Thema:
Re:Giftige Substanzen in Wohngebäuden flat
Autor: Phil Gates
Datum:11.02.19 20:56
Antwort auf:Giftige Substanzen in Wohngebäuden von Boabdil

>Ich weiß was einige beim Threadtitel denken: Hysterie, Panikmache. Wir werden ja sowieso durch Mikroplastik, Pestizide und Feinstaub gekillt. Ja mag sein, aber wir halten uns zu 90% in Räumlichkeiten auf. Und das Thema ist für viele ziemlich unbekannt. Zumindest im eigenen Bekanntenkreis und Freundeskreis haben mich alle mit großen Augen angeschaut.  Und hier gibt es ja den ein oder anderen, der sich einen Altbau kaufen oder eine Altbauwohnung anmieten möchte.
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>Im Groben kann man davon ausgehen, dass so gut wie alle Wohngebäude, die vor 1993 errichtet wurden, giftige Substanzen wie Asbest, PAK oder PCB enthalten. Klar, Asbest ist den meisten ein Begriff, aber ich bin fast kreidebleich geworden, als ich gelesen habe wo das Zeug überall drin ist und in welchen Formen es verarbeitet wurde: Blumenkübel, Fassadenverkleidung, Dichtungsschnüre, Isolierpappe hinter Heizkörpern, Dachziegel, und vor allem in Bodenbelägen. Bodenbeläge? Schauder.
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>[https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d9/Dunloplan_Pastell-Polyflex.jpg]
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>Diese Floorflexplatten mit grauer Melierung habe ich mal vor 15 Jahren in Eigenregie aus Küche und Flur mit Bekannten rausgerissen. Dabei sind auch Platten zerbrochen. Bravo, aus völligem Unwissen habe ich mich und andere wohl damals einer Kontaminierung ausgesetzt. Mit dem Wissen von heute, hätte ich sofort alles liegengelassen und eine Fachfirma mit der Entsorgung beauftragt.
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>Da fängt das Dilemma auch schon an. Die meisten wissen nicht wo das Zeug überall drin sitzt und belasten sich selbst und vor allem andere. Man stelle sich vor, der Nachbar reist asbesthaltiges Zeug raus, flext es und lässt die Fasern somit im Treppenhaus oder in der Nachbarschaft verteilen. Ganz zu schweigen von der völlig falschen Entsorgung. Ich muss hier natürlich fairerweise sagen, dass Asbest immer dann zum Problem wird, wenn man ihn mechanisch belastet (also zersägt , bricht etc.). In fest gebundener Form und eingebauten Zustand ist es an sich nicht problematisch. Aber irgendwann kommt halt die Zeit.
>Übrigens: In meiner vom Wasserschaden geplagten Mietwohnung in Hamburg habe ich dann letzte Woche auch die besagten Floorflexplatten gefunden. Diese befinden sich unter dem Laminatboden. Na super. Ein Grund mehr endlich was neues zu suchen.
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>Zweites Thema: PAK, also  polyzyklische aromatische Kohlenstoffe. Ich bin in dem Haus meiner Mutter darauf gestoßen, als sich Parkettstäbchen lösten. Darunter befindet sich eine schwarze Masse. Das kann laut dem Baujahr entweder Steinkohleteer (sehr schlecht) oder Bitumen (auch nicht wirklich dolle) sein. PAK steht im Verdacht krebserregend zu sein. Vor allem bei Parkettböden , die bereits etwas lose sind und nachfedern, kann sich permanent Staub lösen und wird mit der Raumluft aufgenommen. Stiftung Warentest hatte mal vor einige Zeit ebenfalls drauf hingewiesen und aus den Rückmeldungen der eingesandten Proben ergab sich, dass etwa 2/3 mit PAK belastet waren. Problem ist wie bei Asbest, dass PAK Untergründe ebenfalls von Fachfirmen unter Isolation des Raumes fachmännisch entsorgt werden müssen.
>[http://www.parkett-schröter.de/Sanierung/PAK-Sanierung/Pak5.gif]
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>Hier fehlt es einfach an dringender und massenhafter Aufklärung sowie Sensibilisierung. Ist das politisch und wirtschaftlich nicht gewollt? Dem Thema wird nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt, die es eigentlich aufgrund der Gefahren verdient hätte. Ich bin auch erstaunt, dass selbst gestandene Fachfirmen von den Gefahren nicht viel wissen. Ich hatte vor etwa 10 Jahren eine renommierte Fachfirma beauftragt, in dem Haus meiner Mutter einen Brennwertkessel einzubauen. Die haben in dem Zuge auch ein Stück aus der gipshaltigen Isolierung eines Heizungsrohres rausgefräst, ohne Schutz oder Staubvermeidung. Vermutlicher Bestandteil: künstliche Mineralfaser, die ebenfalls krebserregend ist.
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>Eigentlich ist hier wirklich der Gesetzgeber gefragt. Ich meine, es gibt verbindliche Dämmvorschriften und einen  Energieausweis der vorgelegt wird, aber über die Gifte, die da im Boden, den Wänden etc. schlummern bekommt man als Käufer oder gar Mieter nichts mit. Eigentlich müsste man grundsätzlich mit einem fachkundigen Gutachter durchgehen oder per se nur das kaufen und mieten was nach 1993 erbaut wurde. Das Ganze gestaltet sich aber natürlich in der angespannten Wohnsituation als ziemlich schwierig.



Nicht schön. Kann man heute besser machen. Aber die Realität dürfte ja in etwa so aussehen: Opa hat den Krieg und die Gefangenschaft in Russland überlebt, und sich dann mit Oma in den 60ern ein Reihenhäuschen voller Asbest und dem anderen von Dir genannten Zeug gebaut. Opa ist trotzdem 86 geworden und Oma lebt immer noch. Also was ich sagen will: Die Generation, die diese Häuser gebaut hat, ist die Generation unserer Großeltern und die sind im Schnitt halt deutlich älter geworden als ihre eigenen Eltern. Ich hab hier letztens auch gezuckt als ich mich mal mit der Materie auseinandergesetzt hab, aber dann beschlossen, einfach mal davon auszugehen, dass es so schlimm nicht sein kann.


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