssturm eingezogen, kam in russische Gefangenschaft und starb dann nach nach vielen Jahren in der russischen Gefangenschaft.

Opa 2 war Mechaniker bei der Luftwaffe. Da er bereits vor dem Krieg Berufssoldat war, hatte er dort ein vergleichbar leichtes Auskommen. Dienst weit in der Etappe. Trotzdem hat ihm ein in der jugoslawischen Gefangenschaft erlittener Lungenschaden 30 Jahre später noch das Leben gekostet.

Von ihm weiß ich nur, dass er “sein” Flugzeug verehrt hat. Vor ein paar Wochen habe ich erfahren, dass einer meiner Kollegen der Enkel des namensgebenden Erbauers des Flugzeuges ist. Das hätte meinem Großvater sicher sehr gefallen.

Er hat meinem Vater verboten jemals ein politisches Amt zu begleiten oder sich politisch zu äußern. Aus Angst vor einer erneuten Machtergreifung.

Der Bruder meiner Oma 2 ist seit 1945 bei Danzig vermisst. Die Familie hat noch bis in die 70er Jahre seinen Verbleib versucht aufzuklären. Das Rote Kreuz schätzt seinen Tod irgendwann auf zwischen Januar 45 und April 45. Irgendwo zwischen Danzig und dem Baltikum muss er wohl gefallen sein. Das ist das einzige, was die Familie je wieder von ihm gehört hat.

Der Großvater meiner Frau war bei der U-Bootwaffe und hat Feindfahrten mitgemacht. Aufgrund der hohen Verlustquote, dürfte er ein sehr seltenes Exemplar nach dem Krieg gewesen sein. Er konnte zeitlebens nur noch bei offenem Fenster und ohne Rollo schlafen.

Die Mitglieder meiner Familie haben so gut wie nie und dann nur mit Abscheu und Angst vom Krieg berichtet. Ich war einer der ersten, der aufgrund des zeitlichen Abstandes sich eingehend mit dem Thema beschäftigt hat und ein gewisses Interesse entwickelte. Trotzdem dienen mir meine Vorfahren als mahnendes Beispiel.


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