Thema:
Todesangst über den Wolken flat
Autor: Cider1024
Datum:08.02.19 09:58
Antwort auf:Was ich noch sagen wollte #240 von Bandit

Hallo Zusammen,

Todesangst ist vielleicht ein zu hartes Wort, allerdings hatte ich letzten Sonntag den mit Abstand schlimmsten Flug meines Lebens, während dessen mich mein Kollege offen und ehrlich gefragt hat, ob ich glaube, dass wir es noch schaffen.

--- Nichts für Leute mit Flugangst ---

Zunächst: ich fliege beruflich sehr viel, 2-6 Langstreckenflüge im Monat, Asien, Nord- und Südamerika, Naher Osten, alles dabei.
Bisher war mein schlimmster Flug ein Inlandsflug von Rio de Janeiro nach Porto Alegre, aber der wurde nun um Welten getoppt:

KLM-Flug von Sao Paulo nach Amsterdam, acht Stunden schwerste Turbolenzen, sechs Stunden davon am Stück (!).
Direkt nach dem Start war es sehr wackelig, aber es gab noch das Abendessen und einen Drink zum Nachtisch.
Dieses Glas sollte ich für mehr als sechs Stunden nicht mehr aus der Hand geben... Kurz nachdem das Dessert in der Business Class serviert wurde, ging es los. Hatte gerade den dritten Johnny English gestartet und dann kam die Durchsage, die einem immer etwas schwitzige Hände bereitet: "Cabin crew, return to your seats".
Auf dem Weg dorthin machte die Crew noch sämtliche Fenster zu (Vermutung: Damit man nicht durch den Blick auf wackelnde Flügel zusätzlich Panik bekommt).
Dann war Sense, sechs Stunden lang keine Crew gesehen, keine Durchsagen gehört sondern nur krasseste Aktion nachts über dem Atlantik. Im Prinzip DAS Albtraum-Szenario.

Wir haben auf den Info-Kanal umgeschaltet und das Grauen live gesehen: Maschine in 10.500 Metern Höhe und dann - boom - direkt runter auf 8.800 Meter.
Die Eiswürfel aus meinem Glas sind bis fast an die Decke gefolgen.
So ging es dann weiter, der Pilot hat versucht, die Maschine immer wieder hoch zu ziehen, bei heftigstem gewackel und dann ist sie immer bis zu 2.000 Meter am Stück abgesackt. Echt ziemlich uncool.
Der berechnete Ankunftszeitpunkt wurde auch immer früher, wir mussten also in einem amtlichen Sturm gewesen sein.

Während der krassen Turbolenzen habe ich alle drei Johnny English Filme gesehen und fast den ganzen Sherlock Gnomes und natürlich immer noch mein Glas in der Hand gehabt. Den Kopfhörer habe ich nur einmal kurz abgenommen und als ich dann gehört habe, was in der Economy so abging, direkt wieder aufgesetzt. War wirklich Panik pur.

Nach sechs Stunden (kurz hinter Kap Verde) wurde es etwas (!) ruhiger und dei Crew (sichtlich mitgenommen) ist wieder aufgetaucht.
Die Ruhe war aber nur von kurzer Dauer, nach etwa 2 Stunden gab es nochmal 90 Minuten Rodeo.

In Amsterdam habe ich mir zum Frühstück erstmal einen doppelten Scotch reingepfiffen und mich des Lebens gefreut.
Natürlich musste ich die ganze Zeit an den Air France Flug denken, der auf gleicher Strecke bei ähnlichen Turbulenzen die Segel gestrichen hat.
War ziemlich übel.

Ich hatte und habe keine Flugangst und freue mich sogar auf meinen nächsten Langstreckenflug übernächsten Montag, aber so ein Erlebnis braucht echt kein Mensch.
Vor allem die armen Kinder an Bord haben mir wahnsinnig leid getan. Es war wirklich so krass, dass man sechs Stunden lang nicht aufs Klo gehen geschweige denn Windeln hätte wechseln können.

Puh.

Genießt das Leben und weiterhin viel Spaß,


Cid


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